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Namibische Nächte (German Edition)

Namibische Nächte (German Edition)

Titel: Namibische Nächte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle van Hoop
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Handeln noch lernen.
    »Danke.« Vanessa lächelte der Frau zu und betrachtete die Tasche, während sie weiterging. Wirklich ein sehr schönes Stück. Sie liebte Handtaschen, auch wenn sie meistens keinen Gebrauch davon machen konnte. Sie hatte wenig Gelegenheit, statt ihres Aktenkoffers schöne Handtaschen zu Geschäftsgesprächen mitzunehmen.
    Sie schlenderte weiter durch die Stadt, vorbei an alten Gebäuden mit schönen Erkern und Verzierungen, die noch aus der Kolonialzeit zu stammen schienen und neben neuen Gebäuden standen, die einfach nur gerade und hässlich in den Himmel ragten. Eine nicht sehr gelungene Mischung, auch wenn die Gebäude sicherlich ihren praktischen Zweck erfüllten.
    Die ganze Stadt war von einer pulsierenden Lebendigkeit erfüllt, aber dennoch gab es keine Hast. Selbst an schönen Sommertagen spürte man in Frankfurt immer noch die Hektik des Geschäftslebens, den Stress, den alle Leute hatten, wenn sie von einem Termin zum anderen hetzten. Hier spürte man nichts davon.
    Die Leute standen auf der Straße und unterhielten sich, manche saßen im Café, und sie beobachtete, dass sie aufsprangen und vorübergehende Bekannte lachend ansprachen, die dann sofort das Ziel ihres Weges zu vergessen schienen und sich zu ihnen ins Café setzten. Menschen, die offensichtlich völlig verschiedene Richtungen im Sinn gehabt hatten, blieben stehen, begrüßten sich, gingen in dieselbe Richtung weiter. Als ob es keine Bedeutung hatte, wohin man sich begab. Und wann. Zeit schien hier überhaupt keine Rolle zu spielen. Alle schienen genügend davon zu haben.
    Sie beneidete diese Menschen. Was für ein Gegensatz zu ihrem eigenen Leben.
    Plötzlich sah sie ein paar halbnackte Frauen auf sich zukommen. Ihre Körper wirkten wie mit rotem Lehm überzogen. Eine trug ein Kind in einem Tuch auf dem Rücken. Ihre Brüste waren unbedeckt. Sie trugen nur einen Lendenschurz, wie N!xau, lange Ketten als Schmuck und ihre langen, aufwendig geflochtenen Haare, die von wundervoll gearbeiteten Haarspangen gehalten wurden.
    Vanessa wunderte sich, dass niemand diese Frauen zu bemerken schien. Im Allgemeinen waren die Menschen um sie herum vollständig angezogen. Sie stellte sich vor, was für einen Aufruhr diese Frauen in einer Fußgängerzone in Frankfurt verursacht hätten. Vermutlich wäre innerhalb kürzester Zeit die Polizei aufgetaucht, und ein humorloser deutscher Beamter hätte die Frauen aufgefordert, sich zu bedecken, ihnen vielleicht sogar noch ein Bußgeld verpasst.
    Tatsächlich sah sie sogar zwei Polizisten auf Fahrrädern durch die Fußgängerzone patrouillieren. Sie beachteten die Frauen jedoch nicht.
    Ein Lächeln überzog ihr Gesicht, nachdem sich ihr Erstaunen gelegt hatte. Windhoek mochte vielleicht keine so schöne Stadt sein, aber es bot doch einiges an Überraschungen.
    Sie genoss die Atmosphäre noch eine Weile, dann bemerkte sie, dass sie Hunger bekam. Ein Blick auf die Uhr an einem kleinen Türmchen zeigte ihr, dass bereits Stunden vergangen waren. Sie hatte es gar nicht bemerkt.
    Sie zog den letzten der Scheine, die Kaunadodo ihr gegeben hatte, aus der Tasche. Wenn sie das Grinsen des Taxifahrers richtig interpretiert hatte, hatte sie ihm viel zu viel gegeben. Also konnte sie vielleicht einen Teil dieses Geldes für einen kleinen Snack verwenden.
    »Vanessa!«
    Sie schaute auf und sah Andrea auf sich zukommen.
    »Du schaust dich ein bisschen im Dorf um?«
    Vanessa lächelte. Auch wenn die Windhoeker Innenstadt nicht groß erschien, aber ein Dorf war es auf keinen Fall. »Ja«, sagte sie. »Ich konnte nicht viel tun im Krankenhaus.«
    Andrea nickte. »Und? Hat Windhoek deine Erwartungen erfüllt?«
    Vanessa schüttelte den Kopf. »Nein. Übertroffen. Sofern ich überhaupt etwas erwartet habe.« Sie schaute zu den Frauen im Lendenschurz hinüber.
    »Ach, die Himbas«, sagte Andrea. »Ja, die gehören normalerweise nicht in die Stadt. Sie wohnen im hohen Norden, sind eigentlich noch Nomaden, wie die San. Aber sie kommen immer öfter in die Stadt, um hier Geld zu verdienen. Sie tanzen auf der Wiese, und dafür geben die Leute ihnen etwas. So bekommst du aber nicht den richtigen Eindruck von ihrem Leben. Dazu müsstest du ein Himbadorf im Norden besuchen. Sie leben noch sehr ursprünglich. Allerdings wohl nicht mehr lange. Dass sie immer öfter in die Stadt kommen, mag auf Touristen zwar folkloristisch interessant wirken, aber sie sterben aus. Ihre Lebensweise verschwindet. Ihr Stamm vermutlich

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