Namibische Nächte (German Edition)
sie.
»Willst du?«, fragte er zurück.
»Es gibt nichts zu bereden.« Sie fuhr sich durch die Haare. »Du weißt das, und ich weiß das. Was vor sieben Jahren war, zählt heute nicht mehr. Die Umstände haben sich geändert.«
»Was vor sieben Jahren war, zählt vielleicht nicht mehr«, stimmte er wenig überzeugt zu, »aber was ist mit dem, was vor ein paar Tagen war?«
Sie schaute ihn an, und ihr Blick wurde weich. »Das war schön«, sagte sie, »aber es zählt auch nicht.«
»Das ist eine Lüge«, entgegnete er. »Und du weißt es.«
»Was? Dass es schön war?«, fragte sie mit leicht zitternder Stimme.
»Weich nicht aus.« Seine Augen ruhten auf ihr, als wollten sie sie streicheln. »Was ich damals zu dir gesagt habe –«
»Bitte . . .« Sie hob eine Hand. »Das ist lange her.«
»Es war falsch«, sagte er. »Ich war . . . Deutschland war nicht gut für mich. Je länger ich dort war, umso unwohler fühlte ich mich. Und du musstest es ausbaden.«
Sie setzte sich zu ihm aufs Bett. »Ich habe nicht verstanden, warum du dich so unwohl fühltest«, sagte sie. »Also liegt ein Teil der Schuld wohl auch bei mir.«
Er nahm ihre Hand. »Du konntest es nicht verstehen. Wie solltest du auch? Du bist dort aufgewachsen. Du konntest nicht nachvollziehen, wie schrecklich all diese vielen Menschen sind, wie sehr mich diese Enge zum Wahnsinn getrieben hat. Eine kleine Wohnung, keine Freiheit, kein Durchatmen zwischen all diesen Häusern. Und dieses grauenhafte Wetter, dieser graue Himmel. Selbst, wenn die Sonne scheint, ist der Himmel bei euch grau.« Er schüttelte den Kopf. »Ich bin gefahren und gefahren, nur um einmal in die Weite zu sehen, ohne Häuser, ohne Menschen. Aber so etwas gibt es bei euch nicht. Überall sind Häuser, überall sind Menschen. Ich habe mich gefühlt wie in einer Sardinenbüchse.«
»Verglichen mit Namibia ist es das wohl auch.« Sie streichelte seine Hand und lächelte. »Es ist so anders hier. Wenige Menschen in Deutschland können sich diese Weite überhaupt vorstellen. Dass man tagelang fahren kann, ohne einen Menschen zu sehen. Ohne auch nur eine Hütte zu sehen. Sogar ohne eine Straße.« Sie lachte. »Bei uns ist jeder Feldweg asphaltiert, so kommt es mir jetzt vor. Und ihr sprecht hier von Teerstraße und meint damit, dass das nicht das Normale ist, sondern die Ausnahme.«
»Ist es ja auch«, sagte er. Er grinste. »Du hast dich gut geschlagen ohne Straße. Du hast mich in einem Stück zurückgebracht.«
Sie schaute ihn an und konnte die liebevolle Zuneigung kaum mehr unterdrücken. Sie erfüllte ihr Innerstes ganz warm. »Was blieb mir anderes übrig?«, sagte sie leise.
Er hob einen Arm und legte ihn um ihren Nacken, zog sie zu sich herunter. Ihre Augen versanken ineinander. Ihre Lippen berührten sich. Der Kuss war eher sanft als erotisch, als wollten sie ihre Verbundenheit auf eine sehr zärtliche Art ausdrücken. Sie ließ sich hineinsinken, und alles um sie herum versank im Schleier eines wundervollen Traums.
Als sich ihre Lippen voneinander lösten, bettete Vanessa vorsichtig ihren Kopf auf die unverletzte Seite von Kians Brust. »Ach, Kian . . .« Sie atmete tief durch. »Wenn wir die Zeit doch einfach zurückdrehen könnten.«
»Damit wir uns wieder jeden Tag von morgens bis abends streiten?« Er lächelte leicht.
»Das haben wir nicht getan.« Sie hob den Kopf und schaute ihn protestierend an.
»Mir kam es so vor.« Er lächelte immer noch. »Aber du hast Recht. Es war nicht die ganze Zeit so. Nur am Schluss.«
»Du hattest so viel an mir auszusetzen«, sagte Vanessa.
»Ich hatte das Gefühl, ich kann dir nichts recht machen. Egal, was ich getan habe, es war falsch.«
Vanessa legte kurz den Kopf zurück und schloss die Augen. »Ich wünschte, ich hätte damals gewusst, was ich heute weiß.«
Einen Moment war es still. »Ich liebe dich, Nessa«, sagte er dann leise.
Vanessa erstarrte. Es war so schön, ihm so nah zu sein, diese Verbundenheit zu spüren, die sich über die Jahre sogar noch verstärkt hatte, aber es war falsch. Er war nicht frei.
Sie richtete sich auf. Ich liebe dich auch, wollte sie sagen, aber »Das geht nicht« sagte sie.
»Ich weiß.« In seinen Augen lag ein Schmerz, der tiefer saß als die Verletzung an seiner Schulter. »Ich wollte nur, dass du es weißt.«
»Was soll das nützen?« Sie stand auf und entfernte sich ein paar Schritte vom Bett. »Wir können nicht zusammen sein.«
»Es war schön, dass wir uns wenigstens wiedersehen
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