Namibische Nächte (German Edition)
Hause.«
»Nach Hause, Papa?« Der kleine Junge, der ruhig neben Kaunadodo gestanden hatte, schaute zu ihm auf. Seine Hautfarbe lag zwischen der von Andrea und Kaunadodo.
»Ja.« Kaunadodo nahm ihn auf den Arm und lächelte ihn an. »Gleich.«
Neben Andrea stand ihre kleine Tochter. Sie war älter als ihr Sohn. »Kann ich bei Lara bleiben, Mama? Heute nach der Poolparty?«
»Hat ihre Mutter das erlaubt?«
»Ja.« Das Mädchen nickte eifrig. »Du kannst sie anrufen.«
»Na gut.« Andrea stimmte zu. »Aber dann müssen wir noch ein paar Sachen zu Hause holen, bevor ich dich zur Party bringe.« Sie schaute Vanessa an. »Denkst du, du findest den Weg?«
Vanessa runzelte die Stirn. »Ich glaube nicht.«
»Es ist eigentlich ganz einfach«, sagte Andrea. »Kian kann es dir aufzeichnen. Er kann das viel besser als ich.« Sie schmunzelte. »Er denkt sowieso, Frauen haben keinen Orientierungssinn.«
»Du hast dich auf dem Weg nach Okahandja verfahren«, erwiderte Kian. »Das ist eine gerade Straße.«
»Na, ganz so war es nicht«, widersprach Andrea lachend. »Aber ich denke, es wird kein Problem sein, wenn du es aufzeichnest.« Sie zog einen Schlüssel aus der Tasche und gab ihn Vanessa. »Du kennst den Wagen ja.«
»Tschüss!« Alle winkten, und die Familie verschwand.
»Du bist wirklich furchtbar«, bemerkte Vanessa vorwurfsvoll zu Kian. »Nur weil du dich nach den Sternen orientieren kannst, muss das jeder können?«
»Es ist nicht schwer, sich nach den Sternen zu orientieren. Das sollte jeder können«, erwiderte er.
Sie merkte, dass sie sich nur mit ihm stritt, damit nicht andere Gefühle an die Oberfläche kamen. Gefühle, die sie seit der Erwähnung von Isoldes Namen mit Gewalt unterdrückte.
»Du siehst viel besser aus«, sagte sie. Sein Gesicht hatte die Blässe unter der braungebrannten Haut verloren.
»Ich fühle mich viel besser«, sagte Kian. »Nur weil dieser Sturkopf mich nicht entlassen will, bin ich noch hier.«
»Dass du dich nach diesem Sturkopf richtest . . .« Vanessa lächelte leicht.
»Morgen fahre ich auf jeden Fall zurück«, kündigte Kian an. »Wer weiß, was die Wilderer in der Zwischenzeit angestellt haben? Vielleicht haben sie das Rhino doch noch erwischt. Oder ein anderes.«
»Das ist furchtbar«, sagte Vanessa. »Allein sich das vorzustellen ist furchtbar.«
»Leider ist es die Realität. Am liebsten würde ich diese Kerle –« Er brach ab. »Aber solange ich hier bin, kann ich nichts tun.« Er presste die Zähne zusammen, dass seine Kiefer starr hervortraten.
»Und das macht dich verrückt.« Vanessas Stimme klang weich. Diesen Kian hatte sie nie gekannt, und doch fühlte sie sich ihm verbunden. Er hatte immer in dem Mann geschlummert, den sie in Deutschland kennengelernt hatte. Aber unter der zivilisierten Oberfläche war es kaum zu erkennen gewesen.
Trotzdem hatte sie es gespürt. Seine Kraft. Seine Entschlossenheit. Alles das, was ihn ausmachte – und was sie so sehr liebte. Sie schluckte. Sie musste sich beherrschen. Es gab keine Möglichkeit, diese Liebe mit ihm zu teilen. Die Nacht im Zelt war eine Ausnahme gewesen, aber nun war es vorbei. Er gehörte Isolde.
»Soll ich dir irgendetwas holen?«, fragte sie. »Brauchst du etwas?«
Er schaute sie an, als versuchte er herauszufinden, was sie dachte. »Ich sterbe nicht, Nessa«, sagte er dann ruhig. »Du kannst aufhören, so besorgt auszusehen.« Er lächelte aufmunternd.
Sie versuchte, zurück zu lächeln. »Tue ich das?«, fragte sie. »Tut mir leid. Ich wollte dich nicht beunruhigen.«
»Das tust du aber«, sagte er. »Es geht mir gut, wirklich.«
Wenn es nur das wäre, dann könnte ich jetzt wirklich beruhigt sein. »Freut mich.« Sie konnte sich kaum zu einem Lächeln durchringen. »Ich werde mich bemühen, fröhlicher auszusehen.«
»Wenn du dich dafür bemühen musst, stimmt irgendetwas nicht.« Er richtete sich im Bett auf, soweit es die Verkabelung zuließ. »Komm her.«
Sie schaute ihn an und begann nach einer Weile, den Kopf zu schütteln. »Besser nicht«, sagte sie. »Vielleicht sollte ich zu Andrea und Kaunadodo fahren.«
»Das willst du doch gar nicht.« Sein Blick hielt ihre Augen fest.
Sie versuchte sich zu beherrschen, aber sie konnte es nicht. »Nein, ich will es nicht!«, brach es aus ihr heraus. »Aber es muss sein. Oder siehst du das anders?«
»Vielleicht nicht.« Er lehnte sich zurück. »Aber heißt das, wir können noch nicht einmal miteinander reden?«
»Willst du reden?«, fragte
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