Nana - der Tod traegt Pink
riesiges Plüschmonster!«
Ihre Mutter wäre jetzt natürlich am liebsten an Nanas Seite, aber die Besuchszeit in der Klinik ist zu Ende – es besteht für Barbara keine Möglichkeit, zu ihrer Tochter zu gehen. Ausnahmen: unmöglich. So bleibt den beiden wieder einmal nur die nächtliche Kommunikation via Handy. Gerade in der Dunkelheit, wenn sie ins Grübeln gerät, offenbaren sich ihr Gefühle und Gedanken, die Nana ihrer Familie gegenüber eher selten äußert. In den ersten Novembertagen schickt sie diese SMS an Barbara:
Mama, meinst du, wir schaffen das alles und ich werde wieder gesund? Was, wenn mein Körper mich wieder im Stich lässt und ganz kaputtgeht? Ich mag doch nicht so früh sterben.«
Dass Nana ihre Angst so klar formuliert, ist die Ausnahme. Und das wird in den 15 Monaten ihrer Krankheit auch so bleiben. Meist ist Nana verblüffend stark – und so ist sie es, die ihre Mutter am nächsten Tag per SMS tröstet:
Mami, es tut mir so leid, dass ich gestern Abend so negativ war. Ich wollte nicht, dass du wegen mir weinst oder noch mehr Angst hast. Ich weiß nicht, warum es gestern Abend so über mich gekommen ist. Ich versuche, wieder besser drauf zu sein und mehr Mut zu haben. Bis nachher, ich liebe dich sehr, Bussi.«
Rum-Hartzen & Party machen mit Dad
Nana hat in Großhadern immerhin per Handy einen heißen Draht zu engen Freunden und zur Familie, zu Mama, zu Dad, um mit ihnen ihre Empfindungen zu teilen. Von zu Hause aus kommuniziert Nana mit ihrem Vater Axel gerne über Chat oder über Videokonferenzen.
Durch seine Tätigkeit in einer leitenden Vertriebsposition bei Microsoft in München ist Axel Stäcker beruflich viel unterwegs. Natürlich hat auch er darüber nachgedacht, seine Arbeit eine gewisse Zeit ruhen zu lassen. Seine Kollegen, sein Chef, sie alle signalisieren ihm, er habe jede Möglichkeit, sich den nötigen Freiraum zu schaffen. Sogar eine »Auszeit«, ein Sabbatical sei denkbar.
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Vater und Tochter im November 2009.
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Vater und Tochter auf »ihrer« Steinbank am Starnberger See im August 2011. Die Inschrift hinter (und in) ihren Köpfen: »Es gibt in Wahrheit kein letztes Verständnis ohne Liebe« (Christian Morgenstern).
Axel aber entscheidet sich für die Alternative, die seiner Familie in der schweren Zeit komplett den Rücken freihalten wird: Er arbeitet weiter, sodass zumindest auf wirtschaftlicher Seite keine Probleme entstehen. Selbstverständlich verbringt er die Abende, die Wochenenden, jede arbeitsfreie Minute mit seiner Tochter. Er ist es, der sie oft zum Lachen bringt. Mit dem sie, auf dem Sofa liegend, sich über Doku-Soaps im Fernsehen königlich amüsiert, was bei den beiden einfach »Rum-Hartzen« heißt. Mit der er – so Nana fit genug ist – im Auto durch die Gegend fährt, mit offenem Fenster bei lauter Musik. Das haben sie schon früher immer gemacht, wenn Barbara länger in der Praxis arbeitete. »Party machen« nennen Vater und Tochter das.
Axel genießt es, seiner Nana materielle Wünsche erfüllen zu können: den spontanen Hunger auf Pizza, eine neue verrückte Perücke, ausgeflippte Stiefel, die sie auf einer Gothic-Seite im Internet entdeckt hat. Per Mail, per Chat erreichen ihn Nanas kleine oder großen Wünsche, in der Regel mit einem entsprechenden Link. Nur zu gerne stimmt er zu. Oft aber fühlt sich Axel einfach nur hilflos:
Das Schlimmste ist, wenn du als Vater siehst, wie sehr dein Kind leidet. Manchmal hab ich mich wirklich gefragt, was Nana noch alles mitmachen muss! Diese schrecklichen Schmerzen, die sie gequält haben. Man steht daneben und kann überhaupt nichts machen. Barbara hatte es da sozusagen etwas ›einfacher‹: Da sie die ganzen pflegerischen Aufgaben übernahm, konnte sie Nana wirklich helfen, auch ganz konkret ihre Schmerzen lindern. Wie oft habe ich Nanas dankbares ›Ach Mama, das tut gut!‹ gehört. Ich glaube, es ist leichter, in solchen Situationen selbst etwas zu tun zu haben, als einfach nur herumzustehen und zuzusehen. Was ganz bestimmt nicht heißt, dass Barbara nicht wahnsinnig darunter gelitten hätte! Unsere Arbeitsteilung war notwendig, damit jeder seine Position in der Gesamtsituation finden konnte. Wir haben das strikt getrennt, von Anfang an. Ich war zuständig für das Geld und wusste im Gegenzug: Nana ist bei Barbara in besten Händen. Als Eltern hatten wir die Aufgabe, das möglichst Optimale – und zwar ausschließlich für Nana – aus allem herauszuholen.«
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