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Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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gemacht habe. Da rief eine Stimme:
    Die Herzogin von Saint-Firmin!
    Erst nach wiederholtem Ruf erinnerte sich Prullière, daß er Saint-Firmin sei. Rosa, die die Herzogin Helene spielte, erwartete ihn bereits, um mit ihm zusammen einzutreten. Der alte Bosc kehrte langsam mit schleppenden Schritten zu seinem Sessel zurück. Clarisse machte ihm auf der Bank Platz.
    Was heult denn dieser Bordenave heute so? fragte sie. Das wird immer schöner. Bei jedem neuen Stück bekommt er Nervenanfälle.
    Bosc zuckte die Achseln. Er war über derartige Stürme erhaben. Fontan murmelte:
    Er spürt den Durchfall; das Stück ist ja zu dumm!
    Dann wandte er sich an Clarisse:
    Du glaubst an diese glänzenden Anträge, die Rosa bekommen haben will? Dreihundert Franken per Abend und hundert Abende garantiert! ... Warum nicht auch gleich ein kleines Landhaus dazu? Mignon läßt gewiß Bordenave sitzen, wenn man seiner Frau dreihundert Franken für den Abend anbietet.
    Clarisse glaubte an die dreihundert Franken. Dieser Fontan streut immer glühende Kohlen auf die Häupter seiner Kollegen. Sie wurde von Simonne unterbrochen, die fröstelnd hinzutrat. Alle Schauspieler waren vermummt und in Tücher eingehüllt; so blickten sie sehnsüchtig nach dem matten Sonnenstrahl, der zuweilen von oben hereinfiel, ohne bis in den kalten, dunklen Raum der Bühne zu dringen.
    Draußen herrschte ein kalter Novembertag, es fror.
    Im Zimmer ist nicht einmal geheizt, sagte Simonne unwillig. Dieser Bordenave hat schon einen ekligen Geiz. Ich hätte Lust, fortzugehen, ich will mich nicht krank machen.
    Still! schrie Bordenave mit seiner Donnerstimme.
    Man hörte einige Minuten nichts als das unklare Gemurmel der Theaterprobe. Die Schauspieler machten sich kaum bemerklich, sprachen mit halblauter, eintöniger Stimme, um sich nicht zu ermüden. Wenn sie zuweilen einen Satz schärfer hervortreten lassen wollten, wandten sie sich mit einem Blick gegen den Zuschauerraum. Dieser lag wie ein gähnendes Loch vor ihnen, in dem ein unbestimmter Schatten schwamm gleich einem feinen Staub in einem hohen Speicher ohne Fenster. Der dunkle, nur durch das Zwielicht der Bühne schwach erhellte Saal war in eine Schläfrigkeit, in eine trübselige Verschwommenheit getaucht. Die Malereien an der Decke verschwanden völlig in der Finsternis. Der dunkle Ton des Raumes war nur durch die mattgraue Farbe der Tücher ein wenig gehoben, mit denen der ganze Saal behangen war, um den Samt der Logen und Sitze gegen Staub und Schmutz zu schützen. In der allgemeinen Farblosigkeit konnte man nichts als die Öffnungen der Logen unterscheiden, die gleichsam das Gerüste der Stockwerke zeichneten und deren rote Sessel ins Schwarze spielten. Wenn man den Leuchter sah, wie er herabgelassen fast den Boden streifte und mit seinen Zierarten und Gehängen das ganze Orchester ausfüllte, mußte man fast glauben, das Publikum sei verreist, um nie wiederzukommen.
    Jetzt erschien Rosa in der Rolle der kleinen Herzogin, die maskiert in die Theaterwelt herabsteigt. Sie trat bis zur Rampe vor und zu dem dunklen, traurigen Saal gewendet, sagte sie die Worte nachdrücklich betonend und der Wirkung sicher:
    Mein Gott, welch seltsame Gesellschaft.
    Nana saß, in einen Schal gehüllt, im Hintergrunde einer Loge, um das Stück anzuhören. Sie verschlang fast Rosa mit den Augen.
    In diesem Augenblicke wandte sie sich an Labordette mit der Frage:
    Du bist sicher, daß er kommt?
    Ganz sicher. Er wird ohne Zweifel mit Mignon kommen, um einen Vorwand zu haben. Sobald er kommt, gehst du in Mathildens Loge hinauf, und ich werde dir ihn zuführen.
    Sie sprachen vom Grafen Muffat. Es sollte eine Zusammenkunft zwischen ihm und Nana stattfinden, die Labordette auf neutralem Gebiete veranstaltete. Er hatte eine ernste Unterredung mit Bordenave gehabt, der durch den Durchfall von zwei Stücken arg mitgenommen war. Bordenave hatte daher Nana eine Rolle angeboten, weil er dadurch hoffte, den Grafen Muffat heranzuziehen und bei ihm eine Anleihe zu machen.
    Und was hältst du von der Rolle der »Geraldine«? fragte Labordette weiter.
    Nana saß unbeweglich und antwortete nicht. Sie beobachtete das Stück. Der erste Akt enthielt die Einleitung. Der Verfasser zeigt, wie der Herzog von Beaurivage seine Gemahlin mit der blonden Geraldine, einem Stern der Operette, betrügt. Im zweiten Akt erscheint die Herzogin Helene auf einem Maskenball der Schauspielerin, um zu erfahren, durch welche magische Kraft diese Damen die Herren der

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