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Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Bordenave dermaßen in Wut brachte, daß er ihr mit dem Stock einen Schlag versetzte. Oft schlug er die Weiber, nachdem er mit ihnen geschlafen.
    Sie lief hinaus, während er ihr nachschrie:
    Da hast du, steck' das ein ... Meiner Seel', ich sperre die Bude, wenn man mich zum äußersten bringt.
    Fauchery hatte seinen Hut wütend aufgestülpt und schickte sich an, das Theater zu verlassen; doch blieb er im Hintergrunde der Szene, und als er sah, daß Bordenave sich wütend niedersetzte, kam auch er wieder zum Vorschein und nahm in dem anderen Sessel Platz. Sie saßen eine Weile nebeneinander, ohne sich zu rühren, während der dunkle Saal in tiefem Schweigen lag. Die Schauspieler warteten seit zwei Minuten; alle waren erschöpft, als ob sie irgendeine schwere Arbeit verrichtet hätten.
    Fahren wir fort, sagte endlich Bordenave, der vollkommen besänftigt schien.
    Jawohl, fahren wir fort, fügte Fauchery hinzu. Wir können diese Szene morgen probieren.
    Die Probe nahm im gleichen gelangweilten, schleppenden Tone ihren Fortgang. Während des Streites zwischen dem Direktor und dem Verfasser hatten die Schauspieler es sich auf der Bank und den Gartenstühlen bequem gemacht. Sie lachten über die Zankenden und verhöhnten sie. Als aber Simonne schluchzend zu ihnen trat, kehrte sich ihre Wut gegen Bordenave. Sie sagten, an ihrer Stelle hätten sie dieses Schwein erdrosselt. Sie trocknete die Tränen und nickte zustimmend mit dem Kopfe. Jetzt sei es aus, meinte sie; sie lasse ihn sitzen, um so mehr, als Steiner ihr gestern gesagt habe, er wolle ihr den Weg bahnen. Clarisse schien sehr überrascht, denn ihres Wissens hatte der Bankier zur Zeit nicht einen Sou in der Tasche. Doch Prullière lachte und erinnerte an den Kniff dieses Juden mit Rosa Mignon. Er kündigte sein Verhältnis mit ihr an, um sich auf der Börse den Anschein zu geben, als ob er wieder auf der Höhe sei, und so gelang ihm seine Reperation mit den Landessalinen. Jetzt plane er ein neues Unternehmen, einen Tunnel unter dem Bosporus. Simonne hörte mit vielem Interesse zu. Was Clarisse betreffe, so war diese seit acht Tagen wütend. Sie hatte La Faloise der Gaga an den Hals geworfen, und jetzt hatte dieser Bengel einen sehr reichen Onkel beerbt. Überdies hatte dieses Schwein von einem Bordenave ihr eine Rolle von fünf Zeilen gegeben, als ob sie nicht die der Geraldine hätte spielen können. Sie träumte von dieser Rolle, denn sie hoffte, daß Nana sie zurückweisen werde.
    Na, und erst ich? ... bemerkte Prullière verdrossen, ich habe eine Rolle von kaum zweihundert Zeilen. Ich wollte die Rolle auch zurückgeben. Es ist eine Schande, daß man mich diesen blöden Saint-Firmin spielen läßt. Und welche Sprache. Das wird ein Durchfall werden – kolossal.
    Jetzt kam Simonne, die einen Augenblick mit Barillot geplaudert hatte, herbei und sagte:
    Ihr sprecht von Nana. Wißt ihr, daß sie im Saale ist?
    Wo denn? fragte Clarisse lebhaft, indem sie aufstand, um sie zu sehen.
    Das Gerücht machte rasch die Runde. Jeder neigte sich vor, um Nana zu sehen. Die Probe wurde einen Augenblick fast unterbrochen. Doch Bordenave trat aus seiner Unbeweglichkeit heraus und schrie:
    Wie? Was geht denn vor? Beendet den Akt. Und ihr da unten seid still. Es ist unerträglich.
    Nana saß noch immer in der Loge und verfolgte die Probe mit Aufmerksamkeit. Labordette hatte zweimal zu plaudern begonnen, doch sie war ungeduldig und stieß ihn mit dem Ellbogen, um ihn zum Schweigen zu bringen. Der zweite Akt ging eben zu Ende, als im Hintergrunde des Theaters zwei Schatten auftauchten. Die Gestalten kamen auf den Fußspitzen geräuschlos näher, um Bordenave still zu grüßen, und Nana erkannte in ihnen Muffat und Mignon.
    Ah, da sind sie, murmelte sie mit einem Seufzer der Erleichterung.
    Rosa Mignon gab eben das letzte Stichwort. Bordenave sagte, der zweite Akt müsse noch einmal vorgenommen werden, dann beeilte er sich, den Grafen Muffat mit einer übertriebenen Höflichkeit zu begrüßen, während Fauchery tat, als ob er ganz mit den Schauspielern beschäftigt sei.
    Mit den Händen hinter dem Rücken, pfiff Mignon leise vor sich hin und beobachtete unverwandt seine Frau, die nervös zu sein schien.
    Wollen wir hinaufgehen? fragte Labordette Nana. Ich will dich hinaufbringen und dann herunterkommen, um ihn zu holen.
    Nana verließ die Loge. Sie ging tastend durch die Orchesterreihen. Doch Bordenave erkannte sie, wie sie im Schatten dahinglitt und erwischte sie am Ende des Ganges, der

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