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Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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vornehmen Gesellschaft erobern und an sich fesseln. Ihr Vetter, der schöne Oskar von Saint-Firmin, führt sie hier ein, in der Hoffnung, daß sie schließlich an dieser Art Vergnügungen Geschmack finden und ihm ihre Gunst zuwenden werde. Als erste Lektion vernimmt sie zu ihrer Überraschung, wie Geraldine dem Herzog, der sehr geschmeidig und bezaubert scheint, eine Szene im Stile eines Karrenziehers machte. Bei diesem Auftritt ruft die Herzogin aus: In dieser Weise muß man also die Herren behandeln! Geraldine hat in diesem Akte eine Szene. Die Herzogin wird von der Strafe für ihre Neugierde bald ereilt. Ein alter Frauenjäger, Baron Tardiveau, hält sie für eine Kokotte und zeigt sich ihr gegenüber sehr galant, während auf der anderen Seite Beauvrage auf einem Liegestuhl mit Geraldine Frieden macht, indem er sie zärtlich küßt. Da die Rolle Geraldines noch nicht vergeben war, las der Seuffleur Cossard sie, wobei er, in den Armen des alten Bosc liegend, unwillkürlich spielte. Man war bei dieser Szene; die Probe schleppte sich in mürrischer Stimmung dahin, als Fauchery plötzlich von seinem Sessel aufsprang. Er hatte sich bisher zurückgehalten, doch die Erregung riß ihn fort.
    So geht das nicht! rief er.
    Die Schauspieler hielten inne, und Fontan fragte mit seiner frechen Stimme:
    Was soll nicht so gehen?
    Keiner von euch ist bei der Sache; ganz und gar nicht, rief Fauchery, gestikulierend und erregt auf und ab gehend. Vor allem Sie, Fontan, der Sie den Tardiveau spielen. Sie müssen sich mehr neigen und mit dieser Gebärde – so – die Herzogin zu fassen suchen. In diesem Augenblicke hast du, Rosa, lebhaft vorbeizugehen; aber nicht zu früh, erst wenn du den Kuß hörst ...
    Er unterbrach sich, um im Eifer seiner Erklärungen dem alten Cossard zuzurufen:
    Geraldine, den Kuß ... Aber stark, damit man ihn höre.
    Vater Cossard wandte sich zu Bosc und schnalzte laut mit den Lippen.
    Gut, das ist der Kuß, sagte Fauchery triumphierend. Noch einmal den Kuß. Siehst du, Rosa, ich hatte Zeit, vorüberzugehen, und nun stoße ich einen leisen Schrei aus: Ah, sie hat ihn geküßt! Doch dazu ist nötig, daß Tardiveau hervortritt ... Hören Sie, Fontan, Sie müssen hervortreten. Vorwärts, versuchen wir's im Zusammenspiel.
    Die Schauspieler nahmen die Szene von vorne auf; doch Fontan machte seine Sache so unwillig, daß es nicht weitergehen wollte. Fauchery wiederholte zweimal seine Unterweisung, wobei er sich immer mehr ereiferte. Alle hörten ihm mit mürrischer Miene zu, blickten einander an, als ob er verlange, sie sollten auf dem Kopfe gehen. Sie fingen nochmals von vorne an, machten aber ihre Sache so linkisch wie ein Hampelmann, dessen Schnur abgerissen ist.
    Nein, für mich ist das zu stark, ich verstehe es nicht, sagte Fontan.
    Bordenave saß bisher in seinem Sessel zurückgesunken mit zusammengepreßten Lippen schweigend da; man sah aus dem Dunkel nichts als seinen Hut hervortauchen. Den Stock hielt er quer über den Bauch und man hätte geglaubt, daß er schlafe. Plötzlich richtete er sich auf.
    Mein Lieber, das ist blöde, erklärte er Fauchery ruhig.
    Wie, blöd? rief der Verfasser erbleichend. Blöd sind Sie selbst.
    Bordenave geriet in Zorn und wiederholte das Wort, ja, er gebrauchte noch stärkere Ausdrücke. Er meinte, das Publikum werde die Szene auszischen, und man werde den Akt nicht zu Ende spielen können. Und da Fauchery, ohne sich um die Schimpfworte sonderlich zu kümmern, sich noch mehr ereiferte und Bordenave ein dummes Tier nannte, geriet der Direktor außer Rand und Band. Er schlug mit seinem Stock in die Luft und schnaufte wie ein Ochs.
    Herrgott, lassen Sie mich in Ruhe. Wir verlieren eine Viertelstunde mit lauter Dummheiten. Das hat keinen Sinn ... Und es ist doch so einfach: Du, Fontan, rührst dich nicht von der Stelle, und du, Rosa, machst diese kleine Bewegung – so – nichts weiter, und trittst zurück. Vorwärts: Cossard, den Kuß.
    Nun entstand eine allgemeine Verwirrung, und die Szene ging auch jetzt nicht besser. Jetzt begann Bordenave mit seiner Elephantenanmut ihnen vorzuspielen, während Fauchery mitleidig die Achseln zuckte. Da wollte Fontan sich einmengen; sogar Bosc erlaubte sich Ratschläge. Rosa verlor die Geduld und nahm auf dem Sessel Platz, der die Türe bezeichnete. Man wußte gar nicht mehr, wie weit man gekommen sei. Um das Maß voll zu machen, trat jetzt Simonne auf, die glaubte, ihr Stichwort gehört zu haben. Sie fiel mitten in den Wirrwarr hinein, was

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