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Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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stärker lachend als sie.
    Dieser Handel amüsierte sie beide, sie fanden die Geschichte sehr drollig.
    Am folgenden Tage fand bei Nana ein Essen statt; es war das gewöhnliche Donnerstag-Essen, an dem Muffat, Vandeuvres, die beiden Hugon und Satin teilnahmen.
    Der Graf kam rechtzeitig. Er brachte achtzigtausend Franken, um Nana von einigen unbequemen Gläubigern zu befreien und ihr eine Saphirgarnitur zu kaufen, nach der sie Verlangen trug. Da sein Vermögen schon sehr angegriffen war, suchte er einen Geldverleiher, denn er besaß noch nicht den Mut, einen Teil seiner Besitzungen zu veräußern. Auf den Rat Nanas wandte er sich an Labordette; doch dieser fand das Geschäft zu groß und meinte, er müsse mit dem Friseur Francis sprechen, der sich aus Gefälligkeit für seine Kundschaften gern mit ähnlichen Angelegenheiten befaßte. Der Graf vertraute sich also diesen beiden Herren an mit dem förmlichen Verlangen, daß es nicht an die Öffentlichkeit kommen dürfe. Die beiden erhielten einen Wechsel auf hunderttausend Franken; sie schrien Zeter und Mordio über die niederträchtigen Wucherer, bei denen sie anklopfen mußten und die für ein Darlehen von achtzigtausend Franken zwanzigtausend Franken Zinsen forderten. Als Muffat sich anmelden ließ, hatte Francis soeben Nanas Frisur beendigt. Auch Labordette befand sich im Zimmer und benahm sich mit der Vertraulichkeit eines harmlosen Hausfreundes. Als er den Grafen sah, legte er verstohlen ein dickes Paket Banknoten auf den Toilettetisch zwischen Puderschachteln und Pomadetiegeln nieder, und der Wechsel wurde auf der Stelle unterschrieben. Nana wollte Labordette zum Essen zurückbehalten, allein er lehnte ab; er habe einen reichen Ausländer in Paris herumzuführen, meinte er. Muffat nahm ihn beiseite und bat ihn, zum Juwelier zu gehen und ihm die Saphirgarnitur zu bringen, mit der er noch an diesem Abend Nana überraschen wollte. Labordette übernahm bereitwilligst diesen Auftrag und eine halbe Stunde später überreichte der Haushofmeister Julien dem Grafen geheimnisvoll das Juwelenkästchen.
    Während des Essens war Nana nervös. Der Anblick der achtzigtausend Franken hatte sie in Aufregung versetzt. Der Gedanke, daß all das Geld in die Hände der Lieferanten übergehen solle, war ihr entsetzlich. Inmitten dieses wunderbaren Speisesaales, der im Glanze des Silbergeschirres und der Kristallgläser erstrahlte, bekam sie plötzlich weichherzige Anwandlungen und sprach von dem Glück der Armut. Die Herren der Gesellschaft befanden sich im Frack, sie selbst trug ein weißes, gesticktes Seidenkleid, während Satin etwas bescheidener in schwarze Seide gekleidet war und am Halse ein goldenes Herz trug, das sie von ihrer Freundin zum Geschenke erhalten hatte. Hinter den Gästen standen Julien und Franz, die, von Zoé unterstützt, in würdiger Haltung die Gesellschaft bedienten.
    Gewiß, ich würde mich weit besser unterhalten, wenn ich nicht einen Sou im Vermögen hätte, wiederholte Nana. Sie saß zwischen Muffat und Vandeuvres, aber sie sah diese Herren nicht an, sondern beschäftigte sich mehr mit Satin, die ihr gegenüber zwischen Philipp und Georges saß.
    Nicht wahr, mein Kätzchen? wandte sie sich nach jedem Satz an sie. Wie heiter und froh waren wir zu jener Zeit, als wir die Schule der Mutter Josse in der Polonceau-Straße besuchten.
    Man trug den Braten auf. Die beiden Frauen versenkten sich weiter in ihre Erinnerungen; ein wahrer Anfall von Geschwätzigkeit kam über sie: sie hatten ein plötzliches Bedürfnis, den ganzen Morast ihrer Jugend wieder aufzurühren; das taten sie immer, wenn Herren da waren, mit einer wahren Leidenschaft spritzten sie die Herren mit dem Schmutz ihrer Herkunft an. Die Herren blickten einander verlegen an. Die beiden Brüder Hugon versuchten zu lächeln, während Vandeuvres nervös seinen Bart zupfte und Muffat ernster als je dreinblickte.
    Du erinnerst dich noch an Viktor? sagte Nana. War das ein lasterhafter Kerl? Der führte die kleinen Mädchen in den Keller hinunter.
    Richtig, erwiderte Satin, ich erinnere mich auch sehr gut des großen Hofes, wo ihr wohntet. Da gab es eine Hausmeisterin mit einem Besen ...
    Das war Mutter Boche, sie ist gestorben.
    Ich sehe auch noch euren Laden ... Deine Mutter war eine starke Person. Eines Abends, als wir eben spielten, kam dein Vater betrunken nach Hause, aber betrunken ...
    In diesem Augenblick suchte Graf Vandeuvres, die Erinnerungen der beiden Damen unterbrechend, dem Gespräche eine

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