Nana
verdienen, erdrosselt zu werden. Doch warum solle sie eine Sache leugnen, die ja keine weiteren Folgen habe? Und sie fragte ihn nochmals:
Was kann das dich bekümmern?
Als er sich noch immer nicht beruhigen wollte, schnitt sie die Unterredung kurz ab, indem sie sagte:
Mein Lieber, wenn dir das nicht gefällt, so steht die Tür offen ... Man muß mich nehmen wie ich bin.
Er ließ den Kopf sinken. Im Grunde befriedigten ihn Nanas Eide. Als Nana sah, welche Macht sie auf ihn ausübte, begann sie ihn ohne alle Schonung zu behandeln. Von da ab wurde Satin offen ohne Rückhalt im Hause empfangen wie die Herren. Vandeuvres begriff auch ohne solche Briefe. Er scherzte und machte Satin Eifersuchtsszenen, während Philipp und Georges sie als Freundin behandelten und ihr kameradschaftlich die Hand drückten.
Eines Abends hatte Nana ein Abenteuer. Satin war wieder einmal durchgegangen und Nana ging zu Laura, um sie dort zu suchen. Wie sie so allein an einem Tische saß und speiste, erschien Daguenet im Saale. Obgleich er solide geworden war, kam er doch, in einer Anwandlung des langgewohnten Lasters, zuweilen hierher. Nanas Anwesenheit schien ihn anfangs zu stören. Doch war er nicht der Mann, den Rückzug anzutreten. Er näherte sich ihr lächelnd und fragte, ob sie erlaube, daß er an ihrem Tische Platz nehme. Als Nana ihn scherzen hörte, nahm sie ihre vornehme kalte Miene an und sagte:
Setzen Sie sich, wo es Ihnen beliebt, mein Herr; wir befinden uns ja an einem öffentlichen Orte.
Da sie diesen Ton angeschlagen hatten, nahm das Gespräch einen drolligen Verlauf. Beim Nachtisch aber wurde Nana dieses Benehmen überdrüssig; sie brannte vor Verlangen zu triumphieren, stützte die Ellbogen auf den Tisch und begann, ihn duzend:
Nun, wie ist's denn mit deiner Heirat, mein Kleiner?
Es geht nicht recht vorwärts, gestand Daguenet.
Tatsächlich verlor Daguenet in dem Augenblicke, als er im Begriffe war, um die Hand der Komtesse Muffat anzuhalten, den Mut, denn er bemerkte auf Seite des Grafen kalte Zurückhaltung. Daguenet hielt die Sache für gescheitert.
Nana sah ihn mit ihren klaren, blauen Augen an und sagte dann mit ironischem Lächeln:
Ich bin also eine Schwindlerin, eine Betrügerin und du mußt den künftigen Schwiegervater meinen Krallen entreißen ... Wahrhaftig, für einen klugen Jungen bist du dumm genug. Wie? solche Dinge erzählst du einem Manne, der mich anbetet und mir jedes Wort wiedererzählt. Höre mich an, mein Kleiner: dein Heiratsplan wird, wenn ich will, gelingen.
Daguenet sah dies bald ein und war entschlossen, Nana gegenüber den Unterwürfigen zu spielen. Doch er scherzte noch immer, er wollte nicht gleich die Angelegenheit in das ernste Fahrwasser lenken; er zog seine Handschuhe an und warb dann in aller Form bei Nana um die Hand der Komtesse Estella. Darüber lachte Nana, als ob sie gekitzelt werde. Oh, dieser Mimi! Dem kann man nicht gram sein. Daguenet verdankte seine großen Erfolge bei diesen Damen der Sanftheit seiner Stimme, einer Stimme, die so rein und geschmeidig war, daß die Mädchen, mit denen er Umgang pflegte, ihn »Samtmündchen« nannten und ihm alle zu Willen waren. Er kannte diese Stärke und wiegte auch Nana in einem endlosen Wortschwalle ein. Die dümmsten Geschichten waren zu diesem Zwecke gut genug. Als sie die Tafel verließen, war sie in bester Laune, er hatte sie wieder erobert.
Da das Wetter sehr schön war, schickte sie ihren Wagen nach Hause und begleitete ihn zu Fuße bis zu seiner Wohnung. Dort ging sie mit ihm natürlich hinauf. Als sie zwei Stunden später sich wieder ankleidete, sagte sie:
Also Mimi, du nimmst es ernst mit dieser Heirat?
Meiner Treu, ja, murmelte er; das ist noch das Beste, was ich tun kann; du weißt, daß ich auf dem Trocknen sitze.
Sie rief ihn herbei, damit er ihre Schuhe zuknöpfe; dann sagte sie nach einer kleinen Pause:
Mein Gott, ich will die Sache nach Möglichkeit betreiben ... Sie ist trocken wie ein Hering, die Kleine; doch das ist deine Sache; wenn ihr alle es wollt, habe ich nichts dagegen, ich bin gefällig und werde die Sache unterstützen.
Dann fügte sie lächelnd hinzu:
Aber was gibst du mir dafür?
Er hatte sie umfangen und küßte ihre nackten Schultern. Sie war sehr heiter, das Spiel gefiel ihr.
Hör einmal, was ich als Entgelt verlange, sagte sie. Am Tage deiner Hochzeit bringst du mir die Erstlinge deiner Junggesellenschaft ... Vor deiner Frau komme ich, hörst du?
Ja, ja, einverstanden, sagte er, noch
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