Nana
einer Viktoria, Caroline Héquet mit ihrer Mutter und zwei Herren in einer Kalesche; Louise Violaine ganz allein, ein kleines Blumenkörbchen in den Farben des Stalles Méchain – orange und grün – in den Händen; Lea de Horn auf dem hohen Bock einer Mailcoach, wo eine Menge von jungen Leuten ihr Unwesen trieb. In einer vornehmen großen Kutsche saß Lucy Stewart, in einfachem schwarzen Seidenkleid, mit vornehmer Miene an der Seite eines schlanken jungen Mannes, der die Uniform der Marineoffiziersaspiranten trug. Was aber Nana am meisten verblüffte, war Simonne, die soeben in einem von Steiner geführten Tandem ankam, auf dem rückwärts ein Lakei mit gekreuzten Armen saß. Simonne war glänzend, in weiße Seide gekleidet und mit Diamanten behangen vom Gürtel bis zum Hut, während der Bankier, eine ungeheure Peitsche schwingend, die zwei prächtigen Pferde lenkte, die vor seinen Wagen gespannt waren.
Zum Teufel, rief Nana, hat dieser Dieb von einem Steiner schon wieder die Börse reingefegt. Ei, diese Simonne hat aber Schick.
Sie tauschte nach allen Seiten Grüße aus; sie überging niemanden, damit auch sie von allen Seiten gesehen werde; dann fuhr sie fort zu plaudern.
Das ist ihr Sohn, der junge Mann, den Lucy im Wagen mit sich führt, er ist sehr nett in seiner Uniform; darum nimmt sie eine so stolze Miene an. Sie wissen, meine Herren, sie hat Furcht vor ihm und gibt sich deshalb für eine Schauspielerin aus. Der arme junge Mann. Er scheint nichts zu ahnen.
Bah, murmelte Philipp lachend, wenn sie will, wird sie ihm eine reiche Erbin in der Provinz finden.
Nana schwieg jetzt, sie hatte im dichten Gewühle der Wagen Madame Tricon wahrgenommen. Die Tricon war in einer Droschke angekommen, von wo sie nichts sehen konnte; darum war sie auf den Kutschbock gestiegen, und wie sie da oben stand mit ihrer langen Taille und ihrem vornehmen Gesicht mit den Löckchen, wuchs sie über die Menge hinaus, sie schien über alle diese Damen zu herrschen. Sie lächelten ihr denn auch freundlich zu. Sie tat sehr stolz und schien keine von ihnen zu kennen. Jetzt war sie nicht gekommen, um Geschäfte zu machen, sie folgte aus Vergnügen dem Wettrennen, denn sie war leidenschaftlich für Pferde eingenommen.
Schau, La Faloise, sagte Georges plötzlich.
Alles staunte; Nana erkannte La Faloise nicht wieder. Seitdem er geerbt, hatte er einen außerordentlichen Schick angenommen. Sehr elegant gekleidet, das Haar glatt gescheitelt, nahm er eine nachlässige Haltung an, sprach mit leiser Stimme im Boulevardstil und beendete keinen einzigen Satz.
Prächtig sieht er aus, erklärte Nana.
Gaga und Clarisse hatten La Faloise herbeigerufen, warfen sich ihm an den Hals und trachteten ihn zu fangen, doch er verließ sie sofort mit einer Miene der Verachtung. Nana bezauberte ihn, er eilte herbei, stellte sich an den Wagenschlag, und als sie ihn mit Gaga neckte, sagte er:
Ach nein. Aus ist's mit der alten Garde. Für Sie schwärme ich jetzt, meine Julia ...
Er hatte dabei die Hände aufs Herz gelegt und Nana lachte sehr laut über diese plötzliche Liebeserklärung vor aller Welt. Doch sie fuhr fort:
Jetzt nichts davon, ich vergesse sonst, daß ich wetten will. Georges siehst du jenen Buchmacher da unten, den großen Roten mit den gekräuselten Haaren? Er hat einen abscheulichen Kopf, der mir gefällt. Geh hin und gib ihm die Aufträge.
Auf was sollen wir denn wetten?
Oh, ich bin in dieser Hinsicht kein Patriot, blökte La Faloise, ich bin für den Engländer, sehr schick der Engländer.
Nana war empört. Man stritt über die Vorzüge der einzelnen Pferde. Um zu zeigen, daß er auf dem Laufenden sei, nannte La Faloise sie sämtlich Schindmähren; Frangipane, Eigentum des Barons Verdier, war von The Truth aus der Leonore, ein großer Falbe, der Gewinnmöglichkeiten gehabt hätte, wenn man ihm nicht beim Einreiten eine Verrenkung beigebracht hätte. Was Valerio II. betrifft, aus dem Stalle Corbreuse, sei dieser nicht fertig, er habe bei dem Aprilrennen die Darmgicht gehabt ... man habe es geheimgehalten, aber er, La Faloise wisse es bestimmt, auf Ehrenwort. Er schloß damit, daß er empfahl, auf Hasard zu wetten, ein Pferd aus dem Stalle Méchain, das am schäbigsten unter allen aussehe und auf das niemand setzen wolle. Nichtsdestoweniger sei Hasard ein vorzügliches Pferd und werde laufen, daß alles verblüfft sein werde.
Nein, sagte Nana, ich will zehn Louis auf Lusignan und fünf auf Boum setzen.
La Faloise schlug die Hände
Weitere Kostenlose Bücher