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Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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es zu arg; er schluchzt und spricht von seinen Gewissensbissen. Vorgestern hatte er nach unserem Zanke einen förmlichen Anfall; ich war wirklich besorgt.
    Sie unterbrach sich und rief:
    Schaut, da kommt das Ehepaar Mignon. Ei, sie haben auch ihre Kinder mitgebracht. Sind die aber geschniegelt, die Kleinen.
    Die Mignons waren in einem dunkelfarbigen Landauer gekommen, wie es sich für wohlhabende Bürgersleute geziemt. Rosa trug ein graues Seidenkleid mit roten Schleifen geputzt, lächelte und war glücklich über die Freude ihrer Söhne Henri und Charles, die in ihren etwas zu weiten Schülerblusen den Vordersitz einnahmen.
    Als ihr Wagen seinen Platz an der Schranke eingenommen hatte und sie Nana erblickte mit ihrem prächtig angeschirrten Viererzuge und inmitten ihrer Blumen, verzog sie den Mund und wandte unwillig den Kopf ab. Mignon hingegen, der aufgeräumt schien, grüßte Nana mit der Hand. Er mengte sich grundsätzlich nicht in Weibergeschichten.
    Was ich sagen wollte! rief Nana, das Gespräch wieder aufnehmend. Kennen Sie einen kleinen, alten Herrn mit schlechten Zähnen, namens Venot? Der war heute morgen bei mir.
    Herr Venot? rief Georges verblüfft. Unmöglich! der ist ja ein Jesuit.
    Richtig, ich habe das auch gleich heraus gehabt. Sie haben keine Ahnung von unserem Gespräch ... Es war höchst drollig ... Er sprach vom Grafen, von dem zerstörten Hausfrieden, und bat mich, einer Familie das Glück wiederzugeben. Er benahm sich übrigens sehr höflich und lächelte häufig. Ich antwortete ihm, daß sein Wunsch dem meinigen begegne, und ich habe es übernommen, den Grafen mit seiner Gemahlin wieder auszusöhnen. Das ist keine leere Redensart von mir; ich wäre froh, wenn ich diese Leute zufrieden sähe. Es brächte auch mir Erleichterung; denn, sehen Sie, an manchen Tagen quält er mich furchtbar.
    In diesem Herzensschrei machte sich ihr ganzer Mißmut der letzten Tage Luft. Überdies schien der Graf in argen Geldverlegenheiten zu sein; er war fortwährend in Angst, wie er den durch Labordette verwerteten Wechsel einlösen sollte.
    Die Gräfin ist hier, bemerkte Georges, die Tribünen musternd.
    Wo denn? rief Nana. Hat der Kleine aber Augen! Halten Sie meinen Sonnenschirm, Philipp!
    Doch Georges kam mit einer raschen Bewegung seinem Bruder zuvor. Er war entzückt, den blauseidenen, mit Silberfransen geschmückten Schirm Nanas halten zu dürfen.
    Nana schaute nun durch ein riesiges Opernglas umher.
    Ach ja, ich sehe sie, sagte sie endlich. In der rechtsseitigen Tribüne bei einer Säule, wie? Sie trägt ein malvenfarbenes, ihre Tochter ein weißes Kleid. Schau, soeben begrüßt Daguenet die Damen.
    Da sprach Philipp von der bevorstehenden Vermählung Daguenets mit dieser Hopfenstange der Estella. Die Sache sei beschlossen, die Verlobung bereits angekündigt. Die Gräfin wollte anfangs nicht einwilligen, allein sie mußte sich, so erzählt man, dem Willen des Grafen fügen.
    Nana lächelte.
    Ich weiß, ich weiß, murmelte sie dann. Umso besser für Paul. Er ist ein lieber Junge und verdient es.
    Dann neigte sie sich zu Ludwig und sagte:
    Du unterhältst dich wohl ... Welche ernste Miene du machst.
    Das Kind betrachtete ohne ein Lächeln diese große Menge mit ernster Miene, als ob es traurige Gedanken über das mache, was es sah.
    Bijou, der seine Herrin verlassen hatte, die sich zu viel bewegte, schmiegte sich jetzt zitternd an den kleinen Ludwig.
    Inzwischen bevölkerte sich der Rasen immer mehr; durch das Tor kamen noch immer Wagen in unendlicher Reihe an. Da waren Omnibusse, die mit ihren fünfzig Passagieren vom Boulevard der Italiener ankamen und rechts von den Tribünen sich aufstellten, dann Dogarts, Victorias, Landauer, von ausgesuchter Eleganz, vermischt mit Droschken, die von ihren Schindmähren geschüttelt wurden, dann wieder vierspännige Wagen, Mail coachs, wo die Herren auf dem hohen Kutschbock saßen, während die Diener im Innern des Wagens die Champagnerkörbe hüteten; ferner die sogenannten »Spinnen«, deren Räder im Vorbeisausen funkelten wie hellglänzender Stahl; endlich leichte Tandems, so fein gebaut wie ein Uhrwerk, die mit leisem Gerassel vorbeiflogen. Zuweilen kam ein Reiter vorüber; durch die Wagen hindurch drängte sich hastig eine dichte Menge. Das laute Geräusch der Räder, das von den Straßen des Gehölzes herübertönte, verwandelte sich auf dem Rasen plötzlich zu einem gedämpften Schleifen. Man hörte nichts mehr als das Getöse der immer mehr anwachsenden Menge,

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