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Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Schreie, Zurufe, Peitschengeknall. Wenn die Sonne infolge eines Windstoßes hinter den Wolken zum Vorschein kam, übergoß sie mit ihrer Flut von goldenem Lichte die lackierten Wagen und Geschirre, die reichen Toiletten der Damen, die mit ihren Peitschen auf den hohen Böcken sitzenden Kutscher.
    Jetzt stieg Labordette aus seinem Wagen, in dem Gaga, Clarisse und Blanche de Sivry ihm ein Plätzchen aufbewahrt hatten. Er eilte über den Weg, um in den Wiegeraum zu gelangen; da ließ ihn Nana durch Georges herbeirufen.
    Wie hoch wettet man auf mich? fragte sie lachend.
    Sie sprach von Nana, der Stute des Grafen Vandeuvre, die sich in dem letzten Rennen um den Damenpreis schmählich hatte schlagen lassen, während Lusignan rasch Favorit wurde, und man seit gestern auf dieses Pferd zwei gegen eins setzte.
    Immer fünfzig, erwiderte Labordette.
    Teufel, ich bin nicht viel wert, wie es scheint, sagte Nana scherzend. So werde ich denn auf mich nicht wetten. Nein, nicht einen Louisdor.
    Labordette entfernte sich wieder eiligst, doch sie rief ihn noch einmal zurück, sie wollte seinen Rat hören.
    Er, der mit den Trainers und Jockeis Beziehungen unterhalte, wisse gewiß Auskunft bezüglich aller Ställe, seine Vorhersagungen hätten sich ja schon zwanzigmal erfüllt. In der Sportwelt nannte man ihn den König der Tips.
    Sag' einmal: auf welche Pferde soll ich setzen? wiederholte Nana. Wie hoch wettet man auf den Engländer?

    Sprit! das Dreifache ... Valerio II. ebenfalls das Dreifache ... Cosimus fünfundzwanzigfach, Hazard vierzigfach, Boum dreißigfach, Pichenette fünfunddreißigfach, Frangipan zehnfach.
    Nein, auf den Engländer wette ich nicht, sagte sie; ich bin Patriotin ... Vielleicht auf Valerio II. Der Herzog von Corbreuse hat soeben strahlend ausgesehen ... Aber nein – doch nicht ... Fünfzig Louisdor auf Lusignan; was meinst du?
    Labordette betrachtete sie mit einem seltsamen Ausdruck im Gesicht.
    Sie neigte sich vor und besprach sich mit gedämpfter Stimme mit ihm, denn sie wußte, daß Vandeuvres ihn beauftragt hatte, bei den Buchmachern für ihn zu wetten, um leichter spielen zu können.
    Doch Labordette, ohne sich in weitere Erklärungen einzulassen, überredete sie, sich ganz seiner Witterung zu überlassen, er werde ihre fünfzig Louisdors bestens anbringen; sie werde es nicht zu bereuen haben.
    Du kannst auf alle Pferde setzen, die dir gefallen, nur nicht auf Nana, das ist eine Schindmähre.
    Ein lautes Gelächter der Insassen des Wagens belohnte diesen Ausruf. Die jungen Leute fanden das Wort sehr drollig, während Ludwig, der nichts begriff, die matten Augen zu seiner Mutter erhob.
    Labordette konnte indes noch immer nicht fort. Jetzt rief ihn Rosa Mignon, um ihm Anträge auf Wetten zu erteilen, die er sich in einem kleinen Schreibheftchen notierte. Dann kamen Clarisse und Gaga an die Reihe, um ihre Wetten auszutauschen; sie hatten verschiedene Dinge unter dem Publikum gehört und wollten nichts mehr von Valerio II. wissen, sondern auf Lusignan wetten. Labordette blieb gleichgültig und schrieb die Aufträge in sein Heft. Endlich konnte er fortkommen; man sah ihn zwischen zwei Tribünen verschwinden.
    Es kamen noch immer Wagen, die sich bereits in einer fünften Reihe aufstellen, so daß sich rings um die Schranke eine dichte Masse bildete, aus der sich vereinzelt als weiße Flecke die Schimmel abhoben. Darüber hinaus sah man auf dem Rasen noch eine bunt durcheinander gewürfelte Menge von verschiedenartigen Privatfuhrwerken; den noch restlichen Teil des Rasens hielten die Reiter und Fußgänger besetzt. Über diesem Markttreiben erhoben sich die Trinkhallen, deren Zelte im hellen Sonnenschein weithin schimmerten.
    Das lebhafteste Getümmel aber fand in der Umgebung der Buchmacher statt, die auf ihren offenen Wagen standen und fortwährend heftig gestikulierten wie die Zahnreißer, während ihre Notierungen neben ihnen auf hohen Brettern angebracht waren.
    Es ist zu dumm, daß man nicht wissen kann, auf welches Pferd man wetten soll. Ich will auch selbst einige Louisdors riskieren, sagte Nana.
    Sie erhob sich im Wagen, um einen Buchmacher zu wählen, dessen Gesicht ihr zu gefallen schien. Allein sie vergaß sofort wieder ihre Absicht, als sie eine Menge Leute ihrer Bekanntschaft bemerkte. Außer den Mignon, Gaga, Clarisse und Blanche sah sie rechts und links, vorne und rückwärts, in der Masse der Wagen, die ihren Landauer jetzt umschlossen hielten, Tatan Néné in Gesellschaft von Maria Blond, in

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