Nana
Maréchal nicht verteidigen, das war schmählich ... Wenn ich bedenke, daß Blanche mir die ganze Geschichte auf den Hals schieben wollte ... Ich antwortete ihr aber: Habe ich ihn etwa stehlen heißen? Man kann ja von einem Mann Geld verlangen, ohne ihn zum Verbrechen zu drängen. Wenn er mir gesagt hätte: ich habe nichts weiter, so würde ich ihm gesagt haben: Gut, trennen wir uns, und die Geschichte wäre nicht weiter gegangen.
Ohne Zweifel, sagte die Tante ernst; wenn die Männer hartnäckig sind, um so schlimmer für sie.
Was aber sein Ende betrifft, so wiederhole ich, es war sehr schick. Es muß etwas Schreckliches gewesen sein, sieh so bei lebendigem Leibe zu braten. Er hat alle seine Leute entfernt und sich dann in den Stall eingeschlossen, wohin er Petroleum mitgenommen ... Und wie das brannte. Das mußte man sehen, bemerkte sie. Ein großes Gebäude, fast ganz aus Holz, angefüllt mit Stroh und Heu, die Flammen stiegen hoch auf, wie die Türme. Das Schönste waren die Pferde, die nicht verbrennen wollten. Man hörte sie umher rasen, gegen die Türe stoßen und schreien, als seien es Menschen. Ja, die Umgebung denkt mit Entsetzen an dieses Ereignis.
Labordette äußerte einige Zweifel. Er glaube nicht recht an den Tod Vandeuvres; jemand hat geschworen, daß er ihn durch das Fenster habe flüchten gesehen. Er habe wohl in einem Anfall von Geistesstörung seinen Stall in Brand gesteckt, allein, als es ihm etwas heiß wurde, habe er es geraten gefunden, seine Haut in Sicherheit zu bringen. Ein Mensch, der es mit den Weibern so blöde treibe, habe nicht so viel Mut, in dieser Weise zu sterben.
Nana hörte ihn mit einer gewissen Enttäuschung an, dann sagte sie:
Oh, der Unglückliche. Es wäre so schön gewesen ...
Zwölftes Kapitel.
Um ein Uhr morgens lagen Nana und der Graf noch wach in dem großen, mit venezianischen Spitzen besetzten Bette. Der Graf war, nachdem er drei Tage geschmollt, wiedergekehrt. Das durch eine Nachtlampe schwach erleuchtete Zimmer, durchströmt von einer lauen, von Liebesdüften gesättigten Luft, war in ein einschläferndes Dunkel getaucht, aus dem die lackierten, mit Silber eingelegten Möbel nur schwach hervortraten. Infolge des herabgelassenen Vorhanges stand das Bett völlig im Schatten. Man hörte einen Seufzer und dann einen Kuß, und jetzt erhob sich Nana und saß einen Augenblick mit nackten Beinen am Rande des Bettes. Der Graf, der das Haupt auf das Kissen zurückgelegt hatte, blieb im Schatten des Bettes.
Mein Lieber, du glaubst wohl an den lieben Gott? fragte sie nach kurzem Nachdenken mit ernster Miene, nachdem sie, von einer religiösen Anwandlung ergriffen, sich plötzlich aus den Armen ihres Liebhabers losgemacht hatte.
Schon seit dem Morgen beklagte sie sich über ein gewisses Mißbehagen, und ihre dummen Gedanken, wie sie sie nannte, Gedanken von Tod und Hölle, in denen kindische Furcht und entsetzliche Einbildungen bei offenen Augen sie marterten.
Sie fuhr fort:
Was glaubst du, komme ich in den Himmel?
Sie schreckte dabei zusammen, während der Graf, überrascht von dieser sonderbaren Frage in einem solchen Augenblicke, als Katholik die Gewissensbisse erwachen fühlte.
Sie aber, die eine Weile mit herabgeglittenem Hemde und aufgelöstem Haar dagesessen hatte, warf sich schluchzend an seine Brust und klammerte sich an ihn indem sie stammelte:
Ich fürchte den Tod; ich fürchte zu sterben.
Er konnte nur mit Mühe sich aus ihrer Umschlingung losmachen. Er fürchtete seihst in den Wahnsinnsanfall dieses Weibes zu verfallen, das in einem ansteckenden Entsetzen vor dem Unsichtbaren sich an ihn klammerte. Er suchte sie zur Vernunft zu bringen; sie befinde sich ja ausgezeichnet; sie brauche nur sich anständig zu betragen, um eines Tages Vergebung zu erhoffen. Sie nickte mit dem Kopfe: gewiß, sie füge niemandem ein Leid zu. Ja, sie trage sogar ein Medaillon der heiligen Jungfrau, das sie ihm zeigte. Das Medaillon hing an einem roten Faden an ihrem Halse und reichte bis zur Brust. Aber, meinte sie, es sei eine ausgemachte Sache, daß Frauen, die nicht verheiratet sind und sich doch mit Männern abgeben, in die Hölle kommen. Es fielen ihr einzelne Teile des Katechismus ein. Ach, wenn sie die Sache nur früher so verstanden hätte. Doch es war ja niemand da, um sie aufzuklären, und es sei zu langweilig, die Predigten der Pfaffen anzuhören. Sie küßte demütig das Medaillon, das ganz warm von ihrer Haut war. Es schien ihr das eine Beschwörung des
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