Nana
der alten Gräfin Muffat dort lebte. Dieser altertümliche Raum voll gläubiger Strenge, mit seinen Möbeln von massivem Mahagoni im Stile des Kaiserreichs, seinen gelben Samtvorhängen, seiner grünlichen, feuchten Decke. Jetzt spiegelten sich schon im Vorraum durch Goldmalerei hervorgehobene Mosaiken unter hohen Kandelabern, während die Marmortreppe eine mit feiner durchbrochener Arbeit geschmückte Rampe hinaufführte. Oben erstrahlte der Salon, ausgeschlagen mit Genueser Samt, an der Decke eine große Verzierung von der Hand Bouchers, die der Architekt bei der Versteigerung des Schlosses Dampiere um hunderttausend Franken erstanden hatte. Die großen Leuchter bestrahlten einen verschwenderischen Luxus an Spiegeln und kostbaren Möbeln. Man war versucht zu glauben, daß der Liegestuhl Sabines, dieses einzige Einrichtungsstück von roter Seide, dessen weichliche Bequemlichkeit ehemals alle Welt in Erstaunen setzte, sich nun vervielfacht und ausgebreitet habe, um das ganze Haus mit einer wollüstigen Trägheit, mit einer Lebenslust zu erfüllen, die mit der Heftigkeit spät erwachter Leidenschaften brannte.
Man tanzte bereits. Das Orchester, im Garten vor einem der Fenster aufgestellt, spielte einen Walzer, dessen einschmeichelnde Klänge gedämpft herübertönten. Der Garten breitete sich in Halbdunkel aus, erleuchtet von venezianischen Lampen. Auf einem breiten Rasenplatz erhob sich ein purpurrotes Zelt, in dem das Büffet errichtet war. Dieser Walzer, der famose Walzer aus der »Blonden Venus« erfüllte mit seinen Klängen alle Räume dieses ehemals so strengen, alten Hauses. Ein fleischlicher Odem schien von der Straße heraufzuwehen und ein totes Zeitalter aus den stolzen Räumen dieses Palais hinwegzufegen und damit auch die ganze Vergangenheit der Familie Muffat, ein Jahrhundert voll Ehre und Glauben.
Inzwischen versammelten sich in der Nähe des Kamins an ihren gewohnten Plätzen die alten Freunde der Mutter des Grafen; geblendet und gleichsam fremd suchten sie hier Zuflucht. Inmitten der Menge, die das Haus immer mehr füllte, bildeten sie eine kleine Gruppe für sich. Madame de Joncquoy war, die Zimmer nicht wieder erkennend, durch den Speisesaal geschritten; Madame Chantereau betrachtete mit verblüffter Miene den Garten, der ihr unermeßlich groß zu sein schien. Und es dauerte nicht lange, da fielen in diesem Winkel herbe Bemerkungen.
Ei, meinte Madame Chantereau, wenn die alte Gräfin jetzt wiederkäme, das wäre für sie eine Überraschung, der Eintritt in diese Gesellschaft. Und dieses viele Gold, dieses viele Getöse ... Skandalös ...
Sabine ist verrückt, er widerte Madame de Joncquoy. Haben Sie sie gesehen? Schauen Sie, man sieht sie ja von hier, sie hat alle Diamanten angelegt.
Sie standen einen Augenblick auf, um aus der Ferne den Grafen und die Gräfin zu betrachten. Sabine trug eine weiße Toilette mit wundervollen englischen Spitzen besetzt. Sie erstrahlte in Schönheit, Jugend, Heiterkeit; ein Rausch lag in ihrem ewigen Lächeln. Neben ihr stand Muffat, gealtert, ein wenig bleich, in seiner ruhigen Würde ebenfalls lächelnd.
Wenn man bedenkt, daß er der Herr ist, fuhr Madame Chantereau fort; daß nicht einmal ein Bänkchen ins Haus gebracht werden konnte ohne seinen Willen ... ... Sie hat alles verändert, jetzt ist es ganz ihr Heim ... Sie erinnern sich wohl der Zeit, als sie nicht einmal den Salon neu herrichten wollten ... Jetzt hat sie das ganze Haus umgewandelt.
Sie schwiegen, denn Madame Chézelles kam, gefolgt von einer ganzen Schar junger Herren, die entzückt waren und ihrer Bewunderung in lauten Ausrufen Luft machten.
Oh, köstlich, ausgezeichnet, wunderbar geschmackvoll.
Madame de Chézelles rief schon von weitem:
Ich sagte es wohl, es gibt nichts Prächtigeres, als wenn diese alten Häuser modernisiert werden. Das nimmt eine Anmut an! Nicht wahr, durchaus das große Jahrhundert. Endlich ist sie in der Lage, Gesellschaft bei sich zu empfangen.
Die beiden alten Damen hatten wieder Platz genommen und dämpften die Stimme, um von der bevorstehenden Heirat zu sprechen, die so viele Leute in Erstaunen setzte. Eben war Estella in einem Rosaseidenkleid, dürr und hager, mit ihrem stummen jungfräulichen Gesicht vorübergekommen. Sie hatte Daguenet ruhig angenommen. Sie hatte weder Freude noch Trauer darüber gezeigt; sie war noch immer so kalt und so weiß wie an den Winterabenden, als sie Holz in das Kaminfeuer legte. Dieses große Fest, das nur ihrethalben stattfand,
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