Nana
zusammengebracht. Übrigens gehört sie ja zur Familie.
Jetzt kamen die Brüder Hugon hinzu. Die Herren sprachen von der bevorstehenden Hochzeit. Georges war verdrossen über La Faloise, der die Geschichte erzählte.
Allerdings habe Nana dem Grafen einen ihrer »Ehemaligen« als Schwiegersohn an den Hals gehängt, aber es sei nicht wahr, daß sie noch gestern mit Daguenet geschlafen habe. Foucarmont erlaubte sich, die Achseln zu zucken. Kann man jemals wissen, wann Nana mit jemandem schläft? Darüber geriet Georges in Aufregung und rief: Ich, mein Herr, ich weiß es, was die ganze Gesellschaft in die höchste Heiterkeit versetzte.
Die Gesellschaft am Büffet wurde immer größer. La Faloise betrachtete in unverschämter Weise alles, als ob er auf dem Ball Mabille wäre. Im Dunkel einer Allee gab es eine Überraschung. Die Gesellschaft traf hier Herrn Venot im tiefen Gespräch mit Daguenet. Darüber flogen allerlei Scherzworte hin und her. Man sagte, er nehme ihm die Beichte ab und erteile ihm Ratschläge für die Brautnacht. Die Herren kamen jetzt vor einer der Salontüren vorbei; drin wurde eben eine Polka getanzt; die tanzenden Paare bildeten eine Art von Furche inmitten der in zwei Reihen aufgestellten Herren, die sich am Tanze nicht beteiligten. Von dem eindringenden Lufthauch angefacht, brannten die Kerzen sehr hoch. Wenn das Kleid einer Tänzerin im leichten Rauschen der Musikklänge vorüberflog, brachte es ein wenig Kühlung in die von den hohen Leuchtern herabströmende Hitze.
Alle Wetter, es ist da drin nicht kalt, murmelte La Faloise.
Aus dem Dunkel des Gartens zurückgekehrt, konnten sie in der Helle des Saales die Augen kaum offen halten. Sie zeigten einander den Marquis Chouard, der einsam dastand und mit seiner hohen Gestalt die nackten Schultern überragte, die ihn umgaben. Er hatte ein bleiches Gesicht, sehr streng und von einer hohen Würde unter seinem Kranze von gelichtetem, weißem Haar. Empört über das Betragen des Grafen Muffat, hatte er öffentlich mit diesem Hause gebrochen und tat, als ob er nie den Fuß dahin setzen werde. Wenn er doch eingewilligt, an diesem Abende zu erscheinen, so geschah es nur auf die inständige Bitte seiner Enkelin, deren Heirat er übrigens mißbilligte, und zwar mit Worten der Entrüstung gegen die Auflösung der herrschenden Klassen durch das moderne Laster.
Ach, es ist alles aus, flüsterte am Kamin Madame de Joncquoy der Madame Chantereau ins Ohr; diese Dirne hat den Unglücklichen verhext, den wir so stolz, so edel kannten. Es scheint, daß er sich auch finanziell ruiniert, fuhr Madame Chantereau fort. Mein Gatte hatte einen Wechsel von ihm in Händen gehabt ... Er lebt jetzt vollständig in der Villiers-Allee. Ganz Paris spricht davon. Mein Gott, ich will Sabine nicht entschuldigen, aber man muß zugeben, daß er ihr Grund genug gibt, sich zu beklagen und, mein Gott, wenn jetzt sie auch das Geld zum Fenster hinauswirft ...
Sie wirft wenigstens nur das Geld hinaus, unterbrach sie die andere. Schließlich werden sie zu zweien rascher fertig werden ... Sie wälzen sich förmlich im Schmutz, meine Liebe.
Sie wurden durch eine sanfte Stimme unterbrochen: es war Herr Venot; er nahm hinter ihnen Platz, gleichsam von dem Wunsche beseelt zu verschwinden.
Nun neigte er sich vor und sagte:
Warum sollen wir verzweifeln? Gottes Wille gibt sich kund, wenn wir schon alles verloren glauben.
Er sah ruhig den Niedergang dieses Hauses mit an, das er ehemals beherrscht hatte. Seit seinem Aufenthalt in Fondettes ließ er dem Verderben seinen Lauf in dem beruhigenden Bewußtsein seiner Ohnmacht. Er hatte alles hingenommen: die tolle Leidenschaft des Grafen für Nana, die Annäherung Faucherys an die Gräfin, endlich die Heirat Estellas mit Daguenet. Was kümmerten ihn diese Dinge? Er zeigte sich geschmeidiger und geheimnisvoller denn je und hoffte, das junge Ehepaar in seine Gewalt zu bekommen, wie er einst das entzweite Ehepaar in seiner Gewalt hatte. Er wußte wohl, daß große Verlegenheiten nur um so sicherer zur Einkehr führen. Die Stunde der Vorsehung wird kommen.
Unser Freund, fuhr er mit leiser Stimme fort, ist noch immer von den besten religiösen Gefühlen beseelt ... Er hat mir die demütigsten Beweise geliefert.
Wohlan, sagte Madame de Joncquoy, er müßte vor allem mit seiner Frau sich versöhnen.
Gewiß. Ich hoffe auch, daß diese Versöhnung stattfindet.
Da begannen die beiden Frauen ihn auszufragen. Doch er tat sehr zurückhaltend und meinte, man
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