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Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Straßenecke auflas. Wenn sie in ihrem Wagen heimkehrte, bekam sie oft Lust auf irgendein schmutziges Ding, das sie auf dem Pflaster wahrnahm, packte es in ihren Wagen, bezahlte es und schickte es wieder fort. Häufig machte sie in Männerkleidung Ausflüge in berüchtigte Häuser und vertrieb sich da die Langeweile mit den ärgsten Ausschweifungen. Satin machte, wütend darüber, fortwährend vernachlässigt zu werden, scheußliche Szenen. In dieser Weise erlangte sie schließlich eine absolute Herrschaft über Nana, die ihr Respekt zollte. Muffat schloß sogar einen Vertrag mit Satin. Wenn er sich an Nana nicht heranwagte, schickte er Satin gegen sie. Sie hatte ihre liebe Nana schon zweimal genötigt, den Grafen wiederaufzunehmen, während er sich ihr gefällig zeigte und auf den ersten Wink verschwand. Aber das Einverständnis dauerte nicht lange, da auch Satin ihre verrückten Stunden hatte. An manchen Tagen kam eine solche Liebesraserei über sie, daß sie alles um sich her zertrümmerte. In solchen Momenten mußte Zoé auf ihrer Hut sein, denn Satin drückte sie in die Winkel, als ob sie mit ihr von ihrem künftigen Geschäftsunternehmen reden wolle.
    Graf Muffat hatte noch andere seltsame Kränkungen. Er, der Satin seit Monaten duldete, er, der sich damit befreunden konnte, daß eine ganze Schar unbekannter Männer den Weg in Nanas Schlafzimmer gefunden, geriet außer sich bei dem Gedanken, daß sie ihn mit einem Manne seines Ranges oder auch nur seiner Bekanntschaft betrügen könne. Als sie ihm ihre Beziehungen zu Foucarmont gestand, litt er dermaßen, fand den Verrat des jungen Mannes so abscheulich, daß er ihn fordern und sich mit ihm schlagen wollte. Da er nicht wußte, wo er in einer solchen Sache Zeugen finden sollte, wandte er sich an Labordette. Dieser war verblüfft und konnte sich eines Lächelns nicht erwehren.
    Ein Duell wegen Nana ... Aber, lieber Herr Graf, ganz Paris würde sich ja über Sie lustig machen. Man schlägt sich nicht wegen Nana. Das ist lächerlich.
    Der Graf wurde sehr bleich. Er machte eine heftige Gebärde und rief:
    Dann werde ich ihn auf offener Straße ohrfeigen.
    Labordette bemühte sich eine Stunde lang, ihn zur Vernunft zu bringen. Eine Ohrfeige würde die Geschichte noch schlimmer machen. Sehr bald wüßte alle Welt den wahren Grund; die Zeitungen würden sich des Skandals bemächtigen. Er blieb bei dem Schlusse:
    Unmöglich, lächerlich.
    Dieses Wort traf den Grafen jedesmal wie ein Messerstich. Er konnte sich nicht einmal schlagen für das Weib, das er liebte; man würde lachen. Niemals hatte er schmerzlicher empfunden, wie erbärmlich seine Leidenschaft war, und wie die Würde seines Herzens in dem Moraste der gemeinen Sinneslust unterging. Es war seine letzte Aufwallung. Er ließ sich überzeugen, und von da ab sah er es ruhig mit an, wie die Männer in aller Intimität einander die Türklinke in die Hand gaben.
    Nana verschlang in wenigen Monaten die ganze Schar: einen nach dem anderen. Die steigenden Bedürfnisse ihres Luxus erzeugten einen rasenden Appetit bei ihr; mit einem Biß machte sie einen Mann fertig. Zuerst hatte sie Foucarmont, der kaum zwei Wochen währte. Er hatte in einem zehnjährigen Seedienste sich mühsam dreißigtausend Franken erspart. Er gedachte, die Marine zu verlassen und mit seinem kleinen Kapital in Amerika sein Glück zu versuchen. Seine Klugheit, sein Sparsinn, alles zerfloß angesichts der Verlockungen dieses Weibes. Er gab ihr alles hin und verpfändete durch Wechselunterschriften sogar seine Zukunft. Als sie ihm die Türe wies, war er völlig blank. Sie war übrigens sehr gütig und riet ihm, auf sein Schiff zurückzukehren. Er solle nicht eigensinnig sein; da er kein Geld mehr habe, sei es unmöglich länger ... Er möge doch Vernunft annehmen und begreifen. Ein ruinierter Mann fiel aus ihren Händen wie eine reife Frucht zu Boden, um dort zu verderben.
    Dann warf sich Nana auf Steiner ohne Widerwillen, aber auch ohne Neigung. Sie behandelte ihn als schmutzigen Juden und nährte einen alten Haß gegen ihn, über den sie sich selbst keine Rechenschaft zu geben vermochte. Er war dick und war dumm, sie trieb ihn vor sich her und machte doppelte Bissen, um mit diesem »Preußen« rasch fertig zu werden. Er hatte Simonne verlassen. Seine Bosporusunternehmung drohte zu mißlingen. Nana beschleunigte den Untergang durch wahnsinnige Forderungen. Noch einen Monat hielt er sich, indem er Wunder leistete. Ganz Europa erfüllte er durch eine

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