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Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Von dem kurzen Schrecken dieses Dramas war in ihm nichts zurückgeblieben als ein Gefühl der Befriedigung darüber, daß er einen Nebenbuhler losgeworden, dessen bezaubernde Jugend ihn stets in Verzweiflung versetzte. Er war jetzt bei einer wilden Leidenschaft angelangt, bei einer jener Leidenschaften, die die Männer ergreift, die keine Jugend gehabt haben. Er liebte Nana mit dem Bedürfnis, sie völlig als die Seine zu wissen, sie zu hören, sie zu berühren, ihren Atem in dem seinigen aufgehen zu fühlen. Es war eine Neigung, die über die Sinne hinausging; eine Neigung voll Unruhe, eifersüchtig auf ihre Vergangenheit, träumend von Erlösung, von Vergebung, die er von Gott dem Herrn auf den Knien erflehte. Mit jedem Tage erlangte die Religion wieder immer mehr Macht über ihn. Er wurde wieder fromm, beichtete und kommunizierte; den Freuden des Lasters folgte verdoppelte Buße. Er hoffte, durch diese immerwährende Buße den Himmel zu versöhnen. Im Netze des Sinnesrausches zappelnd, klomm er ernsten gläubigen Sinnes sein Golgatha empor. Am tiefsten kränkten die fortwährenden Treulosigkeiten dieses Weibes. Mit dem Gedanken einer Teilung konnte er sich nicht befreunden; ihre törichten Schwächen blieben ihm unbegreiflich. Er forderte eine ewige, sich stets gleich bleibende Liebe. Sie hatte sie ja geschworen, und er bezahlte sie dafür ... Und doch mußte er sehen, daß sie log; daß sie unfähig, sich zu bemeistern, sich ihren Freunden, dem erstbesten hingab als gutmütiges Tier, das geboren ist, ohne Hemd zu leben.
    Als er eines Morgens Foucarmont zu ungewohnter Stunde von ihr weggehen sah, machte er ihr eine Szene. Sie war im Augenblick verdrießlich; sie sei seiner Eifersucht müde, sagte sie. Sie habe sich schon wiederholt geduldig gegen ihn gezeigt. So an dem Abende, als er sie mit Georges überraschte. Sie sei ihm damals entgegengekommen, habe ihr Unrecht bekannt, ihn mit Zärtlichkeiten und Liebesworten überhäuft, um ihn zu versöhnen. Aber schließlich finde sie seinen Eigensinn, mit dem er die Weiber nicht begreifen wolle, zu dumm.
    Sie wurde grob.
    Nun ja, sagte sie; ich habe mit Foucarmont geschlafen; was weiter? Ist dir das nicht recht, mein Hündchen?
    Es war das erstemal, daß sie ihn so anredete.
    Er war erstaunt über die Frechheit ihres Geständnisses und stand mit geballten Fäusten sprachlos da. Sie ging gerade auf ihn zu, blickte ihm ins Gesicht und sagte:
    Jetzt ist's genug! ... Wenn es dir nicht recht ist, so kannst du gehen ... Bei mir wirst du kein Geschrei machen. Ich will frei sein: merke dir das. Wenn ein Mann mir gefällt, so schlafe ich mit ihm ... So ist es, und so bleibt es, und du mußt dich sofort entscheiden: ja oder nein?
    Damit öffnete sie ihm die Tür. Er ging nicht hinaus. Es war ihr Mittel, ihn noch enger an sich zu fesseln. Für eine Geringfügigkeit bei dem erstbesten Anlasse gab sie ihm unter abscheulichen Reden die Türklinke in die Hand. Sie finde Besseres als er ist; sie habe nur zu wählen. Man finde ja draußen Männer, so viel man wolle, und Männer, die noch Blut in den Adern haben. Er senkte in solchen Augenblicken den Kopf und wartete sanftere Stunden ab, Stunden, da sie Geld brauchte. Da war sie zärtlich, und er vergaß alles. Eine Liebesnacht entschädigte ihn für die Leiden einer Woche. Seit der Aussöhnung mit seiner Gattin war ihm seine Häuslichkeit unerträglich geworden. Die Gräfin, verlassen von Fauchery, der jetzt völlig in Rosas Gewalt war, betäubte sich in dem rastlosen Fieber ihrer vierzig Jahre durch andere Liebschaften und führte in dem Hause ein Treiben ein, das ihm das Leben verbitterte. Estella sah seit ihrer Vermählung ihren Vater nicht mehr. In diesem platten, unbedeutenden Mädchen war plötzlich eine Frau mit eisernem Willen zum Vorschein gekommen, so fest und energisch, daß Daguenet vor ihr zitterte. Er begleitete sie jetzt zur Kirche, war bekehrt und wütend gegen den Schwiegervater, der durch sein skandalöses Verhältnis mit einer solchen »Kreatur« sein Haus ruinierte. Herr Venot allein war milde gegen den Grafen geblieben; er wartete seine Zeit ab. Er war so weit gegangen, sich bei Nana einzuführen und besuchte jetzt beide Häuser, wo man hinter den Türen seinem ewigen Lächeln begegnete. Und Muffat, so elend im eigenen Hause, verjagt durch den Verdruß und Schande, zog es noch vor, in dem Hause der Villier-Allee unter den Beschimpfungen zu leben, die ihm dort zuteil wurden.
    Bald gab es zwischen Nana und dem Grafen

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