Nana
nur noch eine Frage: die des Geldes. Nachdem er eines Tages ihr hunderttausend Franken versprochen, wagte er es, zur vereinbarten Stunde mit leeren Händen zu kommen. In der Hoffnung auf das Geld hatte sie ihn seit zwei Tagen mit Liebkosungen überhäuft; da sie ihre Mühe verloren sah, geriet sie in die höchste Wut.
Was, du hast kein Geld? ... Dann, mein Hündchen, geh', woher du gekommen. Aber rasch ... So ein Kamel ... Und der will mich noch umarmen ... Kein Geld, keine Küsse! Verstehst du?
Er wollte sich in Erklärungen einlassen und versprach, in zwei Tagen das Geld zu bringen. Doch sie unterbrach ihn heftig.
Und meine Zahlungen? ... Man wird mich pfänden, während ich dir Kredit gebe ... Schau dich nur einmal gut an ... Bildest du dir etwa ein, daß ich dich wegen deiner körperlichen Vorzüge liebe? Wenn man eine Fratze hat wie die deinige, so bezahlt man die Frauen, die sich das gefallen lassen ... Bei Gott, wenn du mir am Abend die zehntausend Franken nicht bringst, sollst du nicht die Spitze von meinem kleinen Finger haben, und du kannst zu deiner Frau zurückkehren.
Am Abend brachte er die zehntausend Franken. Nana bot ihm die Lippen und er küßte sie lange, was ihn für die Leiden der ganzen Woche entschädigte. Nana war verdrießlich darüber, daß er sich unaufhörlich an ihre Röcke klammerte. Sie beklagte sich darüber bei Herrn Venot und bat diesen, er möge doch den Grafen seiner Gattin wieder zuführen. Habe denn die Aussöhnung nichts gefruchtet?
Sie bedauerte jetzt, sich in die Sache gemengt zu haben, da er ihr doch wieder am Halse sitze ... Manchmal, in Augenblicken des Zornes, wenn sie ihre Interessen vergaß, schwur sie, eine derartige Schweinerei begehen zu wollen, daß es ihm unmöglich sein werde, den Fuß in ihr Haus zu setzen. Doch da sie sich auf die Schenkel schlug, während sie dies schrie, hätte sie ihm ins Gesicht speien können, er hätte sich nur bedankt. Die Szenen wegen des Geldes wiederholten sich fortwährend. Sie forderte in schroffer Weise Geld von ihm; wegen erbärmlicher Summen gab es Streit zwischen ihnen. Sie knickerte mit jeder ihrer Minuten ... In der grausamsten Weise wiederholte sie ihm fortwährend, daß sie nur wegen seines Geldes mit ihm schlafe, daß sie kein Vergnügen dabei habe, daß sie andere liebe, daß sie unglücklich darüber sei, einen Tropf seiner Gattung haben zu müssen. Um diese Zeit wurde er auch bei Hofe mißliebig. Man sprach davon, daß er seine Entlassung werde geben müssen. Die Kaiserin hatte geäußert, er sei zu ekelhaft! Das war er in der Tat. Nana schloß alle ihre Zänkereien mit dem nämlichen Worte:
Geh', du ekelst mich an.
Sie schämte sich nicht mehr; sie hatte ihre Freiheit völlig wiedergewonnen. Täglich machte sie ihre Spazierfahrt um den Teich im Boulogner Gehölz und schloß da Bekanntschaften, die anderwärts fortgesetzt wurden. Da war der große Markt, wo die berüchtigsten Weiber in ihrem glänzenden Luxus bei der lächelnden Duldung der Pariser sich am hellen Tage zur Schau stellen durften. Herzoginnen zeigten sie einander mit den Blicken; reiche Bürgersfrauen ahmten ihre Hüte nach. Oft mußte, um ihren Wagen vorüber zu lassen, eine ganze Reihe von Kutschen stillstehen: Finanzleute, die halb Europa in ihren Taschen hatten, Minister, die mit ihren derben Fingern Frankreich knebelten. Und sie gehörte gleichfalls zu dieser Gesellschaft des Gehölzes; sie nahm einen ansehnlichen Platz daselbst ein, gekannt in allen Hauptstädten, gesucht von allen Fremden. Dem Glanze dieser Menge fügte sie noch den Wahnsinn ihrer Lasterhaftigkeit hinzu. Die flüchtigen Bekanntschaften einer Nacht, die sie am nächsten Morgen vergaß, führten sie in alle Restaurants. So kam sie nach und nach mit dem Personale aller Gesandtschaften in Berührung. Sie speiste häufig mit Lucy Stewart, Karoline Héquet und Maria Blond in Gesellschaft von Herren, die das Französische radebrechten; die bezahlten, um unterhalten zu werden, die, zu hohl und zu blasiert, um diese Frauenzimmer zu berühren, sie für den Abend mitnahmen, mit der ausdrücklichen Weisung, drollig zu sein.
Diese Damen nannten das einen Spaß und waren sehr froh, daß sie, von diesen Herren verschmäht, den Rest ihrer Nacht in den Armen irgendeines Herzliebsten zubringen konnten.
Der Graf tat, als ob er nichts sehe, wenn nicht Nana selbst ihm die Männer vorführte. Er hatte übrigens von den kleinen Skandalen des täglichen Lebens genug zu leiden. Das Haus in der
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