Nana
hinzu:
Er hat nicht kommen können; er führt heute die Gräfin auf den Ball des Ministers des Innern.
Gut, sagte Nana, die dem Journalisten nicht traute; du sollst mir das entgelten, mein Lieber.
Oho, sagte Fauchery, verletzt durch diese Drohung, möchtest du mit solchen Aufträgen nicht andere beglücken? Wende dich an Labordette.
Sie wandten einander grollend den Rücken.
In diesem Augenblicke schob Mignon den Bankier Steiner zu Nana. Als diese allein war, sagte ihr Mignon mit der Gutmütigkeit eines Vaters, der nur das Wohl anderer will:
Wissen Sie, er stirbt vor Verlangen nach Ihnen. Aber er traut sich nicht vor meiner Frau. Sie werden ihn in Schutz nehmen, nicht wahr?
Nana schien nicht zu begreifen. Sie blickte lächelnd auf Rosa, deren Gatten und Steiner, dann sagte sie:
Herr Steiner, Sie werden neben mir sitzen.
Jetzt drangen aus dem Vorzimmer Gelächter und Worte herein, ein Gewirre von Stimmen, als ob eine ganze Mädchenschule ausgegangen sei und sich hier eingefunden habe. Labordette erschien und schleppte fünf Frauen mit sich, sein Pensionat, wie Lucy Stewart boshaft sagte. Da war vor allem Gaga, majestätisch in einem Kleide von blauem Samt, in dem sie fast erstickte, dann Karoline Héquet, wie immer in schwarzem Kleide, mit Spitzen garniert, ferner Lea de Horn in auffallender Tracht wie immer, die dicke Tatan Néné, eine gutmütige Blondine mit wahren Ammenbrüsten, über die sich jeder lustig machte, endlich Maria Blond, ein Mädchen von fünfzehn Jahren, lasterhaft und mager wie ein Junge, seit ihrem Auftreten im Possentheater zu den Theaterheldinnen des Tages zählend. Labordette hatte diese ganze Gesellschaft in einem Wagen hergeführt, und sie lachten jetzt noch darüber, wie sie eingepfercht waren; Maria Blond auf den Knien der übrigen sitzend. Sie waren jetzt sehr artig und teilten nach allen Richtungen Händedrücke aus. Bloß Tatan Néné schien unruhig zu sein. Man hatte ihr nämlich gesagt, daß bei dem Essen Nanas sechs nackte Neger bedienen würden, und sie suchte nun die Neger. Labordette konnte sie nur mit Mühe beruhigen.
Und Bordenave? fragte Fauchery.
Oh, ich bin untröstlich; denken Sie sich: er kann nicht kommen, sagte Nana.
Ja, fügte Rosa hinzu, er hat sich den Fuß verrenkt, ist greulich angeschwollen. Jetzt sitzt er fluchend zu Hause und muß das eingeschiente Bein auf einem Sessel ausgestreckt halten.
Alles bedauerte Bordenave. Ohne Bordenave war ein Essen unvollkommen. Aber schließlich werde man ihn wohl oder übel entbehren müssen. Man sprach schon von anderen Dingen, als plötzlich eine laute Stimme sich vernehmen ließ:
Was, so will man mich begraben?
Ein allgemeiner Ausruf der Überraschung: Alle blickten nach der Tür. Es war Bordenave, dick und schwer, im Gesichte sehr rot, in steifer Haltung. So stand er auf der Schwelle da, auf die Schulter von Simonne Cabiroche gestützt. Jetzt lebte er gerade mit Simonne. Diese Kleine hatte eine gute Erziehung genossen, sie spielte Klavier und sprach englisch. Sie war ein schmächtiges, blondes Mädchen, das unter der rohen Faust Bordenaves fast zusammenbrach, aber dennoch lächelte und demütig blieb. Er stand einen Augenblick in theatralischer Stellung da, als fühle er, daß sie beide in dieser Stellung Eindruck machten.
Bin ich ein liebevoller Vater, wie? fuhr er fort. Meiner Treu, ich fürchtete, mich zu langweilen und sagte mir: Ich gehe hin ...
Er unterbrach sich, um einen Fluch auszustoßen.
Simonne hatte einen allzu raschen Schritt gemacht, so daß sein krankes Bein nachgeschleppt wurde. Er stieß sie; Simonne blieb unverdrossen, senkte ihr hübsches Gesicht wie das Tier, das die Prügel seines Herrn fürchtet, und unterstützte ihn mit aller Kraft, die sie, das zarte Mädchen, aufbieten konnte. Jetzt wollten alle helfen. Nana und Rosa Mignon rollten einen Lehnstuhl herbei, in dem Bordenave sich niederließ, während die anderen Damen ihm einen zweiten für sein krankes Bein unterschoben. Daß alle diese Schauspielerinnen ihn küßten, war selbstverständlich. Er brummte immer wieder:
Herrgott, mein Fuß ... Aber der Magen ist gesund; ihr sollt sehen.
Es kamen andere Gäste. Man konnte sich im Zimmer kaum mehr rühren. Das Geräusch mit dem Geschirr und Tafelzeug hatte aufgehört; jetzt hörte man lautes Gezänk im großen Salon. Der Tafeldecker war wütend. Nana war ungeduldig, weil das Essen noch nicht aufgetragen war, obgleich sie keine Gäste mehr erwartete. Sie hatte eben Georges hinausgesandt,
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