Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
Vom Netzwerk:
bekam. Sie wurde wütend und brach in Klagen aus, daß solche Dinge nur ihr geschehen könnten. Sie streifte das Kleid von feiner weißer Seide ab, das sich wie ein Hemd an ihren Körper schmiegte. Aber sie legte das Kleid bald wieder an, weil sie nichts Passendes in ihrer Garderobe fand; sie weinte wie ein Kind, »weil sie wie eine Lumpensammlerin gekleidet sei«. Daguenet und Georges mußten den Riß mit Stecknadeln zusammenheften, während Zoé ihr Haar wieder in Ordnung brachte. Der Kleine lag sehr geschäftig auf den Knien und war glücklich, in Nanas Röcken herumwühlen zu können.
    Diese besänftigte sich endlich, als Daguenet ihr versicherte, es sei höchstens ein Viertel auf eins, so habe sie den letzten Akt der »blonden Venus« beschleunigt, indem sie ihre Kuplets herableierte.
    Noch immer viel zu gut für die Schwachköpfe in diesem Theater. Zoé, mein Kätzchen, du wirst hier warten und nicht zu Bett gehen. Ich bedarf deiner vielleicht. Es ist die höchste Zeit, die Gäste rücken an.
    Sie eilte hinaus. Georges blieb am Boden liegen; die Schöße seines Frackes fegten die Dielen. Er errötete, als er sah, daß Daguenet ihn betrachtete. Sie hatten Zuneigung füreinander gewonnen. Sie ordneten ihre Krawatten vor dem großen Spiegel und bürsteten einander, weil sie, an Nana sich reibend, vom Puder weiß geworden waren.
    Es sieht aus wie Zucker, sagte Georges mit dem genäschigen Lachen eines Kindes.
    Ein Lakai, für diesen Abend gedungen, führte die Gäste in den kleinen Salon, einen schmalen Raum, in dem nur vier Sessel standen, auf denen alle Gäste Platz finden sollten. Aus dem großen Salon drang ein Geräusch von Geschirr und Tafelzeug herüber, während unter der Tür ein Lichtstreif zu sehen war. Nana fand im kleinen Salon Clarisse Besnus, die mit La Faloise gekommen war.
    Wie, du bist die erste? rief Nana, die seit ihrem Erfolge die andere sehr vertraulich behandelte.
    Ach, er hat so geeilt; er fürchtet immer zu spät zu kommen. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte ich nicht einmal mehr Zeit gehabt, die Schminke abzuwischen und die Perücke abzulegen.
    Der junge Mann, der Nana jetzt zum ersten Male sah, verneigte sich und machte ihr Komplimente. Er sprach von seinem Vetter und verbarg seine Verwirrung unter einem Übermaß von Höflichkeit. Nana aber, ohne ihm zuzuhören und ohne ihn zu kennen, drückte ihm lebhaft die Hand und eilte dann Rosa Mignon entgegen. Sie war plötzlich äußerst höflich.
    Teure Freundin, sagte sie, wie liebenswürdig, daß Sie kommen. Ich habe sehr viel Wert darauf gelegt, Sie in unserer Gesellschaft zu sehen.
    Ich bin entzückt, teilnehmen zu können, versicherte Rosa, von Herzlichkeit überfließend.
    Nehmen Sie Platz ... Kann ich Ihnen etwas anbieten?
    Ich danke, nichts ... Ah, ich vergaß meinen Fächer im Mantel. Schauen Sie nach, Steiner, in der rechten Tasche.
    Hinter Rosa waren Mignon und Steiner eingetreten. Der Bankier machte kehrt, um den Fächer zu holen; unterdessen hatte Mignon Nana vertraulich geküßt und nötigte seine Frau, ein gleiches zu tun. Gehört man denn nicht zu einer Familie beim Theater? Dann zwinkerte er mit den Augen, um auch Steiner zu ermutigen, daß er Nana umarme; allein dieser, durch den klaren Blick Rosas zurückgehalten, begnügte sich damit, Nana die Hand zu küssen.
    In diesem Augenblicke erschien Graf Vandeuvres mit Blanche de Sivry. Allseitige Verbeugungen, dann führte Nana in zuvorkommender Weise Blanche zu einem Sessel. Inzwischen erzählte der Graf lachend, Fauchery streite unten mit dem Hausmeister, weil dieser sich weigere, den Wagen der Lucy Stewarts einfahren zu lassen. Man hörte jetzt Lucys Stimme im Vorzimmer, die den Hausmeister ein schmutziges Schwein nannte. Als der Lakai die Tür öffnete, trat sie lachend und anmutig ein, nannte selbst ihren Namen, erfaßte Nanas beide Hände und sagte, sie habe sie vom ersten Augenblicke geliebt und finde, daß sie ein großes Talent sei. Nana, stolz und glücklich in ihrer neuen Hausfrauenrolle, dankte verlegen. Seit Faucherys Eintritt schien ein Gedanke sie zu beschäftigen. Sobald sie sich ihm nähern konnte, fragte sie ihn leise:
    Wird er kommen?
    Nein, er will nicht kommen, antwortete kurz der Journalist, den die Frage unvorbereitet traf, obgleich er unterwegs eine ganze Geschichte erfunden hatte, um die Ablehnung des Grafen zu erklären.
    Er merkte auch, daß er eine Ungeschicklichkeit begangen habe, als er Nana erbleichen sah. Er wollte die Sache gutmachen und fügte

Weitere Kostenlose Bücher