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Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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erinnerte sich, daß er bei den Bourgeois in Orleans viel heitereren Essen beigewohnt hatte. Das Gespräch stockte: die Herren, einander unbekannt, betrachteten sich gegenseitig, die Frauen verhielten sich ruhig. Darüber war Georges sehr erstaunt: er fand diese Frauen zu prüde; er hatte gedacht, man werde damit anfangen, einander zu küssen.
    Man hatte eben Rheinkarpfen und Rehrücken aufgetragen, als Blanche ausrief:
    Liebe Lucy, ich bin neulich Ihrem Oliver begegnet. Ist der aber gewachsen!
    Ja, er ist achtzehn Jahre alt; ich bin auch nicht jünger geworden. Er ist wieder abgereist, um seine Studien fortzusetzen.
    Ihr Sohn Olivier, von dem sie mit solchem Stolze sprach, war Marinezögling. Man sprach nur von den Kindern. Alle diese Damen waren äußerst zärtlich gestimmt. Nana erzählte von ihrem Bebé, dem kleinen Ludwig. Er sei jetzt bei ihrer Tante, die ihn jeden Morgen um elf Uhr zu seiner Mutter bringe. Sie nehme ihn zu sich ins Bett, wo er mit Lulu, einem kleinen Hunde, spiele. Es ist zum totlachen, wenn beide sich unter der Decke verkriechen; Ludwig ist schon recht pfiffig.
    Gestern habe ich einen schönen Tag verlebt, erzählte Rosa Mignon. Ich habe Charles und Henri aus ihrem Pensionat abgeholt und mußte sie ins Theater führen. Sie klatschten vor Freude in die Hände und riefen immer wieder: ›Wir werden Mama spielen sehen!‹ Ist das ein Pack.
    Mignon lächelte selbstgefällig, seine Augen waren von väterlicher Zärtlichkeit feucht geworden.
    Während der Vorstellung benahmen sie sich so drollig, setzte er die Erzählung fort, ganz wie Männer. Sie verschlangen Rosa mit den Augen und fragten mich, weshalb Mama mit nackten Beinen umhergehe.
    Die Gesellschaft lachte. Mignon, in seinem Vaterstolz geschmeichelt, strahlte vor Freude. Er betete seine Kinder an und dachte nur daran, ihr Vermögen zu vermehren, indem er das Geld, das Rosa Mignon im Theater und anderwärts verdiente, getreulich verwaltete. Zur Zeit, als er sie heiratete, war er Kapellmeister in dem Cafékonzert, wo sie sang. Sie liebten einander damals leidenschaftlich; heute waren sie gute Freunde. Sie hatten ein regelrechtes Abkommen getroffen: sie erwarb, soviel sie konnte, mit ihrem Talent und ihrer Schönheit; er hatte seine Violine niedergelegt, um ihre Erfolge als Künstlerin und Frau besser überwachen zu können. Eine ruhigere, zufriedenere Ehe war nicht zu finden.
    Wie alt ist der ältere? fragte Vandeuvres.
    Heinrich ist neun Jahre alt, erwiderte Mignon; aber ein kräftiger Junge.
    Dann neckte er Steiner, der kein Kinderfreund war. Er sagte ihm ruhig, daß er sein Vermögen nicht so leichtsinnig vergeuden werde, wenn er Kinder habe. Während er sprach, beobachtete er den Bankier über die Schulter Blanches hinweg, um zu sehen, ob die Annäherung an Nana Fortschritte mache. Es verdroß ihn in diesem Augenblick zu sehen, daß Rosa mit Fauchery gar zu vertraulich plauderte. Sie werde doch nicht mit solchen Albernheiten ihre Zeit verlieren ... In solchen Fällen pflegte er dazwischen zu treten. Mit seiner hübschen Hand, die ein Brillant schmückte, zerschnitt er ruhig sein Rehfilet.
    Das Gespräch über die Kinder dauerte fort. La Faloise, sehr verwirrt durch die Nachbarschaft Gagas, erkundigte sich bei dieser nach ihrer Tochter, die er neulich mit ihr im Varietétheater gesehen. Lili befinde sich wohl – erzählte Gaga – aber sie sei noch ein rechter Backfisch. Er hörte zu seiner Überraschung, daß Lili in ihr neunzehntes Jahr gehe. Gaga stieg in seiner Achtung.
    Er fragte sie, weshalb sie Lili nicht mitgebracht habe.
    Ach nein, niemals! sagte sie ernst. Es sind ja kaum drei Monate, daß ich sie aus dem Pensionat genommen. Ich hätte sie am liebsten gleich verheiratet, aber das Kind liebt mich so sehr, daß ich es gegen meinen Willen noch bei mir behalten mußte.
    Sie zwinkerte bedeutungsvoll mit den Augen, während sie von der Versorgung ihrer Tochter sprach. Eine Heirat sei doch das Beste für ein Mädchen, meinte sie. Sie selbst arbeite noch immer, habe Bekanntschaft mit Herren, sogar mit sehr jungen Herren, deren Großmutter sie sein könne – und habe sich doch keinen Sou ersparen können. Dann neigte sie sich zu La Faloise, der unter ihrer ungeheueren Schulter errötete, mit der sie ihn fast erdrückte, und flüsterte ihm ins Ohr:
    Ich hüte sie, so gut ich kann ... Wenn es ihr dennoch passiert, so bin ich unschuldig daran ... Man ist so drollig, so lange man jung ist.
    Eine große Bewegung war rings um die Tafel

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