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Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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kleine Wendeltreppe herab. Auf der Bühne, auf der die Gaslichter ausgelöscht wurden, stand der Prinz und ließ sich von Bordenave eine Anekdote erzählen. Er wollte hier Nana erwarten. Als diese endlich erschien, war es schon finster auf der Bühne; ein Feuerwehrmann machte mit der Laterne in der Hand seinen Rundgang.
    Um Seiner Hoheit den weiten Umweg über die Passage der Panoramen zu ersparen, ließ Bordenave den Gang öffnen, der von der Loge der Hausmeisterin in den Vorraum des Theaters führt. Hier flüchtete eben ein ganzer Trupp von jungen Frauenzimmern froh darüber, daß sie den ihnen auflauernden Herren entkommen waren und sich mit ihren Liebhabern entfernen konnten.
    Besonders Clarisse schöpfte Argwohn gegen La Faloise, der noch immer in Gesellschaft der übrigen Herren in der Loge der Madame Bron wartete. Sie ging hinter einer ihrer Freundinnen stramm vorüber. Die Herren blinzelten, verblüfft durch diese Flucht von Weiberröcken über die schmale Wendeltreppe und trostlos darüber, so lange gewartet zu haben und sie jetzt alle entfliehen zu sehen, ohne eine einzige zu erkennen.
    Wollen Euer Hoheit hier Ihren Weg nehmen, sagte Bordenave am Fuße der Treppe, indem er dem Prinzen den Gang zeigte.
    Der Prinz folgte Nana; Muffat und der Marquis gingen hinter ihm. Der Gang war eigentlich ein gedecktes Gäßchen zwischen dem Theatergebäude und dem Nachbarhause; von den Mauern der beiden Seiten tropfte die Nässe. Auf dem gepflasterten Boden hallten die Schritte wie in einem unterirdischen Lokal. Der Gang diente dem Theater als Magazin, da befand sich allerlei Gerümpel, ein Gestell, auf dem der Hausmeister die Dekorationen säuberte, ein Haufen hölzerner Schranken, die man abends vor den Türen aufstellte, um ein Gedränge des Publikums hintanzuhalten. Ein schlecht geschlossener Brunnen ließ das Wasser über die Quadern rinnen, so daß Nana die Röcke heben mußte, um heil hinauszukommen. Im Vorraum angekommen, wünschte man einander »Gute Nacht«. Als Bordenave allein war, faßte er sein Urteil über den Prinzen in einem Achselzucken voll pilosophischer Verachtung zusammen und sagte:
    Alles in allem doch ein Narr.
    Fauchery bat ihn vergebens um nähere Aufklärungen; er mußte sich entschließen, mit Rosa nach Hause zu gehen, die entschlossen war, den Gatten und den Geliebten miteinander zu versöhnen.
    Muffat stand allein auf der Straße. Der Prinz hatte ruhig Nana in seinen Wagen steigen lassen. Der Marquis eilte hinter Satin her in der Hoffnung, daß sie ihren Statisten laufen lassen werde. Muffat, dem der Kopf brannte, wollte sich zu Fuße nach Hause begeben. Der innere Kampf war bei ihm zu Ende. Eine Flut von neuen Grundsätzen verdrängte die Gedanken und Glaubenssätze seiner bisherigen vierzig Jahre. Während er längs der Boulevards dahinschritt, hörte er aus dem Geräusch der letzten davonrollenden Wagen den Namen Nana heraus; im Lichte der Gaslaternen sah er die geschmeidigen Arme, die weißen Schultern Nanas. Er fühlte, daß sie ihn unterjocht habe.
    Er war bereit, alles zu verleugnen, alles zu verkaufen, um Nana noch am nämlichen Abend eine Stunde lang zu besitzen. Seine Jugend erwachte endlich; die gierige Mannbarkeit eines Jünglings durchbrach lodernd die Kälte seiner Glaubensfrömmigkeit und die Würde des gereiften Mannes.
     

Sechstes Kapitel.
     
    Graf Muffat mit Frau und Tochter war am Abend in Fondettes eingetroffen, wohin Frau Hugon, die hier mit ihrem Sohne Georges allein wohnte, die gräfliche Familie auf acht Tage eingeladen hatte. Das Landhaus, Ende des siebzehnten Jahrhunderts erbaut, erhob sich inmitten einer sehr großen, von Mauern eingeschlossenen Fläche völlig schmucklos. Dagegen war ein prachtvoller, schattiger Garten da und dahinter lagen langgedehnte Teiche mit fließendem Wasser. Der Garten zog sich längs der Landstraße nach Orleans hin und bildete eine angenehme Abwechslung in dieser flachen Landschaft mit ihren bebauten Äckern, die sich in unabsehbarer Ferne verloren.
    Um elf Uhr versammelte die ganze Gesellschaft sich zum Frühstück. Madame Hugon küßte die Gräfin mit mütterlicher Zärtlichkeit und sagte:
    Ich fühle mich verjüngt, wenn ich dich hier habe. Hast du gut geschlafen in deinem ehemaligen Zimmer?
    Ohne eine Antwort abzuwarten, wandte sie sich zu Estella und sagte:
    Ich hoffe, auch die liebe Kleine hat vortrefflich geruht. Umarme mich, mein Kind.
    Man befand sich in dem geräumigen Speisesaale, dessen Fenster auf den Park gingen. Doch

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