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Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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bei La Mignotte und wußte genug. Ist es möglich, daß eine ehrbare Frau ihren Gatten betrügt? Und obendrein mit diesem Schwein Fauchery ... Sie wird saubere Dinge von ihm lernen ...
    Ach, es wird nicht ihr erster Versuch sein, meinte Daguenet boshaft. Sie wird von ihm nichts mehr zu lernen haben.
    Sie stieß einen Ruf der Entrüstung aus.
    Wahrhaftig, eine saubere Gesellschaft, meinte sie.
    Erlauben ... rief ein Kellner, der mit Flaschen beladen, die beiden trennte.
    Leb wohl, mein Püppchen, rief Daguenet ihr jetzt zum Abschied zu. Du weißt, ich bete dich noch immer an.
    Schafskopf, zwischen uns beiden ist's aus, entgegnete sie lachend, aber das tut nichts, zeig' dich einmal bei mir; wir wollen ein wenig plaudern.
    Dann fügte sie leise und nachdenklich hinzu:
    Also ein Hahnrei? Das ist dumm. Ein Hahnrei hat mich immer angeekelt.
    Als sie endlich in das Kabinett eintrat, sah sie den Grafen geduldig auf einem schmalen Diwan sitzen. Er machte ihr keinen Vorwurf; sie empfand bei seinem Anblick Mitleid und Verachtung zugleich. Sie hatte Lust, diesem bedauernswerten Mann, den ein abscheuliches Weib in so unwürdiger Weise betrog, um den Hals zu fallen und ihn zu trösten. Sie aß rasch ihre Austern und ließ ihn dann in ihre Wohnung mitgehen. Es war elf Uhr; bis Mitternacht mußte sie ein Mittel finden, sich seiner zu entledigen. Im Vorzimmer erteilte sie Zoé ihre Befehle.
    Wenn der andere kommt und dieser noch bei mir ist, wirst du ihn bitten, sich hübsch still zu verhalten.
    Aber wo soll ich ihn hintun?
    In die Küche, das ist das sicherste.
    Muffat hatte inzwischen seinen Überrock abgelegt. Im Kamin brannte ein helles Feuer. Es war das gleiche Zimmer mit den Möbeln aus Palisanderholz, Vorhänge und Sesselüberzüge von gesticktem Damast, große, blaue Blumen auf grauem Grunde. Nana hatte wiederholt die Absicht, den Damast durch schwarzen Samt zu ersetzen, aber sooft auch Steiner das Geld dazu hergab, stets hatte sie andere Verwendung dafür. Neu war bloß ein Tigerfell, das vor dem Kamin lag und eine Kristallampe, die von der Decke herabhing.
    Ich gehe nicht zu Bett, denn ich bin nicht schläfrig, sagte sie, den Riegel vorschiebend.
    Wie du willst, erwiderte der Graf in unterwürfigem Tone.
    Es gehörte zu Nanas Lieblingszeitvertreib, sich vor dem Stehspiegel, der ihre ganze Figur zeigte, völlig nackt zu entkleiden und sich lange zu betrachten. Sie konnte viele Stunden in dem stillen Entzücken über ihren herrlichen Leib, ihre samtweiche Haut und die Wellenlinien der Taille zubringen. Oft traf der Friseur sie in dieser Stellung, ohne daß sie auch nur den Kopf wandte. Wenn Graf Muffat sich darüber ärgerte, tat sie überrascht und meinte, sie tue dies für sich selbst und nicht für andere.
    Heute zündete sie, um besser zu sehen, noch sechs Kerzen an. Im Begriff, das Hemd zu Boden gleiten zu lassen, hielt sie an sich und fragte:
    Hast du den Artikel im Figaro gelesen? Das Blatt liegt auf dem Tisch. Man sagt, es sei von mir die Rede; was denkst du darüber?
    Sie ließ das Hemd fallen und blieb nackt, bis der Graf den Artikel zu Ende gelesen hatte. Muffat las langsam. Der Artikel, betitelt: » Die goldene Fliege «, erzählte die Geschichte eines Mädchens, das von vier Säufergenerationen abstammt, dessen Blut durch das lange Erbe von Elend und Trunksucht vergiftet ist. Sie ist in irgendeiner Vorstadt dem Pariser Pflaster entsprossen. Groß, schön und verführerisch wie eine Düngerpflanze, rächt sie die Bettler und Verlassenen, von denen sie herstammt. Der Schmutz, den man bisher in dem Volke hatte gären lassen, stieg mit ihr in die Aristokratie auf, um diese zu verpesten. Ohne es zu wollen, war sie eine Naturkraft, ein Gärmittel der Zerstörung geworden; ganz Paris verdarb und verunreinigte sie zwischen ihren schneeigen Schenkeln.
    Am Schlusse des Artikels wurde sie mit einer Fliege verglichen, mit einer goldschimmernden Fliege, die im Schmutz gedeiht, die von den Aasen am Rande der Straße das Leichengift holt, um dann summend und in allen Farben schillernd in die Paläste der Reichen durch die Fenster einzudringen und die Männer zu vergiften.
    Muffat erhob den Kopf und blickte starr ins Feuer.
    Nun? fragte Nana.
    Er antwortete nicht. Er schien den Artikel noch einmal lesen zu wollen. Ein Gefühl der Kälte lief ihm vom Kopf über die Schultern. Der Artikel war voll übertriebener Redewendungen und wunderlicher Ausdrücke. Dennoch war der Graf von der Lektüre dieses Artikels gepackt, der alles das

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