Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
Vom Netzwerk:
Das war ihr Lieblingsplätzchen. Da sie ihn wieder über den Artikel Faucherys befragte, antwortete Muffat ausweichend, weil er eine Szene vermeiden wollte. Sie erklärte übrigens, sie pfeife auf Fauchery. Dann wurde sie wieder still. Sie sann über ein Mittel, den Grafen fortzuschicken. Sie hätte eine freundliche Art gewünscht, denn sie blieb im Grunde gutmütig und betrübte die Menschen nicht gern; ihn um so weniger, als er ein Hahnrei war, was sie mitleidig stimmte.
    Also morgen erwartest du deine Frau? fragte sie.
    Muffat, der erschöpft in einen Sessel zurückgesunken war, nickte bejahend. Nana beobachtete ihn ernst; dabei hielt sie einen ihrer nackten Füße in den Händen und drehte ihn mechanisch hin und her.
    Bist du schon lange verheiratet? fragte sie dann.
    Neunzehn Jahre, erwiderte der Graf.
    Und wie ist deine Frau? Ist sie liebenswürdig? Lebt ihr gut miteinander?
    Er schwieg eine Weile, dann sagte er verlegen:
    Ich habe dich gebeten, niemals von diesen Dingen zu reden.
    Warum denn nicht? sagte sie spitz. Ich werde deine Frau nicht fressen ... Mein Lieber, alle Frauen sind gleichwertig ...
    Sie hielt inne aus Furcht, zu weit gegangen zu sein. Aber sie nahm eine überlegene Miene an, weil sie sich zu gut dünkte. Diesen armen Mann mußte sie schonen. Übrigens war ihr ein heiterer Gedanke gekommen. Sie betrachtete ihn lächelnd.
    Dann fuhr sie nach einer Weile fort:
    Ich habe dir noch nichts von den Geschichten erzählt, die Fauchery über dich in Umlauf bringt. Ist das eine Schlange ... Ich bin Fauchery nicht böse, da sein Artikel möglich ist; aber eine Viper bleibt er doch.
    Indem sie ihren Fuß losließ, rutschte sie lachend zu ihm hin, lehnte die Brust an seine Knie und sagte:
    Denke dir: er schwört, daß du deine Unschuld noch hattest, als du deine Frau heiratetest ... Ist das wahr?
    Sie fixierte ihn scharf, legte ihre Hände auf seine Schulter und schüttelte ihn, um ihn zu diesem Geständnis zu bringen.
    Tatsächlich, sagte er endlich in ernstem Tone.
    Da ließ sie sich wieder auf den Teppich nieder und wand sich vor Lachen.
    Das ist unbezahlbar! rief sie; du bist einzig ... Ein Wunder ... Mein armes Hündchen, da mußt du ja eine sehr alberne Figur gespielt haben ... Es gibt nichts Drolligeres, als wenn ein Mann nicht weiß, wie ... Oh, da wäre ich gern dabei gewesen! ... Und ist's glücklich vonstatten gegangen? Erzähl' mir doch einmal, bitte ...
    Sie überhäufte ihn mit Fragen, die sich auf alle Einzelheiten erstreckten. Und das amüsierte sie dermaßen, wie sie da saß, den entblößten Oberkörper vom Scheine des Kaminfeuers vergoldet, daß der Graf ihr allmählich seine Brautnacht erzählte. Schließlich schien er selbst daran Gefallen zu finden, zu berichten, »wie er seine Junggesellenschaft verloren«. Nur wählte er in einem Rest von Scham feine Ausdrücke. Auf die Erkundigungen Nanas nach seiner Frau, erwiderte er, die Gräfin sei vorzüglich gebaut, aber kalt wie ein Eiszapfen.
    Du hast keine Ursache zur Eifersucht, schloß er feige.
    Nana hatte aufgehört zu lachen. Sie hatte ihren Platz vor dem Kamin wieder eingenommen und saß da, das Kinn auf die Knie gestützt.
    Endlich bemerkte sie ernsten Tones:
    Mein Lieber, es ist nicht gut, wenn der Mann in der ersten Nacht vor seiner Frau eine so unbeholfene Figur macht.
    Warum? fragte der Graf überrascht.
    Weil ... Die Frauen lieben diese Art nicht ... Sie sagen wohl nichts ... aus Schamhaftigkeit ... du wirst es begreifen ... Aber sei versichert: sie denken lange Zeit daran, und früher oder später entschädigen sie sich anderwärts.
    Muffat schien nicht zu begreifen. Sie gab ihm daher nähere Erläuterungen. Seitdem sie wußte, daß er ein Hahnrei sei, wurde sie von diesem Geheimnis geplagt.
    Mein Gott, sagte sie endlich, wir reden da von Dingen, die mich eigentlich nichts angehen ... Ich möchte eben gern jeden glücklich sehen ... Wir plaudern ja nur ... Du wirst mir offen antworten, nicht wahr?
    Sie unterbrach sich, um ihre Lage zu ändern.
    Es ist ordentlich warm hier, wie? Ich habe schon den Rücken gebraten ... Warte, ich will mir nun auch den Bauch braten ... das ist gut gegen Leibschmerzen ...
    Sie wandte nun die Brust dem Feuer zu, zog die Beine unter die Schenkel und fuhr fort:
    Laß hören: Du hast keinen intimen Umgang mehr mit deiner Frau?
    Nein, ich schwöre es dir, sagte Muffat, der eine Szene befürchtete.
    Und du hältst sie für unempfindlich wie ein Stück Holz?
    Er nickte bejahend.
    Und deshalb liebst du

Weitere Kostenlose Bücher