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Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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plötzlich in ihm erweckte, wovon er seit einigen Monaten nicht sprechen wollte.
    Er blickte empor. Nana war wieder in die Bewunderung ihres Leibes versunken. Sie wandte den Nacken, um im Spiegel ein kleines braunes Mal aufmerksam zu betrachten, das sie oberhalb der rechten Hüfte hatte; sie berührte es wohlgefällig mit der Fingerspitze. Dann betrachtete sie andere Teile ihres Körpers mit der lasterhaften Neugierde eines Kindes. Dies hatte für sie immer etwas Überraschendes: sie machte die erstaunte Miene eines jungen Mädchens, das seine Reife entdeckt. Sie streckte langsam ihre Arme aus, um den kräftigen Venusrumpf frei hervortreten zu lassen; sie bog die Taille, um sich von vorn und von rückwärts zu beschauen, verweilte länger beim Anblick ihrer runden Brüste, ihrer vollen, schön gebauten Schenkel. Sie schloß damit, daß sie gleich einer tanzenden Almeh sich in den Hüften wiegte.
    Muffat beobachtete sie. Sie flößte ihm Furcht ein. Das Zeitungsblatt war seinen Händen entfallen. In diesem Augenblick, da er so klar sah, mußte er sich selbst verachten. In drei Monaten hatte sie sein Leben vergiftet; er fühlte sich verdorben bis in das Mark seiner Knochen durch Unflätigkeiten, die er nie geahnt hatte. Er sah im Geiste sein Familienleben zerstört, eine ganze gesellschaftliche Stellung in Trümmern ... Dennoch vermochte er die Augen von ihr nicht abzuwenden ... Er zog sich voll mit dem Ekel über ihre Nacktheit ... Nana rührte sich nicht. Einen Arm hinter den Nacken legend und die Hände zusammenschließend lehnte sie das Haupt zurück, während sie die Ellbogen auseinanderstreckte. Er sah so gleichsam nur den Abriß ihrer halbgeschlossenen Augen, ihres halboffenen Mundes, ihres in ein verliebtes Lächeln getauchten Gesichtes, das reiche gelbe Haar, das über ihren Rücken hinabfloß, glich dem Haar einer Löwin. Wie sie zurückgebeugt und mit gespanntem Körper dastand, zeigte sie die kräftigen Lenden und die harte Brust einer Kriegerin, mit starken Muskeln unter der samtweichen Haut. Eine feine Linie, kaum gewellt durch die Schulter und die Hüfte, zog sich vom Ellbogen bis zum Fuße. Muffat folgte diesem zarten Profil, dieser Flucht des blonden Fleisches, das sich in einem goldigen Schimmer badete, diesen Rundungen, über die das Licht einen Widerschein von Seide ausgoß. Er dachte an seinen ehemaligen Abscheu gegen das Weib, an das lüsterne, nach dem wilden Tiere riechende Ungeheuer, von dem die heilige Schrift erzählt. Nana war mit feinen Härchen bedeckt; ein rötlicher Flaum machte ihre Haut zu Samt, während in ihrem Kreuz und ihren Schenkeln eines edlen Rosses, in den fleischigen Anschwellungen mit den tiefen Falten, die dem Geschlecht den sinnverwirrenden Schleier ihres Schattens liehen, etwas Tierisches lag. Es war das goldene Tier, unbewußt wie eine Macht, dessen Geruch allein die Welt verdarb. Muffat schaute noch immer festgebannt, verzaubert, daß, als er die Augen geschlossen hatte, um nicht zu sehen, das Tier aus dem Dunkel wieder auftauchte, größer, furchtbarer, seine Stellung noch übertreibend. Jetzt wird es immer vor seinen Augen, in seinem Fleische bleiben.
    Da hockte sich Nana hin. Ein Liebesschauer schien durch ihre Glieder gefahren zu sein. Mit feuchten Augen duckte sie sich zusammen, wie um sich besser zu spüren. Dann tat sie die Hände auseinander und ließ sie bis zu den Brüsten niedergleiten, die sie mit einem nervösen Druck plattpreßte. Und sich aufrichtend, gleichsam in einer Liebkosung ihres ganzen Körpers aufgehend, rieb sie ihre Wangen rechts und links an ihre Schultern. Ihr lüsterner Mund blies das Begehren über ihren Leib. Sie spitzte die Lippen und küßte ihre Arme in der Gegend der Achselhöhle und lachte dabei über die andere Nana, die sich im Spiegel küßte.
    Muffat seufzte lang und tief. Dieses einsame Vergnügen erbitterte ihn. Die Leidenschaft brach mit Sturmesgewalt in ihm los. In einer Aufwallung von Brutalität faßte er Nana um den Leib und schleuderte sie auf den Teppich.
    Laß mich, sagte sie, du tust mir weh. Das ist grob.
    Er hatte das Bewußtsein seiner Niederlage; er wußte, daß sie dumm, gemein und verlogen war und er verlangte dennoch nach ihr, selbst wenn sie eitel Gift wäre.
    Oh, das ist blöd! rief sie wütend, als er sie endlich aufhob.
    Allmählich besänftigte sie sich wieder. Jetzt werde er vielleicht gehen, dachte sie.
    Sie legte ein mit Spitzen besetztes Nachthemd an und setzte sich vor dem Feuer auf den Boden nieder.

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