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Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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eine fromme Erinnerung gegenwärtig, das herrliche Bild von Schloß Chamont. Deshalb verhielt sie sich, trotz ihrer inneren Wut ganz untertänig am Arme des Grafen, während sie von Schaufenster zu Schaufenster schritten. Draußen trocknete schon das Pflaster; ein frischer, lauer Wind strich unter der glasgedeckten Galerie hindurch und brachte die farbigen Lichter, die Gasflammen, den brennenden Riesenhandschuh, der einem Stück aus einem Feuerwerke glich, zu hellerem Leuchten. Vor der Türe des Restaurants löschte ein Kellner die Lichter aus, während in den hell erleuchteten, aber leeren Läden Mädchen an ihren Zahlpulten mit offenen Augen zu schlafen schienen.
    Sie verließen langsam die Passage; Nana wollte zu Fuß gehen; das tue ihr gut, meinte sie; auch habe sie keine Eile. Vor dem Englischen Kaffee bekam sie Lust, Austern zu essen; sie habe, sagte sie, seit dem Morgen nichts gegessen; weil Ludwig krank sei. Muffat wagte nicht, ihr zu widersprechen. Aber da er sein Verhältnis zu ihr nicht offenkundig machen wollte, verlangte er ein Kabinett und eilte rasch durch den Gang, um dorthin zu gelangen; sie folgte ihm langsam mit der Miene einer Frau, die die Örtlichkeit genau kennt. In dem Augenblicke, als sie eintreten wollten, wurde die Tür des anstoßenden Kabinetts, aus dem lauter Jubel und Gelächter hörbar wurde, plötzlich geöffnet, und Daguenet trat heraus.
    Schau. Nana ...
    Der Graf huschte rasch ins Kabinett, dessen Tür angelehnt blieb. Daguenet blinzelte mit den Augen und bemerkte zu Nana:
    Du machst Fortschritte, meine Liebe; wie es scheint, holst du dir die Herren aus den Tuilerien.
    Nana lächelte und legte den Finger an die Lippen.
    Wie geht es dir? fragte sie ihn dann freundschaftlich.

    Ich werde vernünftig und trage mich mit Heiratsgedanken.
    Sie zuckte mitleidig die Achseln. Er blieb jedoch bei diesem Thema und meinte, er sei dieses Leben satt, bei dem er auf der Börse just soviel gewinne, um hier und da einem Mädchen einen Strauß kaufen zu können. Er wolle ehrbar werden, eine reiche Ehe eingehen und als Präfekt enden wie sein Vater.
    Nana lächelte noch immer ungläubig. Sie zeigte nach dem Kabinett, aus dem Daguenet gekommen war und fragte:
    Mit wem bist du da?
    Oh, eine ganze Bande, sagte er. Denke dir, Lea erzählte ihre ägyptischen Reiseabenteuer. Es ist höchst drollig. Unter andern eine Badegeschichte ...
    Er erzählte die Badegeschichte, die Nana wohlgefällig anhörte. Sie standen einander gegenüber, an die Wand gelehnt. Von der niedrigen Decke hingen Gaslaternenarme herab; ein wüster Speisengeruch erfüllte den Gang. Von Zeit zu Zeit, wenn das Geräusch in dem Kabinett gar zu laut wurde, neigten sie sich vor, um einander besser zu hören. Jeden Augenblick wurden sie durch Speisen tragende Kellner gestört; das kümmerte sie aber nicht; sie setzten ruhig ihr Gespräch fort, als ob sie zu Hause wären.
    Schau einmal, sagte Daguenet, indem er auf die Tür des Kabinetts wies, in dem Muffat sich befand.
    Beide blickten hin. Die Tür schwankte kaum merklich, als ob ein Hauch sie bewegen würde, dann wurde sie sehr langsam und völlig geräuschlos zugemacht. Sie tauschten ein stummes Lächeln.
    Beiläufig, fragte Nana, hast du den Artikel gelesen, den Fauchery über mich geschrieben?
    Ja, » die goldene Fliege, « entgegnete Daguenet; ich wollte dir nichts davon sagen, um dir keinen Kummer zu verursachen.
    Kummer, weshalb denn? Der Artikel ist sehr lang.
    Es schmeichelte ihr, daß man sich am » Figaro « mit ihr beschäftigte. Ohne die Erläuterungen ihres Friseurs Francis, der ihr das Blatt gebracht, hätte sie gar nicht gewußt, daß es sich in dem Artikel um ihre Person handle.
    Erlauben ... schrie ein Kellner, indem er eine Schüssel Gefrornes tragend, sich zwischen beiden hindurchdrängte.
    Nana wandte sich dem kleinen Salon zu, in dem Graf Muffat wartete.
    Lebe wohl, sagte Daguenet; geh- zu deinem Hahnrei hinein.
    Sie blieb stehen und fragte:
    Warum nennst du ihn einen Hahnrei?
    Weil er es ist.
    Ach! sagte sie höchlich erstaunt, indem sie sich wieder an die Wand lehnte.
    Wie, du wußtest das nicht? Seine Frau hält es mit Fauchery ... Das Verhältnis muß schon in Fondettes begonnen haben. Ich habe vorhin Fauchery getroffen; ich vermute, daß er zu einem Stelldichein mit der Gräfin eilte, die heute irgendeine Reise vorgeschützt hat.
    Nana stand stumm und bewegt da.
    Ich dachte mir's, sagte sie endlich und schlug sich auf die Schenkel. Ich sah sie nur flüchtig neulich

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