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Naokos Laecheln

Naokos Laecheln

Titel: Naokos Laecheln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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gemacht.«
    »Also, auf meiner Schule«, sagte Midori und kratzte sich mit dem kleinen Finger im Augenwinkel, »waren nur Mädchen aus besseren Kreisen. Fast tausend höhere Töchter mit guten Noten. Nur reiche Mädchen. Anders ging es auch nicht. Das Schulgeld ist unheimlich hoch, außerdem müssen die Eltern auch noch dauernd etwas spenden. Auf Klassenfahrt nach Kyotō zum Beispiel brachten sie uns in erstklassigen Hotels unter, in denen Spezialitäten auf Lacktabletts serviert werden, und einmal im Jahr gingen wir ins Hotel Okura essen, um unsere Tischmanieren zu trainieren. Das ist doch nicht normal. Von hundertsechzig Mädchen in meinem Jahrgang war ich die einzige, die in Toshima wohnte. Einmal hab ich im Schulregister nachgeguckt, wo die andern wohnten. Kaum zu glauben. Ausnahmslos alle wohnten in Villenvierteln. Nur ein Mädchen kam vom Land – aus Chiba. Mit ihr habe ich mich ein bißchen angefreundet. Ein sehr nettes Mädchen. Sie lud mich zu sich nach Hause ein und entschuldigte sich gleich dafür, daß es so weit sei. Kein Problem, sagte ich, und bin hingefahren. Ich war sprachlos – ein riesiges Grundstück, man brauchte eine Viertelstunde, um einmal drumherum zu gehen. Sie hatten einen phantastischen Garten und zwei Hunde in der Größe von Kleinwagen, die kiloweise Rindfleisch vertilgten. Und trotzdem schämte sich das Mädchen vor den anderen, weil es in Chiba wohnte. Ein Mädchen, das, wenn es spät dran war, mit dem Mercedes in die Schule gefahren wurde! Von einem Chauffeur wie aus ›The Green Hornet‹, mit Mütze und weißen Handschuhen. Und so ein Mädchen schämte sich. Unglaublich, oder? Ist das zu fassen?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Ich war die einzige an der ganzen Schule, die aus Kita-Ōtsuka in Toshima kam. Unter ›Beruf des Vaters‹ stand bei mir ›Buchhändler‹. Alle in meiner Klasse fanden das sensationell. Toll, du kannst alles lesen, was du willst. Die dachten allen Ernstes, wir hätten eine riesige Buchhandlung, so wie Kinokuniya. Sie hätten sich nie vorstellen können, wie mickrig unser Laden ist. Die Buchhandlung Kobayashi. Die armselige Buchhandlung Kobayashi. Die Tür quietscht, wenn man sie öffnet, und dann sieht man erst mal nur Zeitschriften. Am besten verkaufen sich Frauenblätter mit den neusten sexuellen Praktiken: ›Das Diagramm der 48 Stellungen‹ als Sonderbeilage. Die Hausfrauen aus der Nachbarschaft kaufen das Zeug und verschlingen es zu Hause am Küchentisch, und wenn der Mann heimkommt, wird ausprobiert. Ziemlich stark. Ob die Hausfrauen den ganzen Tag nur so was im Kopf haben? Und dann die Comic-Hefte. Und natürlich die Wochenblätter. Jedenfalls verkaufen wir vor allem Zeitschriften. Ein paar Bücher führen wir auch, aber nichts Besonderes. Gruselromane, Historienschinken, Liebesromane, so was eben. Und Handbücher: Wie man im Go gewinnt – Bonsaizucht – Hochzeitsreden – was Sie schon immer über Sex wissen wollten – Nichtrauchen leicht gemacht. Außerdem handeln wir mit Schreibwaren. An der Kasse gibt es Kugelschreiber, Bleistifte und Hefte. Das ist alles. Kein Krieg und Frieden und keine Persönliche Erfahrung von Kenzaburō Ōe, kein Fänger im Roggen. Das ist die Buchhandlung Kobayashi. Beneidenswert, was? Beneidest du mich?«
    »Ich sehe alles genau vor mir.«
    »Na, du weißt schon, so ein Laden eben. Alle Nachbarn kaufen ihre Bücher bei uns, wir liefern auch aus. Die meisten sind alte Stammkunden. Die Einnahmen reichen gerade so für eine vierköpfige Familie, wenn zwei Töchter studieren. Wir haben keine Schulden, aber das ist auch schon das höchste der Gefühle. Mehr ist nicht drin. Deshalb hätten sie mich auch nicht auf so eine Schule schicken sollen. Das hat nur Ärger gebracht. Jedesmal, wenn eine Spende fällig war, meckerten meine Eltern, und ich schlotterte dauernd vor Angst, daß mein Geld nicht reichen würde, wenn ich mit meinen Klassenkameradinnen in ein teures Restaurant ging. Das ist doch ein trauriges Dasein. Sind deine Eltern reich?«
    »Nein, meine Eltern sind ganz normale Leute, die arbeiten; weder reich noch arm. Ich weiß, es ist nicht einfach für sie, mich an einer Privatuniversität studieren zu lassen, aber weil ich der einzige bin, geht es. Sie geben mir nicht viel, deshalb jobbe ich nebenher. Wir wohnen in einem Nullachtfünfzehnhaus, mit kleinem Garten und haben einen Toyota Corolla.«
    »Wo arbeitest du denn?«
    »Drei Abende in der Woche in einem Plattenladen in Shinjuku. Ein ziemlich leichter Job. Ich

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