Naomi & Ely - die Freundschaft, die Liebe und alles dazwischen
deiner Nähe nicht mehr aushält. Stinktier.
»Weißnicht«, sagt Gabriel achselzuckend.
Weißnicht? Weißnicht! Dieser Bruce weiß sehr wohl. Fall klar und eindeutig gelöst: Gabriel der Nachtportier, du bist hiermit als Hetero geoutet. Ey, lass noch ’n Bier rüberwachsen, Kumpel. ’n kühles blondes, haha. Am besten eins, das von einem Lederhosen-Girl gebracht wird, deren Brüste aus der Bluse herausquellen, während sie die Maßkrüge stemmt. Yeah.
Naomi würde als Lederhosen-Girl umwerfend aussehen. Ich wette, sie würde darunter kein Höschen tragen.
Das Hündchen bellt auf meinem Schoß, und glaubt mir, mein Schoß freut sich über diese Ablenkung. Mit ihrem Schwanzwedeln und ihrem welpenhaften Jaulen macht Zuckertörtchen uns auf die Eingangstür aufmerksam, wo eine neue Person eingetroffen ist. Wir blicken alle hoch, um den Grund für die Störung zu erfahren.
Bruce der Zweite steht in der Halle. Er sieht so todmüde aus, wie ich mich niemals fühlen werde. Fix und fertig. Oder vielleicht will ich auch nur, dass er so aussieht. In Wirklichkeit ist er einfach nur Bruce der Zweite, derselbe wie immer, der einzige Unterschied zu sonst ist vielleicht, dass er nicht blödsinnig herumgrinst, sondern verwirrt aussieht. Gabriel der Nachtportier fragt ihn: »Zu wem willst du?«
Es muss da irgendwelche psychischen Schwingungen zwischen Zuckertörtchen und mir geben, denn ich bin mir sicher, dass ihr fortgesetztes Bellen ein geheimer Code ist, ein Hinweis an mich: »Pass auf, Papi, da drüben. Hast du noch nicht gemerkt, was da läuft?«
»Ähm, weiß ich nicht so genau«, sagt Bruce der Zweite und fingert nervös an seinem Handy herum.
Entschuldigung? Alle hier wissen, dass Naomis Mom spätestens um elf Uhr abends hinüber ist - und Gnade dir Gott, wenn dir eine in Scheidung lebende, auf Antidepressiva gesetzte Frau die Wohnungstür öffnet, weil sie von der Türglocke oder dem Klingeln des Handys ihrer Tochter aus dem Schlafkoma gerissen wurde. Ein Höllentrip. Aber wenn nicht zu Naomi, zu wem sonst könnte der andere Bruce denn wollen?
Ich werde ganz bestimmt nicht einschlafen, bis ich nicht herausgefunden habe, was hier los ist.
Ely
SCHLÜSSELERLEBNIS
Es ist acht Minuten nach Mitternacht und ich sehe echt scharf aus. Zumindest sollte ich scharf aussehen, weil ich schließlich eine ganze Stunde an meinem Look gearbeitet habe. Oder wie Naomi in solchen Fällen immer sagt: »Hey Mann, am liebsten würd ich’s mit mir selbst machen.« - »Ist auch besser, wenn du es dir selber machst, Schätzchen«, antworte ich ihr dann, »denn ich werd’s dir nicht machen.« Sie liebt das. Wirklich, sie liebt das.
Es klingelt an der Tür, und ich kann’s nicht glauben, dass diese Ische von allen Nächten dieser Welt ausgerechnet heute nur acht Minuten zu spät dran ist. Wenn ich gewusst hätte, dass sie so-früh-zu-spät sein würde, hätte ich halb eins zu ihr gesagt. Doch dann dämmert mir: Sie wird sich wahrscheinlich von mir was ausleihen wollen. Nie und immer ist Naomi vor ein Uhr fertig.
Ich mach die Tür auf und Bruce der Zweite steht davor.
»Ich war grade zufällig in der Gegend«, sagt er.
»Nein, warst du nicht«, sage ich, nur so als Witz.
Er schaut verlegen runter auf seine Füße.
Scheiße.
»Okay. Aber ich freu mich, dass du nicht zufällig hier in der Gegend warst«, sage ich. »Komm rein.«
Ich hab so eine Vorahnung, dass Naomi jeden Augenblick aus ihrer Wohnung rauskommen wird, und dieses Zusammentreffen will ich verhindern.
Sie hat die Neuigkeit gar nicht so übel aufgenommen. Ich sagte: »Hey, ich hab Bruce den Zweiten geküsst.« Und darauf sie: »Mmmh, auch egal.« Dann sagte sie noch: »Ich hoffe, du hast mit ihm mehr Spaß gehabt als ich.«
Und ich hab daraufhin die Klappe gehalten. Ich sagte nicht: »Ja, ich glaube, das hab ich.« Ich hab ihr nur erklärt, dass sie ihn nicht auf die No Kiss List gesetzt hatte.
Darauf sagte sie: »Deine Oma hab ich auch nicht draufgesetzt. Manche Sachen sind einfach sonnenklar. Und Bruce der Zweite ist nicht gerade dein Typ.«
Ich hab ihr geantwortet, dass sie da recht hätte. Denn sie hatte recht. Sie hat immer noch recht. Er ist überhaupt nicht mein Typ.
Obwohl ich sagen muss, dass mein Typ sich in der letzten Zeit immer mehr als der absolute Flop herausgestellt hat.
Wenn ihr die Wahrheit wissen wollt, es ist die blöde Zeitschrift Seventeen, die mich total fix und fertig macht. Naomi und mich, uns beide. Wir beantworten die Psycho-Tests dort
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