Naomi & Ely - die Freundschaft, die Liebe und alles dazwischen
es nicht nötig, in ihrem ersten Jahr an der Uni völlig auszuflippen. Sie war mitten im Village aufgewachsen. Solche Verrücktheiten waren für sie viel zu abgedroschen. Ganz schlechter Stil. Das hatte sie schon lange hinter sich. Alles schon gesehen, alles schon erlebt. Da bin ich mir ziemlich sicher.
Aber genau deswegen habe ich auch Mitleid mit ihr. Naomi ist so sehr das Großstadtgirl, so cool und so taff, dass sie sich niemals erlauben wird zu heulen, auch wenn ihr danach ist. Stattdessen räkelt sie sich hier auf dem abgewetzten Sofa in der Lounge und leckt an einer Kugel Jamoca-Almond-Fudge-Ice-Cream mit einem Hündchen namens Zuckertörtchen oder Zuckerstückchen, so genau hab ich das nicht mitgekriegt, auf dem Bauch, das dort sein allem Anschein nach wohlverdientes Nickerchen macht. Auf einem Bauch, der von Naomis mühsam unterdrückten Schluchzern vibriert, oder vielleicht wirkt das nur so, weil das Hündchen so stark zittert. Naomi starrt ausdruckslos zur Decke, während ihr neuester Anhang, der auf »Bruce der Erste« hört, ihr auf einem Stuhl gegenübersitzt und immer wieder beteuert, dass an dem Streit Ely schuld war. Bruce hat in der einen Hand eine Eistüte mit einer Kugel Pink Bubblegum und in der anderen die Fernbedienung, mit der er zwischen der ewigen Sportberichterstattung auf ESPN und der nächtlichen Wiederholung einer Folge der »Dr.-Phil-Show« hin und her zappt. Und jedes Mal wenn der Name Ely fällt, fängt seine linke Gesichtshälfte unkontrolliert zu zucken an.
Herrlich. Ich liebe New York.
»Bedeutet das also, dass du und der andere Bruce offiziell miteinander Schluss gemacht habt?«, frage ich Naomi. Dieser Junge war einfach zu nett und zu langweilig für ein Mädchen wie Naomi. Sie spielt in einer ganz anderen Liga. Aber interessant, dass er der Typ zu sein scheint, auf den sie steht. Wahrscheinlich ist das so, wenn der einzige Junge, den man wirklich haben will, auch der einzige Junge ist, der einen ganz bestimmt nicht haben will.
Ich halte mich nicht lange mit Dates auf. Zugegeben, da gibt es das kleine Problem, dass sich niemand mit mir zu einem Date verabreden will. Aber ich habe beschlossen, dass dieses Problem für mich kein Problem darstellt. Sondern die Lösung. Die Velmas auf dieser Welt machen kein Praktikum bei CNN, hoffen darauf, an der Journalistenschule der Columbia University angenommen zu werden, nachdem sie einen ausgezeichneten Abschluss an der NYU gemacht haben, und gewinnen danach den Pulitzerpreis, während sie gleichzeitig in ihren Beziehungsdramen feststecken. Das ist das Problem der Daphnes auf dieser Welt. Daphne, du Flittchen, du kannst noch nicht mal einen verdammten Van fahren.
»Ich glaub schon«, murmelt Naomi. Sie presst die Kiefer aufeinander, um einen großen Schluchzer zu ersticken, und ich möchte am liebsten ihre Hand nehmen und ihr sagen, dass alles gut wird, aber ihre Hände sind mit der Eistüte und dem Hund beschäftigt, und ehrlich gesagt glaube ich auch nicht, dass zwischen ihr und Ely alles gut wird. »Definitiv«, fügt sie hinzu. »Na klar. Bruce der Zweite ist Geschichte.« Eine unfreiwillige Träne läuft ihr übers Gesicht, und ich weiß, dass diese Träne auf den Namen »Ely« hört und nicht auf »Bruce der Zweite«.
»Hey, Bruce der Erste«, sage ich, was aus meinem Mund ziemlich komisch klingt. Niemand in Schenectady hat jemals einen anderen mit einem solchen Namen gerufen. Zumindest nicht in meiner Straße. Ich bin überglücklich, dass ich dieses Wochenende nicht nach Hause gefahren bin, auch wenn ich Moms Lasagne und Dads stolzes Jammern über meine Ausbildungskosten vermisse. »Ich bin Robin, und habe zufällig einen Filmstudenten kennengelernt, der auch Robin heißt. Ist das nicht sagenhaft?«
»Sagenhaft?«, fragt er mich. »Sagenhaft? Wo kommst du denn her?«
»Schenectady!«
»Krass!«, sagt er.
Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich grob gemeint ist oder ob er nur nicht mag, wenn seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes als Naomi gelenkt wird. Ich bin mir aber sicher, dass sein Tonfall für einen Jungen, der noch zur Schule geht und mitten in der Nacht in einem NYU-Studentenwohnheim herumhängt, ganz schön überheblich ist, selbst wenn es sich um einen Schuljungen handelt, der in Greenwich Village aufgewachsen ist.
»Lass uns allein«, sagt Naomi zu Bruce dem Ersten. Im Befehlston.
So viel zu seiner Überheblichkeit. Bruce der Erste springt auf und schnappt sich den Hund.
»Also dann - ich glaub, jetzt kann
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