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Naomi & Ely - die Freundschaft, die Liebe und alles dazwischen

Naomi & Ely - die Freundschaft, die Liebe und alles dazwischen

Titel: Naomi & Ely - die Freundschaft, die Liebe und alles dazwischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Cohn
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stecken.
    »Nichts«, sagt er. »Vertrau mir.«
    Ich schließe die Augen. Ich spüre, wie er einen Schritt zurückgeht. Dann spüre ich wieder seine Nähe. Etwas streicht über meine Wange.
    Wimpern. Seine Wimpern. Die sich zu meinen Wimpern vorarbeiten.
    »Vorsichtig«, flüstert er. »Sonst verschmier ich noch alles.«
    Und ich flüstere: »Heiliges Gemächt.«
    Das Lilith-Fair-Spektakel findet an der Lower East Side statt, in einem Club, von dem ich mir nicht sicher bin, ob ich da reingelassen werde.
    »Ich hab keinen Ausweis dabei«, sage ich zu Ely.
    »Wenn der Türsteher Ärger macht, zeig ich ihm einfach meinen Schwanz«, antwortet Ely.
    Das beruhigt mich nicht gerade.
    Und noch schlimmer wird es, als wir hinkommen und eine lange Schlange von hüftschmalen Hipstern, Hof haltenden Drag Queens, hoffnungsvollen Go-go-Jungs und den schwulen Lieblingen der Woche vor dem Club anstehen.
    »Heute wollen wirklich alle rein«, murmelt Ely.
    Wie Ely da plötzlich inmitten einer Menge steht, die noch nie etwas von ihm gehört hat - irgendwie ist das rührend. Er muss warten wie alle anderen.
    »Einmal«, sagt Ely, und ich warte gespannt darauf, was er jetzt sagt. Er spricht den verbrannten Namen aus. »Da hatten Naomi und ich beschlossen, zur >Night of a Thousand Stevies< zu gehen. Wir wollten uns die ganzen Mädchen und Jungs angucken, die sich als Stevie Nicks verkleidet hatten. Und was macht Naomi? Findet es lustig, als Stevie Wonder zu gehen. Da war eine Drag Queen, die hätte sie am liebsten mit ihrem Seidenschal stranguliert. Das waren Zeiten.«
    Er hat nicht nur ihren Namen genannt, er hat ihn auch mit einer angenehmen Erinnerung verknüpft. Das lässt mich hoffen, aber ich will da nicht reinpfuschen, deshalb sage ich nichts.
    Die Schlange bewegt sich langsam vorwärts, und ein paar Leute, die vor uns waren, gehen in umgekehrter Richtung an uns vorbei - was heißt: Der Türsteher macht eine harte Tür. Es kommen nicht alle an ihm vorbei.
    Nie werde ich diese Hürde nehmen können. Nie und nimmer.
    Doch nicht mal dazu kann ich wirklich was sagen. Ich bin noch nie in meinem Leben von einem Türsteher abgewiesen worden. Schlichtweg deshalb nicht, weil ich mich noch nie in eine Situation gebracht habe, in der ich von einem Türsteher hätte abgewiesen werden können. Man kann ziemlich einfach durchs Leben kommen, indem man Orte mit Türstehern einfach meidet, oder? Vor Supermärkten oder Bibliotheken stehen sie jedenfalls nicht.
    »Wie heißt der Laden hier überhaupt?«, frage ich.
    »Keine Ahnung«, antwortet Ely »Das ändert sich jede Nacht.«
    Ich möchte wetten, dass der Name ein besonders anspruchsvoll klingendes Substantiv ist, vielleicht auch ein Fremdwort - solche angesagten Clubs mit Türstehern in NYC haben immer anspruchsvoll klingende Namen, die immer im Singular und nie im Genitiv sind. Ähnlich wie Parfüms. Ich habe etwas Obsession aufgelegt, um dann downtown ins Fugue zu gehen. Oder: Ich habe auf mein Handgelenk etwas Héritage gesprüht und dann waren wir im Heathen, dann im Backwash, dann im Striation und ganz am Schluss noch im End.
    Wenn ich jemals einen Club eröffnen sollte, dann werde ich ihn Inquisition nennen.
    So einen Typen wie den Türsteher bekomme ich in meinem Rechnungswesenkurs bestimmt niemals zu sehen. Ein Kerl wie ein Traktor, und was er anhat, sieht wie eine aufblasbare Ganzkörperhülle aus Fallschirmseide aus. Ely lacht, als er ihn sieht, aber ich kapier den Witz wohl nicht. Und es kommt noch schlimmer, als wir schließlich in der Schlange ganz vorne stehen und der Türsteher mich anguckt und fragt: »Wer bin ich?«
    Kennen wir uns etwa?, will ich gerade stammeln, da mischt Ely sich ein und sagt: »Du bist Missy Elliott! Das schwarze Girl bei Lilith Fair! Auf der zweiten Tournee.«
    Das scheint ganz klar die richtige Antwort zu sein, aber der Türsteher verweigert mir die Belohnung.
    »Dich hab ich nicht gefragt«, sagt er zu Ely. »Du kannst rein, er bleibt draußen.«
    Die Szene hat etwas Demütigendes. Ich weiß, dass Ely reinkommt, weil er sexy ist, und dass ich draußen bleiben muss, weil ich es nicht bin - egal ob man Missy Elliott kennt oder nicht.
    »Aaaaach, komm schon... bittebittebitte!«, sagt Ely und klimpert mit den Wimpern.
    Der Türsteher schüttelt den Kopf und guckt weiter zu dem Jungen hinter mir, der seine Haare in kleine Zöpfchen geflochten hat.
    »Ich zeig dir auch meinen Schwanz!«, sagt Ely im Spaß.
    Woraufhin der Türsteher grinst und eine Augenbraue

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