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Naomi & Ely - die Freundschaft, die Liebe und alles dazwischen

Naomi & Ely - die Freundschaft, die Liebe und alles dazwischen

Titel: Naomi & Ely - die Freundschaft, die Liebe und alles dazwischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Cohn
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bevor Ely dann gegangen ist, damit ich meinen Lernschlaf bekomme. Ich bin auch heute wieder wahnsinnig müde, aber ich will es. Als er mich vorhin zur Begrüßung geküsst hat, und das fünfzehn Minuten lang, hat es sich für mich so angefühlt, als würden wir gleich... Aber dann, als es an die Kleidung und an den Reißverschluss ging, wurde er nervös. Und obwohl ich weiß, dass es deswegen ist, weil wir gleich ausgehen wollen, und dass es deswegen ist, weil er wahrscheinlich eine Stunde mit seinem Outfit zugebracht hat, und dass ich die Nacht bei ihm verbringen werde und wir später noch genug Zeit dafür haben werden, kann ich nicht anders: Ich fühle mich unsexy. Ich meine, sollte ich nicht der Ängstliche und Zögerliche von uns beiden sein? Ich bin doch hier der schwule Novize, oder nicht? Und dann fängt er auch noch an, von diesen ganzen Drag Queens zu reden, als wären das alles seine besten Freunde, und ich fühle mich nicht nur unsexy, sondern auch total uncool. Und unvorbereitet. Und unfähig. Und unsicher. Oh Mann, wirklich, ein Un-Wort reicht und schon purzeln alle anderen Un-Wörter hinterher. Ein Dammbruch.
    »Das wird total lustig«, sagt Ely. Das ist seine Art, mir zu sagen: Hey, komm. Probier’s. Ich hör das oft von ihm. Ob er nun will, dass ich das erste Mal indisches Essen probiere (mein Urteil: total lustig), mit ihm einen Schwarz-Weiß-Film mit Untertiteln angucke, in dem es um das langsame, seeeehr, seeeeehr langsame Zerbrechen einer Ehe geht (mein Urteil: total unlustig), oder ob ich ihm Schlagsahne von der Brust lecken soll (total lecker).
    Es ist so vorhersehbar, sein »Das wird total lustig«. Und meine Reaktion ist genauso vorhersehbar, denn wie immer spiel ich mit. Ich geh drauf ein.
    »Was ist Lilith Fair?«, frage ich. »Ein Tummelplatz für Hexen? Klingt nach einer Veranstaltung, auf der Lesben in Renaissancekostümen herumlaufen.«
    »Ziemlich nah dran«, sagt Ely. »Das war eine Frauen-Konzerttournee in den Neunzigern. Sarah McLachlan hat sie organisiert, weil man ihr immer wieder erklärt hatte, kein Mensch würde mehr als eine Musikerin auf der Bühne sehen wollen. Nur Frauen, das würde nicht laufen. Damit könnte man keine Kohle machen. Tja, damit wurden dann Millionen gemacht.«
    »Ist das okay, was ich anhabe?«, fragt mein uncooles, unvorbereitetes, unfähiges, unsicheres Ich.
    Die meisten Boyfriends würden an dieser Stelle nur mit den Schultern zucken und sagen: Passt schon! An einem guten Tag würden sie vielleicht sogar sagen: Schaut gut aus. Aber der Vorteil und der Nachteil bei Ely ist, dass er dir immer die Wahrheit sagt. Direkt ins Gesicht. Deshalb krieg ich statt einem »Na klar, bleib so, wie du bist« ein »Willst du dir von mir das Penguin-Hemd ausleihen? Das würde an dir super aussehen« zurück.
    Natürlich muss ich gleich an Pinguine denken. Himmel, hilf. Wenn er mir jetzt ein schwarzes Hemd mit einem wei-βen Brusteinsatz bringt, in dem ich... wie ein watschelnder Pinguin aussehe? Aber zum Glück ist Penguin eine Marke. Er gibt mir ein Hemd, das in fünf verschiedenen Grüntönen gemustert ist. Erinnert mich an einen Psychologie-Test. Normalerweise mag ich Grün, aber so viel grünes Muster auf einmal? Ich weiß nicht.
    Ely kichert. »Du wirkst leicht geschockt«, sagt er. »Lass es uns mit Schwarz probieren.«
    Ich mag es, wie locker er mit seinen Sachen umgeht. Ich habe nie die Kleidung von anderen getragen. Und niemand hat jemals irgendwas von mir anziehen wollen.
    »Mit Schwarz liegst du nie falsch.« Das hat Naomi immer gesagt. Und jetzt sagt Ely genau dasselbe zu mir. Ich frag mich, wer da von wem gelernt hat. Oder ob sie es beide gleichzeitig gelernt haben, im NYC-Cool-Kid-Kurs, den ich leider verpasst habe.
    Sein Hemd ist mir viel zu eng, aber das scheint er nicht zu bemerken.
    »Ich fühl mich nackt«, sag ich. Meine Brustwarzen zeichnen sich durch den Stoff ab.
    »Hier«, sagt Ely und kommt mit seiner Wimperntusche näher, »damit fühlst du dich besser.«
    Ich mache einen Schritt zurück. »Ich glaub, auf die Wimperntusche verzichte ich«, sage ich.
    Ely grinst. »Eyeliner«, erklärt er mir. »Nicht Wimperntusche. Eyeliner.«
    »Ich mag meine natürlichen Linien«, sage ich.
    »Ich mag deine natürlichen Linien auch.«
    Er macht ein großes Theater daraus, den Stift hinzulegen, dann kommt er auf mich zu und umarmt mich.
    »Schließ die Augen«, sagt er.
    »Was hast du vor?«, frage ich. Vielleicht hat er einen Lippenstift in der Hosentasche

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