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Narben

Narben

Titel: Narben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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lieber sofort. Ich bin wirklich sehr müde und will nur noch ins Bett.«

7
    Am nächsten Tag um fünf bekam ich einen Anruf von Phil Austerlitz.
    »Sie ist kerngesund. Der gesündeste Mensch, den ich seit langem zu Gesicht bekommen habe, bis auf die Nerven. Doch der Blutdruck ist trotzdem in Ordnung. Ich wünschte, meiner wäre so gut.«
    »Was halten Sie von ihr?«
    »Sie ist sehr ängstlich. Sie zuckt zusammen, wenn man sie anfaßt, und wollte genau wissen, was ich mit ihr machen würde, wann, wie und warum. Darf ich raten? - Sie ist sexuell extrem gehemmt. Ist sie deshalb zu Ihnen gekommen?«
    »Ihr Liebesleben ist im Moment nicht das Problem, Phil.«
    »Wirklich nicht? Was sind Sie nur für ein seltsamer Therapeut, Alex?«
    Den nächsten und übernächsten Tag hörte ich nichts von ihr. Der Mord in Santa Ana machte keine Schlagzeilen. Das Opfer war eine einundzwanzigjährige, heroinsüchtige Prostituierte namens Shannon Dykstra.
    Abends um sieben briet ich zwei Steaks, machte einen Salat und setzte mich mit Ruth zu Tisch. Als wir mit dem Essen fertig waren, sagte Ruth: »Wenn du nichts Besonderes vorhast, würde ich gern noch ein bißchen arbeiten. Ich verbringe so viel Zeit mit den Bauarbeitern, daß ich kaum noch in meine Werkstatt komme.«
    »Soll ich dir eine Schicht abnehmen?«
    »Nein, Liebling, aber es wäre gut, wenn ich abends ein wenig aufholen könnte.«
    Kurz nach neun rief Milo an. Ich fragte ihn, ob er mit dem Dykstra-Fall zu tun hätte.
    »Nicht direkt. Die Kollegen in Santa Ana haben mich angerufen, um Notizen zu vergleichen, und morgen kommen sie zu mir, um die Schwandt-Akte einzusehen.«
    »Sind die Ähnlichkeiten so groß?«
    »Fast identisch, leider. Die Position der Leiche, die Art der Wunden, der Kopf abgetrennt und lose auf den Rumpf gesetzt, Exkremente über den ganzen Körper verteilt und in die Wunden geschmiert. Aber das alles ist in der Verhandlung zur Sprache gekommen. Jeder Idiot kann es nachmachen.«
    »Ein zweites Ungeheuer.«
    »Wahrscheinlich. Die Presse hat aus Schwandt eine Berühmtheit gemacht, und jetzt hat sie ihr Ungeheuer Nummer zwei. Ich bin jedenfalls froh, daß ich den Fall nicht zu bearbeiten habe. Da sind mir die altmodischen Raubüberfälle lieber. - Wie geht’s denn Miss Lucy?«
    Ich räusperte mich.
    »Ich weiß, ich weiß«, sagte er schnell, »du kannst nicht in Einzelheiten gehen. Mich interessiert nur, ob es ihr allgemein gutgeht, weil sie heute viermal in meinem Büro angerufen und Nachrichten hinterlassen hat. Ich rief sie zurück, bekam aber nur eine Antwortmaschine mit einer müden Männerstimme zu hören.«
    »Das ist ihr Bruder. Ich habe seit zwei Tagen nichts mehr von ihr gehört. Wann hat sie bei dir angerufen?«
    »Heute morgen. Ich dachte, es gäbe vielleicht ein Problem. Kommt sie noch zu dir? - Nein, vergiß es, selbst das darfst du mir nicht sagen, stimmt’s?«
    »Laß es mich so ausdrücken, Milo: Wenn ein Patient eine akute Gefahr für sich selbst oder andere darstellt, dann bin ich verpflichtet, das der Polizei und/oder entsprechenden ärztlichen Stellen mitzuteilen. Das habe ich bis jetzt nicht getan.«
    »Verstehe. Ich werde also morgen noch mal versuchen, sie zu erreichen. Und wie sieht es bei euch aus?«
    »Ich kann nicht klagen. Wie geht es Rick?« Rick war der Chirurg, mit dem Milo zusammenlebte.
    »Der schnippelt und näht lustig vor sich hin. Bei unseren Terminplänen sehen wir nicht viel voneinander. Wir reden seit Ewigkeiten von Urlaub, aber keiner von uns will ernsthafte Pläne machen.«
    »Typisch. Mann will sich eben nicht festlegen.«
    »Nonsens. Ich bin total festgelegt, das kannst du mir glauben.«
    Freitag morgen kam ihr Anruf. »Hätten Sie heute Zeit für mich?«
    »Nach der Arbeit?«
    »Ich kann kommen, wann es Ihnen paßt. Ich bin zu Hause.«
    »Krank?«
    »Nein. Ich bin nicht mehr im Büro gewesen seit dem… Sturz. Dr. Austerlitz war übrigens sehr nett. Er sagt, es ist alles in Ordnung.«
    »Ich weiß. Ich habe mit ihm gesprochen. Wie haben sie die letzten beiden Nächte geschlafen?«
    »Ganz gut, eigentlich - keine Träume, und ich bin immer im Bett aufgewacht. Vielleicht ist es nun vorüber.«
    Ich rief mir unser letztes Treffen in Erinnerung: viele Fragen, keine Antwort. »Haben Sie Detective Sturgis noch erreicht?«
    »Hat er Ihnen erzählt, daß ich ihn angerufen habe?«
    »Ja, gestern abend. Er wollte wissen, ob es dringend sein könnte. Er sagte, er hätte Sie nicht erreichen können.«
    »Sie sind eng

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