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Narben

Narben

Titel: Narben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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mich, ob ich mit einem Freund von ihm schlafen könnte. Es gefiel mir nicht, aber ich stimmte zu, und am Ende war es nicht so schlimm, wie ich gedacht hatte. Der Freund war nett.«
    Sie hatte Tränen in den Augen.
    »Und Raymond war so stolz auf mich. Er sagte, wie sehr ich ihm meine Liebe zeigte und daß er mich auch liebte. Eine Woche später brachte er einen anderen Freund mit. Die Männer kamen zu mir . Ich fühlte mich, als wäre ich beliebt.« Sie lachte bitter. »Jetzt kennen Sie also meine sündige Vergangenheit. Zehn Wochen Sklaverei und Todsünde, dann zog ich nach Belding. Raymond fand eine andere Idiotin.«
    Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht und zwang sich, mich anzusehen. »Seitdem bin ich mit keinem Mann mehr zusammengewesen. Meinen Sie, ich bin immer noch zu schmutzig für Ihren Freund?«
    »Es war mutig von Ihnen, mir davon zu erzählen.«
    »Haben Sie keine Sorge, ich habe nichts Schlimmes mit ihm vor. Wenn ich sage, ich finde ihn attraktiv, dann meine ich das anders. Er ist so nett und solide. Ich muß ihm sagen, was ich für ihn empfinde. Hätten Sie etwas dagegen?«
    »Sie brauchen meine Erlaubnis nicht, Lucy.« Ich dachte an die Komplikationen, die uns bevorstanden.
    Sie starrte mich an. »Sie haben etwas dagegen, nicht wahr? - Es war ein großer Fehler, Ihnen davon zu erzählen.«
    »Lucy, das ist es nicht.«
    »Ich hätte es wissen sollen«, sagte sie leise, »Sie haben ein Recht auf Ihre Meinung. Wenn ich Ihnen erzähle, ich war eine Hure, dann ist es nur natürlich, daß Sie mich von Ihrem Freund fernhalten wollen.«
    »Damit hat es nichts zu tun.«
    »Womit denn sonst? Warum verziehen Sie das Gesicht, wenn ich sage, ich habe ihn gern?«
    »Daran ist nichts Schlimmes, wirklich nicht. Was zwischen Ihnen und Milo oder irgend jemand anderem passiert, geht mich nichts an.«
    Sie schaute mir ins Gesicht. »Verzeihen Sie, Dr. Delaware, aber das klingt einfach nicht ehrlich. Sie sind ein liebenswürdiger Mann, und ich bin Ihnen dankbar für alles, aber jetzt spüre ich Ihre Ablehnung. Ich habe ein Gefühl dafür. Vielleicht weil ich früher für fremde Männer die Beine breit gemacht habe. Das schult die Menschenkenntnis.«
    Sie stand auf und lief durchs Zimmer.
    »Das war’s dann wohl mit unserer Therapie. Es war falsch, mich ausgerechnet Milos Freund anzuvertrauen. Wie kann ich mich Ihnen offenbaren und erwarten, daß Sie neutral bleiben?«
    »Lucy…«
    »Sieben Jahre. Sieben Jahre lang habe ich keinen Kerl angerührt. Sieben Jahre habe ich jeden Pfennig umgedreht, um den Armen zu helfen. Ich esse kein Fleisch und versuche, alles richtig zu machen, nur um mich reinzuwaschen. Deshalb habe ich mich auch als Geschworene zur Verfügung gestellt. Es war eine meiner guten Taten, zum Wohl der Allgemeinheit. Und jetzt finde ich endlich einen Mann, den ich mag, und schon fühle ich mich wieder schmutzig - von Ihnen verurteilt, genau wie ich Schwandt verurteilt habe. Ich hätte mich nie darauf einlassen sollen.«
    »Schwandt ist ein Ungeheuer. Sie sind zufällig da reingeraten.«
    Sie drehte mir den Rücken zu. »Er ist ein Ungeheuer, und ich bin eine Schlampe. Irgendwie stehen wir doch alle vor Gericht.
    - Ist das der einzige Grund, weswegen Sie nicht wollen, daß ich mich mit Milo treffe, oder hat er jemand anderen?«
    »Es steht mir nicht an, sein Privatleben zu diskutieren.«
    »Warum? Ist er etwa auch ein Patient von Ihnen?«
    »Reden wir lieber über Sie, Lucy.«
    »Aber das tun wir doch. Ich mag ihn. Wird er dadurch nicht wichtig für die Behandlung? Wenn er nicht Ihr Freund wäre, würden wir über ihn reden.«
    »Und ich wüßte nichts über sein Privatleben.«
    Sie leckte sich die Lippen und lächelte. »Okay, er hat also jemanden. Ich weiß, daß er nicht verheiratet ist; das hat er mir erzählt. - Oder hat er mich da angelogen?«
    »Nein.«
    »Das heißt, er geht mit jemand. Vielleicht lebt er mit ihr zusammen. - Ist sie schön? So wie Ihre Frau? Gehen Sie zusammen aus, alle vier?«
    »Hören Sie doch auf, sich zu quälen, Lucy«, versuchte ich sie zu beruhigen. Doch ich wußte, daß meine Verschwiegenheit ihre Phantasien noch anstacheln mußte. Ich wußte auch, daß ich Milo nicht warnen konnte. Die Schweigepflicht ließ mir keine Wahl.
    Sie preßte die Hände gegen die Glastür, sah, daß sie Fingerabdrücke gemacht hatte, und versuchte, sie mit dem Ärmel abzuwischen.
    »Es tut mir leid.« Sie schluchzte fast.
    »Es gibt nichts, was Ihnen -«
    »Ich kann es nicht fassen, daß ich all

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