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Narben

Narben

Titel: Narben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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noch jemand da war, schrieb ich dem Tagesportier die Zimmernummer auf. Tagsüber war der Job ein Kinderspiel. Da kam kein Mensch.«
    »Hätte Barnards Zimmer eigentlich leer sein sollen, als Sie hineinschauten?«
    »Ja. Er hatte nur für zwei Stunden bezahlt, soweit ich mich entsinne. Er hätte längst draußen sein sollen.«
    »Und vorher hatten Sie das Zimmer nicht kontrolliert?«
    »Ach was, ich hab doch in dem Drecksladen nicht mehr gemacht, als ich unbedingt mußte.«
    »Zwei Stunden, sagten Sie. Barnard hat das Zimmer also nicht zum Schlafen gemietet.«
    Er lachte. »Gut beobachtet.«
    »Was haben Sie gemacht, als Sie ihn gefunden haben?«
    »Ich hab natürlich die Polizei gerufen, was sonst? Glauben Sie, ich bin blöd?«
    »Und der Manager, dieser Mullins?«
    Er runzelte die Stirn. »Genau, so hieß er. Darnel Mullins.«
    »Haben Sie den auch angerufen?«
    »Wie sollte ich? Der war doch nie zu erreichen. Der tauchte nur auf, um mich aus meinem Büro zu verscheuchen.«
    »Warum?«
    »Weil er sich für einen Schriftsteller hielt. Er kam alle paar Wochen herein, kommandierte mich herum und jagte mich raus, damit er die Schreibmaschine benutzen konnte. Mir machte das nichts aus. So kam ich wenigstens mal weg und konnte mir etwas zu essen besorgen.«
    »Okay. Darnel hielt sich also für einen Schriftsteller, sagen Sie.«
    »Ja, genau wie Sie, nur daß er ein Buch schreiben wollte.« Er lachte, als sei das das Verrückteste, was er sich vorstellen konnte. »Ein Buch!«
    »War er kein guter Schriftsteller?«
    »Woher soll ich das wissen? Er hat mir nie etwas gezeigt.«
    »Es ist nie gedruckt worden?«
    »Nicht daß ich wüßte. Erzählt hätte er mir sowieso nichts davon, der arrogante Scheißer.«
    »Wenn ich ihn finden würde, könnte ich ihn selbst fragen, aber bisher ist mir das noch nicht gelungen. Haben Sie vielleicht eine Ahnung, wo er jetzt sein könnte?«
    »Nicht die geringste. Außerdem glaube ich, Sie würden Ihre Zeit verschwenden. Selbst wenn Sie ihn finden, wird er Ihnen nicht helfen.«
    »Warum nicht?«
    »Weil er nie jemandem helfen würde. Weil er ein geheimnistuerischer, arroganter Scheißer ist. Er dachte, er wäre zu gut für den Job und hat ständig herumposaunt, er hätte studiert, und wenn sein Buch fertig wäre, würde er groß rauskommen.«
    »Wissen Sie noch, wo er angeblich studiert hatte?«
    »In New York, glaube ich, aber ich habe mich nie für seine blöden Geschichten interessiert. Sein Vater sei Doktor gewesen, er hätte für irgendeinen Mufti vom Film gearbeitet und wäre auf Partys gewesen mit den ganzen Stars.« Er lachte.
    »Und jetzt würde er ein Buch schreiben. Ich sag Ihnen, er hatte nicht alle Tassen im Schrank. Er konnte noch nicht mal zugeben, daß er ein Schwarzer war.«
    »Sie meinen, seine Hautfarbe hat ihm nicht gefallen?«
    »Ach was, er hat es einfach nicht zugegeben. Er hat gequatscht wie ein Weißer, und aufgrund seiner Hautfarbe war er es auch fast.«
    »Hatte er einen Schnurrbart?«
    »Das weiß ich nicht mehr. Warum?«
    Seine Augen begannen zu glänzen. »Meinen Sie, mein Foto kommt in die Zeitung?«
    »Wäre Ihnen das recht?«
    »Klar, wenn Sie dafür bezahlen.«
    »Das geht leider nicht.«
    »Dann vergessen Sie es, aber mein Foto wäre besser als Darnels. Mein Gott, war das ein häßlicher Vogel. Ein richtig häßlicher Riese. Er wollte nicht zugeben, daß er schwarz war, aber seine Nase war platter als die von meinem dicken Freund da drüben. Und dann das gelbe Haar und die wasserblauen Augen, blauer als Ihre. Genau, ich sehe ihn wieder vor mir. Er hatte einen dünnen Schnurrbart.«

38
    Ich gab ihm das versprochene Geld, und er ging weg.
    »Eine Frage noch«, rief ich ihm nach, »Sie haben damals gesagt, Sie hätten keine Schüsse gehört. War der Verkehr denn so stark um vier Uhr morgens?«
    Er ging weiter, ich wiederholte meine Frage.
    »Ich hab Sie gehört. Ich bin doch nicht taub.«
    »Warum antworten Sie dann nicht?«
    »Ich habe keine Schüsse gehört, klar?«
    »Okay. War Barnard allein, als er ankam?«
    »Wenn das in der Zeitung gestanden hat, dann war es auch so.«
    »Es hat nicht in der Zeitung gestanden. Es heißt nur, er wäre der einzige gewesen, der sich in der Nacht eingetragen hatte. War jemand bei ihm?«
    »Woher soll ich das wissen?« Er blieb stehen. »Wir sind fertig, Mann. Mehr sage ich nicht für siebzig Kröten.«
    »Waren Sie wirklich da, oder war es eine der Nächte, wo Mullins Sie vor die Tür gesetzt hatte?«
    »Wollen Sie damit

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