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Narben

Narben

Titel: Narben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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einundzwanzig.«
    »Alles, was ich weiß, ist, daß sie auf der Party mit ein paar Kerlen verschwand und ich sie danach nie mehr wiedergesehen habe. Was soll das schon wert sein?« fragte sie matt.
    »Das wissen Sie besser als ich. Andere Leute haben auch Geld erhalten. Manche davon sind ermordet worden. Wieso fühlen Sie sich eigentlich so sicher? Und was bildet Tom sich ein? Denkt er, er könnte sich für immer in Mexiko verstekken?«
    Ich bemerkte die Angst in ihrem Blick. Sie zuckte zusammen. Scheinwerferlicht streifte unsere Köpfe. Zwei junge Männer mit Pferdeschwänzen stiegen aus einem alten Chrysler. Als sich einer von ihnen eine Zigarette anzündete, drehte Gwen ihnen den Rücken zu.
    »Sind das Kunden von Ihnen?«
    Sie schaute mich an und drehte den Schlüssel herum.
    »Kommen Sie herein.«

39
    Sie machte kein Licht, schob Travis bis ans Ende des Ladens und schloß eine Tür auf. Dahinter war ein kleiner, ordentlicher Lagerraum mit Metallregalen, einem Schreibtisch und drei Klappstühlen. Sie rollte Travis in eine Ecke des Raumes und gab ihm einen Karton aus dem Regal, eine Taucherbrille. Er drehte den Kasten hin und her, verzweifelt bemüht, ihn nicht fallen zu lassen, und studierte das Foto darauf.
    Gwen wollte hinter den Schreibtisch gehen, doch ich kam ihr zuvor und überprüfte sämtliche Schubladen. Ich fand jedoch nichts Bedrohliches, nur Papier, Stifte und Büroklammern.
    Sie lächelte müde. »Glauben Sie wirklich, ich würde Sie erschießen?«
    »Warum nicht? Nach dem, was ich über Sie weiß, können Sie ganz schön hart sein.«
    Sie ließ sich auf einen der Stühle fallen, und ich setzte mich ihr gegenüber hin.
    »Also, was ist passiert?« begann ich.
    »Versprechen Sie mir erst, daß man ihn nicht wegbringt.«
    »Ich kann überhaupt nichts versprechen, aber ich werde alles versuchen, vorausgesetzt, Sie haben nichts mit dem Mord an Karen zu tun.«
    »Ich sage doch die ganze Zeit, ich weiß von keinem Mord. Ich weiß nur, daß sie verschwand.«
    »Das war auf dem Sanktum-Fest.« Sie nickte.
    »Sie hatten sie angeworben, dort zu arbeiten.«
    »Na und? Ist das etwa ein Verbrechen? Ich wollte ihr einen Gefallen tun. Sie brauchte das Geld. Als Kellnerin hat sie nicht viel verdient, weil sie nicht besonders gut war. Sie brachte alle Bestellungen durcheinander. Und ihrem Vater, dem alten Heuchler, gefiel es nicht, daß sie Schauspielerin werden wollte. Er hat sie mit keinem Cent unterstützt. Ich wollte ihr nur helfen, und jetzt reden alle auf einmal von Mord und behandeln mich wie eine Kriminelle.«
    »Wann haben Sie sie zum letztenmal gesehen?«
    »Da war die Party in vollem Schwung. Ich weiß nicht mehr, wie spät es war. Wir haben gearbeitet. Ich habe mich nicht um sie gekümmert.«
    »Haben Sie nie jemandem erzählt, daß sie dort war? Hat die Polizei Sie damals nicht danach gefragt?«
    »Sie kamen nach ein paar Tagen zum Sand Dollar. Sie dachten, sie hätte sich in den Bergen verirrt, und suchten mit Hubschraubern nach ihr.«
    »Und Sie haben ihnen nicht gesagt, daß sie sich irrten?«
    »Wieso? Wer sagt überhaupt, daß es anders war? Sie konnte schließlich mit jemandem weggegangen sein.«
    »Obwohl sie gearbeitet hat?«
    »Sie war nicht besonders zuverlässig, wissen Sie. Manchmal meldete sie sich krank und fuhr nach Disneyland. Kalifornien war für sie ein längerer Urlaub.«
    Sie biß sich auf die Lippen. »Ich will sie wirklich nicht schlechtmachen, Sie war ein nettes Mädchen, obwohl sie nicht gerade sehr intelligent war. Wenn ihr etwas zugestoßen ist, so kann ich nichts dafür. Die Polizei hat den Fall damals gar nicht ernst genommen. Sie schickten einen Hilfssheriff vorbei. Der fragte nur, ob jemand sie gesehen hätte, dann setzte er sich hin und trank Kaffee.«
    »Und der Privatdetektiv?«
    »Der war komisch. Ein öliger Knabe.«
    »Was hat er gefragt?«
    »Genau dasselbe wie die Polizei: Wann wir sie zuletzt gesehen hatten.«
    »Und Sie sagten, Freitag abend im Sand Dollar.«
    »Dieser Detektiv war ein Schleimer. Ich wollte mich nicht mit ihm einlassen.«
    »Jedenfalls fand er heraus, daß Karen auf der Party war.«
    Die Art, wie sie meinem Blick auswich, verriet mir, daß sie etwas verbarg. Ich beschloß, sie im Moment nicht weiter unter Druck zu setzen, und kam auf die Zeit zwischen dem Ende von Karens Schicht im Sand Dollar und dem Beginn der Party am nächsten Tag zu sprechen.
    »Warum ging Karen so früh zum Sanktum?«
    »Es wurden Leute gebraucht, um die Tische und Stühle

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