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Narkosemord

Titel: Narkosemord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Geld hatte, daß man sich einen solchen Lebensstil leisten konnte. Er hatte in den letzten Jahren gutes Geld verdient, aber er hatte alles sofort wieder in Vegas oder in Atlantic City auf den Kopf gehauen.
    Das erste, was O’Shea an diesem Morgen gemacht hatte, war, zum Polizeipräsidium in der Berkeley Street zu fahren und dem alten Dr. Bromlley einen Besuch abzustatten. Dr. Bromlley, in Polizeikreisen allgemein unter dem Spitznamen »Knochensäger« bekannt, gehörte sozusagen zum Inventar der Bostoner Polizei; er arbeitete schon seit Ewigkeiten dort, manche behaupteten, mindestens schon seit dem neunzehnten Jahrhundert, wenn nicht sogar noch länger. Er gab den Beamten Erste-Hilfe-Kurse und behandelte Erkältungen und kleinere Beulen und Kratzer, die sich die Polizisten gelegentlich im Dienst zuzogen. Er flößte nicht allzuviel Vertrauen ein.
    O’Shea hatte ihm die Notizen gezeigt, die er in Rhodes’ Hotelzimmer gefunden hatte, und ihn gefragt, was sie zu bedeuten hätten. Ebensogut hätte er einen Wasserhahn aufdrehen können. Knochensäger Bromlley hatte zu einem zwanzigminütigen Vortrag über das Nervensystem ausgeholt, und darüber, daß es aus zwei Teilen bestehe. Der eine sei dafür da, die Handlungen, die man bewußt vornehme, zu steuern, der andere, sei für alle unbewußten Reaktionen zuständig.
    Bis zu dem Punkt hatte O’Shea noch ganz gut folgen können. Aber dann hatte Bromlley erzählt, daß der Teil des Nervensystems, der die unbewußten Dinge steuere, ebenfalls aus zwei Teilen bestünde. Den nenne man Sympathikus, den anderen Parasympathikus. Diese beiden Teile kämpften gegeneinander; so würde zum Beispiel der eine die Pupille klein werden lassen, der andere sie größer machen. Oder der eine sorge dafür, daß man Dünnpfiff kriege, und der andere dafür, daß man Verstopfung bekäme.
    Sogar das hatte O’Shea noch einigermaßen begriffen, aber Bromlley, einmal so richtig in Fahrt gekommen, war nicht mehr zu stoppen gewesen und hatte ihm lang und breit verklickert, wie Nerven überhaupt funktionierten und was mit ihnen passierte, wenn man eine Narkose erhielt.
    Von da an hatte O’Shea ihm kaum noch folgen können und sich darauf beschränkt, in regelmäßigen Abständen verständnisvoll zu nicken. Bromlley liebte gebannt lauschendes Publikum, also hatte O’Shea ihn einfach weiterschwadronieren lassen. Als es so ausgesehen hatte, als wäre Knochensäger beim Schlußwort angelangt, hatte O’Shea ihn an seine ursprüngliche Frage erinnert. »Toll, Doc, wirklich super! Aber um noch mal auf die Notizen zurückzukommen. Ist daran irgendwas, das Ihnen merkwürdig oder verdächtig vorkommt?«
    Knochensäger hatte einen Moment lang verblüfft dreingeblickt. Er hatte die Aufzeichnungen noch einmal genommen und sie durch seine dicken Brillengläser betrachtet. Schließlich hatte er schlicht »nein« gesagt; es sei alles ganz klar, und wer immer derjenige gewesen sei, der diese Sachen über das Nervensystem aufgeschrieben hätte, er hätte alles richtig gemacht. O’Shea hatte sich bedankt und war gegangen. Gebracht hatte ihm der Besuch nur insofern etwas, als er ihn in seiner Überzeugung bestärkt hatte, daß dieser Christopher Everson genau wie Rhodes Arzt war.
    In Marblehead Neck angekommen, hielt O’Shea vor einem flachen, im Ranch-Stil gebauten Haus an. Er verglich die Hausnummer mit der auf seiner Liste. Es war die Adresse, zu der er wollte. Er stieg aus seinem Wagen und streckte sich. Das Haus lag nicht direkt am Wasser, aber er konnte es durch die Bäume schimmern sehen, die den Pfad hinunter zum Hafen säumten.
    O’Shea ging zur Tür und drückte auf den Klingelknopf. Eine attraktive Blondine, etwa in seinem Alter, öffnete die Tür. Als sie O’Shea sah, wollte sie sie sofort wieder zumachen, aber O’Shea hatte blitzschnell den Fuß dazwischen. Die Frau schaute nach unten auf O’Sheas Cowboystiefel.
    »Sie haben den Fuß in meiner Tür«, sagte sie ruhig und blickte ihm direkt in die Augen. »Lassen Sie mich raten: Sie verkaufen selbstgebackene Plätzchen fürs Mutterhilfswerk.«
    O’Shea lachte und schüttelte ungläubig den Kopf. Er konnte nie im voraus sagen, wie die Leute reagierten. Aber wenn es eins gab, das er mehr als alles andere zu schätzen wußte, dann war das Sinn für Humor. Die trockene, selbstbewußte Art der Frau gefiel ihm.
    »Entschuldigen Sie mein etwas rüdes Auftreten. Ich möchte Ihnen bloß eine ganz simple Frage stellen. Wirklich nur eine einzige. Ich hatte

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