Narkosemord
gleichen Sorte wie die, die zerbrochen waren. Auf dem Regal darüber waren Teller gestapelt.
Jeffrey fragte sich, was in der Wohnung vorgegangen sein mochte, bevor Trent weggegangen war. Eher zufällig fiel ihm plötzlich eine Unstimmigkeit bezüglich der Tiefe des Schranks ins Auge. Das Regal mit den Gläsern war nur halb so tief wie das mit den Tellern.
Er faßte in den Schrank, schob die Gläser zur Seite und klopfte mit dem Knöchel gegen die Rückwand. Dabei fühlte er, daß die Sperrholzplatte sich bewegte. Sofort versuchte er, sie nach vorn herauszuhebeln, aber sie saß fest. Er probierte es mit einer neuen Taktik. Diesmal hatte er mehr Erfolg. Als er gegen den rechten Rand drückte, drehte sich die Platte zur Seite weg. Er faßte sie am linken Rand und zog sie heraus.
»Heureka!« rief Jeffrey, als er den Inhalt des Verstecks sah: eine ungeöffnete Schachtel mit 30-ml-Ampullen Marcain, eine Zigarrenkiste, mehrere Spritzen und eine mit einem Gummistöpsel verschlossene Ampulle mit einer öligen gelben Flüssigkeit. Jeffrey sah sich in der Küche nach einem Handtuch um. Über dem Türgriff des Kühlschranks hing ein Geschirrtuch. Er nahm es und hob damit vorsichtig die Ampulle aus dem Fach heraus. Es schien sich um ein ausländisches Fabrikat zu handeln. Jeffrey hatte diesen Typ von Ampulle schon häufiger gesehen; er war recht gebräuchlich.
Er stellte die Ampulle auf die Arbeitsplatte, hob, wieder das Geschirrtuch benutzend, die Zigarrenkiste heraus, legte sie ebenfalls auf die Arbeitsplatte und klappte den Deckel auf. Die Kiste enthielt einen dicken Packen frischer Hundertdollarnoten. Er verglich ihn im Geiste mit seinem eigenen Packen Hundertdollarnoten und schätzte, daß es zwischen zwanzig- und dreißigtausend Dollar sein mußten.
Behutsam legte Jeffrey alles wieder dahin zurück, wo er es gefunden hatte. Er wischte sogar die Rückwand und die Gläser ab, die er angefaßt hatte, um nur ja keine Fingerabdrücke zu hinterlassen. Er war in einer fast euphorischen Stimmung. Seine Entdeckung hatte ihm neuen Mut gemacht. Er hatte keinen Zweifel, daß die gelbe Flüssigkeit in der Ampulle das geheimnisvolle Toxin war und daß eine Analyse genauen Aufschluß darüber geben würde, wonach Seibert in Patty Owens Serum suchen mußte. Sogar das Geld ermutigte ihn. Er wertete es als einen klaren Hinweis darauf, daß Kellys Verschwörungstheorie zutraf.
Beflügelt von dem Erfolg, war Jeffrey heiß darauf, noch mehr zu erfahren. Irgendwo in der Wohnung mußte etwas sein, das Aufschluß über die Art der Verschwörung gab. Jeffrey durchstöberte rasch die restlichen Küchenschränke und fand das, weswegen er ursprünglich in die Küche gegangen war, nämlich eine braune Papiertüte.
Er kehrte ins Wohnzimmer zurück und durchsuchte den Schreibtisch. Er fand eine Anzahl von Briefen und Rechnungen, die er allesamt in die Einkaufstüte steckte. Als nächstes ging er ins Schlafzimmer und durchsuchte die Kommode. In der zweiten Schublade fand er einen Stapel Playgirl-Magazine . Er ließ sie liegen. In der dritten Schublade entdeckte er eine beträchtliche Anzahl Briefe, weit mehr, als er vermutet hatte. Er zog sich einen Stuhl heran und begann sie grob vorzusortieren.
Kelly trommelte nervös mit den Fingern auf dem Lenkrad herum und rutschte auf ihrem Sitz hin und her. Ein Auto war aus einer Parkbucht zwei Häuser vor Hardings Haus herausgefahren, und sie hatte ein paar Minuten damit zugebracht, ihren Wagen in die Lücke zu setzen. Sie blickte erneut zu Hardings Fenster hinauf. Was trieb Jeffrey bloß so lange da oben? Je länger es dauerte, desto mehr wuchs ihre Nervosität. Wie lange brauchte jemand, um ein Zweizimmerapartment zu durchsuchen?
Die Garden Street war keine sehr belebte Straße, aber während Kelly wartete, kam gut ein halbes Dutzend Autos von der Revere Street hereingebogen und fuhr an ihr vorbei. Die Fahrer schienen auf der Suche nach einem Parkplatz zu sein. Daher war Kelly nicht überrascht, als plötzlich ein weiteres Scheinwerferpaar von der Revere Street her in die Garden Street schwenkte und sich langsam auf sie zubewegte.
Sie wurde erst stutzig, als der Wagen direkt vor Hardings Haus anhielt und in zweiter Reihe parkte. Die Scheinwerfer erloschen, und die Parkleuchten gingen an.
Kelly drehte sich auf ihrem Sitz um und spähte hinüber zu dem Wagen. Ein Mann in einem dunklen Pullover stieg auf der Beifahrerseite aus und ging zum Bürgersteig. Er reckte sich, als der Fahrer ausstieg.
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