Narkosemord
sagte Seibert, »aber auch das würde drei bis vier Tage dauern.«
»Auch das ist noch zu lang«, seufzte Jeffrey.
»Doch es ist das kürzeste, was ich mir vorstellen kann«, erwiderte Seibert.
»Jetzt lassen Sie uns erst mal rausfinden, wo er begraben ist«, schlug Jeffrey vor. »Sie sagten, Sie hätten diese Information hier.«
»Wir haben seinen Autopsiebericht, und wir müßten auch eine Kopie von seinem Totenschein haben.« Seibert stand auf. »Ich schau’ mal nach.«
Seibert verließ den Raum. Kelly blickte Jeffrey an. »Ich kann dir ansehen, daß dir irgendeine Idee im Kopf herumspukt.«
»Sie ist ziemlich simpel«, sagte Jeffrey. »Ich meine, wir sollten ganz einfach hinfahren und den Knaben ausbuddeln. Unter den gegebenen Umständen finde ich diesen ganzen bürokratischen Hickhack ziemlich nebensächlich. Ich finde, da können wir gut drauf verzichten.«
Seibert kam mit einer Kopie von Henry Nobles Totenschein zurück. Er legte sie vor Jeffrey auf den Tisch und beugte sich über seine Schulter, um mitlesen zu können.
»Hier ist der Bestattungsort«, sagte er, auf die Mitte des Formulars deutend. »Wenigstens ist er nicht eingeäschert worden.«
»An die Möglichkeit hatte ich überhaupt noch nicht gedacht«, gestand Jeffrey.
»Edgartown, Massachusetts«, las Seibert vor. »Ich bin noch nicht lange genug in diesem Staat, um mich hier gut auszukennen. Wo liegt Edgartown?«
»Auf Martha’s Vineyard«, antwortete Jeffrey. »Draußen an der Spitze der Insel.«
»Hier ist das Bestattungsunternehmen«, sagte Seibert. »Boscowaney Bestattungen, Vineyard Haven. Der Name des Konzessionsinhabers ist Chester Boscowaney. Das ist wichtig zu wissen, weil er bei der Exhumierung zugegen sein muß.«
»Wieso das?« fragte Jeffrey erstaunt. Er wollte, daß alles so unkompliziert wie möglich vonstatten ging. Zur Not würde er sogar mitten in der Nacht mit einer Schaufel und einem Stemmeisen dort hinfahren.
»Er muß bestätigen, daß es der richtige Sarg und die richtige Leiche sind«, erklärte Seibert. »Wie Sie sich vorstellen können, hat es bei solchen Dingen - wie bei allen anderen - schon häufiger Pannen gegeben, besonders bei Bestattungen in geschlossenen Särgen.«
»Die Dinge, von denen man nie was erfährt«, sagte Kelly.
»Wie sehen diese Exhumierungsgenehmigungen aus?« fragte Jeffrey.
»Nicht sehr kompliziert«, antwortete Seibert. »Ich habe zufällig gerade eine auf meinem Schreibtisch liegen. Da hatte die Familie die Befürchtung, daß ihrem toten Kind die Organe entnommen worden sein könnten. Wollen Sie sie sehen?«
Jeffrey nickte. Während Seibert sie holte, beugte sich Jeffrey zu Kelly hinüber und flüsterte: »Ich hätte nichts gegen ein bißchen Seeluft. Du?«
Seibert kam zurück und reichte Jeffrey das Formular. Es sah wie ein ganz normales maschinegeschriebenes Dokument aus. »Schaut nicht nach irgendwas Besonderem aus«, sagte Jeffrey.
»Worauf wollen Sie hinaus?« fragte Seibert.
»Was wäre, wenn ich mit einem dieser Formulare hier bei Ihnen hereinkäme und Sie bitten würde, einen Leichnam für mich zu exhumieren und ihn auf etwas zu untersuchen, das mich interessieren würde?« fragte Jeffrey. »Was würden Sie sagen?«
»Wir machen alle gelegentlich den einen oder anderen privaten Job«, antwortete Seibert. »Ich denke, ich würde sagen, daß es Sie etwas kosten würde.«
»Wieviel?« fragte Jeffrey.
Seibert zuckte mit den Schultern. »Da gibt es keinen festen Satz. Wenn es eine einfache Sache wäre, sagen wir mal, zweitausend.«
Jeffrey beugte sich zu seiner Reisetasche hinunter und zog eines von den Geldbündeln heraus. Er zählte zwanzig Hundertdollarscheine ab und legte sie vor Seibert auf den Tisch. Dann sagte er: »Wenn Sie mir jetzt noch eine Schreibmaschine leihen können, hab’ ich in einer Stunde eine von diesen Exhumierungsgenehmigungen.«
»Das können Sie nicht machen«, entgegnete Seibert. »Es ist illegal.«
»Ja, aber das Risiko trage ich, nicht Sie. Ich wette, Sie prüfen niemals nach, ob diese Genehmigungen echt sind. Was Sie betrifft, so sind sie es. Ich bin derjenige, der das Gesetz bricht, nicht Sie.«
Seibert kaute einen Moment lang an seiner Unterlippe. »Dies hier ist wirklich eine einzigartige Situation«, sagte er. Dann nahm er das Geld vom Tisch. »Ich mach’ es, aber nicht für Geld. Ich mache es, weil ich die Geschichte glaube, die Sie mir erzählt haben. Wenn das, was Sie sagen, stimmt, dann liegt es sicherlich im öffentlichen
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