Narkosemord
schnippte mit den Fingern. »Meine Mutter gab mir extra ihre Adresse, damit ich hallo sagen kann. Ich komme von außerhalb. Hab’ ein paar Tage geschäftlich in Boston zu tun. Wann ist Kelly denn wieder zurück?«
»Das hat sie nicht genau gesagt«, antwortete Kay. »Schade, aber da kann man nichts machen.«
»Und ausgerechnet heute hab’ ich nicht viel zu tun«, sagte Feranno. »Irgendeine Ahnung, wo sie hingefahren ist?«
»Nicht weit. Bloß nach Martha’s Vineyard raus. Edgartown, glaube ich. Sie sagte, sie müßte unbedingt dorthin. Ich habe den heimlichen Verdacht, daß es eher was Romantisches ist. Aber ich hab’ den Mund gehalten. Ehrlich gesagt hab’ ich mich für sie gefreut. Sie sollte öfter mal raus. Sie hat jetzt lange genug getrauert, finden Sie nicht auch?«
»Oh, absolut«, antwortete Feranno. Er hoffte, daß sie das Thema nicht weiter vertiefte.
»War nett, Sie kennenzulernen«, sagte Kay. »Ich muß mich jetzt um die Katzen kümmern. Das eigentliche Sorgenkind ist nicht die hier, sondern die andere. Sie ist hochträchtig. Kann jeden Tag werfen. Wenn Sie Samson groß finden, dann müßten Sie erst mal Delilah sehen. Dick und rund wie eine Tonne. Vielleicht können Sie ja am Montag noch mal vorbeikommen, wenn Sie dann noch in der Stadt sind. Ich denke, daß Kelly bis dahin zurück sein wird. Das will ich ihr jedenfalls geraten haben. Ich habe keine Lust, Kindermädchen für einen ganzen Wurf zu spielen!«
»Vielleicht könnte ich sie anrufen«, meinte Feranno. Kays Bemerkung, daß Kellys Fahrt wahrscheinlich einen romantischen Hintergrund habe, hatte seine Stimmung beträchtlich gehoben. Das bedeutete aller Wahrscheinlichkeit nach, daß der Doktor mit von der Partie war. »Haben Sie irgendeine Ahnung, wo sie abgestiegen ist?«
»Sie sagte mir, sie wolle ins Charlotte Inn«, antwortete Kay. »Komm, Samson, rein mit dir.«
Feranno warf Kay das freundlichste Lächeln zu, das er auf Lager hatte, als sie zur Tür ging und den Schlüssel aus der Kutschenlampe fischte. Dann kehrte er zu seinem Wagen zurück.
Er ließ den Motor an, wendete und fuhr davon. Er war bei bester Laune. Er hatte sich vorgenommen, Donna gegenüber nichts von den fünfundsiebzig Riesen verlauten zu lassen. Er würde sie irgendwo bunkern. Vielleicht würde er einen Trip zu den Kaiman-Inseln machen.
Aber eine kleine Reise nach Martha’s Vineyard war ebenfalls nicht ohne Reiz. Und er hatte eine glänzende Idee; Wenn er den Doktor ohnehin in Matts Flugzeug setzen mußte, warum dann nicht gleich den Flieger mit auf die Insel nehmen? Köpfchen muß man haben, sagte er zu sich.
Auf der Fahrt zurück in die Stadt überlegte Feranno, wen er mitnehmen sollte, falls er Vinnie D’Agostino nicht finden konnte. Tony wäre genau der richtige Mann für so eine Aktion gewesen. Es war eine Schande, daß er tot war. Feranno fragte sich auch, wie es Devlin O’Shea gehen mochte, und ob er ihn im Krankenhaus besuchen und ihm sagen sollte, daß er keinen Groll gegen ihn hegte. Aber dann verwarf er diesen Gedanken. Die Zeit war jetzt einfach zu knapp.
Feranno fuhr die Hanover Street hinunter, hielt in dritter Reihe vor dem Via-Veneto-Cafe und drückte auf die Hupe. Es dauerte nicht lange, da kam jemand aus dem Cafe gerannt und fuhr seinen Wagen zur Seite, so daß Feranno einparken konnte. Die Wagen, die sich hinter ihm gestaut hatten, während er die Fahrbahn blockierte, rauschten vorbei. Ein paar hupten ihn an oder zeigten ihm einen Vogel, weil er sie aufgehalten hatte. »Leckt mich!« brüllte Feranno aus seinem Fenster. Es war erstaunlich, wie rücksichtslos manche Leute waren, dachte er.
Feranno ging in das Cafe und schüttelte dem Besitzer die Hand, der hinter seiner Theke hervorgeschossen kam, um ihn zu begrüßen. Feranno setzte sich an einen Tisch in der Nähe der Tür, auf dem ein Schild mit der Aufschrift »Reserviert« stand. Er bestellte einen doppelten Espresso und steckte sich eine Zigarette an.
Als seine Augen sich an das schummrige Licht im Cafe gewöhnt hatten, drehte er sich um und ließ seinen Blick durch den Raum wandern. Vinnie konnte er nirgends entdecken, aber dafür sah er Dominic. Feranno winkte den Besitzer zu sich und trug ihm auf, Dominic zu sagen, er wolle mit ihm sprechen.
Ein nervöser Dominic kam an Ferannos Tisch.
»Was ist los mit dir?« fragte Feranno und sah Dominic an.
»Nichts«, antwortete Dominic. »Hab’ wohl zuviel Kaffee getrunken.«
»Weißt du, wo Vinnie ist?« fragte Feranno.
»Der ist
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