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Narkosemord

Titel: Narkosemord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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erklärte Mosconi ihm, was er wissen wollte. Viel brauchte er nicht zu sagen. »Moment«, unterbrach Shatterly ihn, und Mosconi hörte den Computer.
    »Wie hoch ist der Scheck?« erkundigte Shatterly sich dann.
    »Fünfundvierzig Riesen«, sagte Mosconi.
    Shatterly lachte. »Auf dem Konto sind dreiundzwanzig Dollar und ein paar Cent.«
    Eine Pause trat ein. Mosconi hörte auf zu trommeln. Das flaue Gefühl in seinem Magen verstärkte sich. »Sie sind sicher, daß heute nichts eingegangen ist?«
    »Nichts in der Gegend von fünfundvierzigtausend Dollar«, sagte Shatterly.
    Mosconi legte auf.
    »Ärger?« fragte Devlin O’Shea und spähte über den Rand eines alten Penthouse-Heites. O’Shea war ein großer Mann, der eher wie ein Motorradrocker aus den sechziger Jahren denn wie ein ehemaliger Polizist aus Boston aussah. An seinem linken Ohrläppchen baumelte ein kleines goldenes Malteserkreuz. Sein Haar war hinten zu einem kleinen Pferdeschwanz zusammengebunden. Abgesehen davon, daß ihm diese Aufmachung bei seiner Arbeit half, war es eine Möglichkeit für ihn, aller Autorität eine kleine Nase zu drehen, nachdem er sich nun nicht mehr an Regeln wie Kleidervorschriften und dergleichen zu halten brauchte. Die Polizei hatte O’Shea entlassen, nachdem er der Bestechlichkeit überführt worden war.
    O’Shea machte es sich auf einer Vinylcouch bequem, die Mosconis Schreibtisch gegenüberstand. Er trug die Kleidung, die seit seinem Ausscheiden bei der Polizei zu seiner Uniform geworden war: eine Denimjacke, ausgebleichte Jeans und schwarze Cowboystiefel.
    Mosconi sagte gar nichts, und das genügte als Antwort. »Irgendwas, wobei ich helfen kann?« fragte O’Shea.
    Mosconi betrachtete ihn und begutachtete die massigen, von einem Geflecht von Tätowierungen bedeckten Unterarme. Ein Schneidezahn fehlte in O’Sheas Mund, was ihm das Aussehen eines Kneipenschlägers verlieh, der er gelegentlich auch war.
    »Kann sein«, meinte Mosconi. In seinem Kopf nahm ein Plan Gestalt an.
    O’Shea war an diesem Nachmittag bei Mosconi vorbeigekommen, weil er gerade nichts zu tun hatte. Er hatte eben einen Mörder zurückgebracht, der gegen die Kautionsauflagen verstoßen hatte und nach Kanada geflüchtet war. O’Shea war einer der Kopfgeldjäger, die Mosconi bei Bedarf zu engagieren pflegte.
    O’Shea, fand Mosconi, war genau der richtige Mann, um Jeffrey an seine Verpflichtungen zu erinnern. O’Shea würde sehr viel überzeugender wirken als er selbst.
    Er lehnte sich in seinem Schreibtischsessel zurück und erläuterte die Situation. O’Shea warf das Penthouse beiseite und stand auf. Er war einsneunzig groß und wog zweihundertachtundsechzig Pfund. Sein runder Bauch wölbte sich über die große Silberschnalle seines Gürtels. Aber unter der Fettschicht saßen dicke Muskeln.
    »Na, ich kann mal mit ihm reden«, sagte er.
    »Seien Sie nett«, warnte Mosconi. »Bloß überzeugend. Denken Sie daran, er ist ein Doktor. Ich möchte nur nicht, daß er mich vergißt.«
    »Ich bin immer nett«, erwiderte O’Shea. »Rücksichtsvoll, guterzogen, manierlich. Darin liegt mein Charme.«
    Er verließ das Büro, froh, etwas zu tun zu haben. Das Herumsitzen war ihm zuwider. Das Problem war nur, daß dieser Auftrag nicht so lukrativ war, wie er es sich gewünscht hätte. Aber er freute sich auf die Fahrt hinaus nach Marblehead. Vielleicht würde er in das italienische Restaurant da oben gehen und dann in seiner Lieblingskneipe am Hafen ein paar Bier trinken.
     
    Kellys Haus war ein bezauberndes zweigeschossiges Kolonialhaus mit geteilten Fenstern. Es war weiß, und die Fensterläden waren schwarz gestrichen. Die beiden Kamine an den Seiten waren mit alten Ziegeln verkleidet. Rechts schloß sich eine Doppelgarage an, und links war eine vergitterte Veranda.
    Jeffrey hielt vor dem Haus an und parkte auf der anderen Straßenseite. Er betrachtete es durch das Autofenster. Hoffentlich würde er sich jetzt getrauen, über die Straße zu gehen und an der Tür zu läuten. Es überraschte ihn, daß es so nah bei der Bostoner Innenstadt so viele Bäume gab; das Haus schmiegte sich in eine Gruppe von Ahornbäumen, Eichen und Birken.
    Während er so dasaß, versuchte er sich zu überlegen, was er wohl sagen sollte. Noch nie war er bei jemandem gewesen, weil er auf der Suche nach »Mitgefühl und Verständnis« war. Und es bestand immer die Gefahr, daß sie ihn abweisen würde, trotz des warmherzigen Tons am Telefon. Wenn er nicht gewußt hätte, daß sie ihn

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