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Narkosemord

Titel: Narkosemord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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erwartete, hätte er das ganze Unternehmen abgeblasen.
    Er nahm all seinen Mut zusammen, legte den Gang ein und lenkte den Wagen in Kellys Einfahrt. Dann ging er zur Haustür, den Aktenkoffer in der Hand. Er kam sich albern damit vor - als Arzt war er an einen solchen Koffer nicht gewöhnt - , aber er wagte nicht, soviel Bargeld im Auto zu lassen.
    Kelly öffnete die Tür, ehe er auf den Klingelknopf drücken konnte. Sie trug eine schwarze Strumpfhose, ein rosa Trikot, ein rosa Stirnband und ein Paar Legwarmers. »Ich gehe sonst nachmittags meistens zum Aerobic«, erklärte sie und errötete leicht. Dann umarmte sie Jeffrey. Fast stiegen ihm die Tränen in die Augen, als ihm klar wurde, daß er sich nicht erinnern konnte, wann ihn das letztemal jemand in den Arm genommen hatte. Er brauchte einen Augenblick, um sich zu fangen und die Umarmung zu erwidern.
    Ohne ihn loszulassen, lehnte sie sich zurück und schaute ihm in die Augen. Jeffrey war gut fünfzehn Zentimeter größer als sie. »Ich bin so froh, daß Sie gekommen sind.« Sie hielt seinem Blick einen Herzschlag lang stand und fügte dann hinzu: »Kommen Sie herein, kommen Sie herein.« Sie führte ihn ins Haus. Mit einem bestrumpften Fuß stieß sie die Tür zu.
    Jeffrey sah sich in einer geräumigen Diele; Rundbögen führten in ein Eßzimmer auf der rechten und ein Wohnzimmer auf der linken Seite. Auf einem kleinen Tisch stand ein silbernes Teeservice. Am Ende der Diele, im hinteren Teil des Hauses, ging eine elegant geschwungene Treppe in den ersten Stock hinauf.
    »Wie wär’s mit Tee?« fragte Kelly.
    »Ich will Ihnen keine Mühe machen«, antwortete Jeffrey.
    Sie schnalzte mit der Zunge. »Was verstehen Sie unter Mühe?« Immer noch seine Hand haltend, zog sie ihn durch das Eßzimmer in die Küche. An der Rückseite des Hauses, zur Küche hin offen, lag ein behagliches zweites Wohnzimmer, ein Anbau anscheinend. Draußen vor dem großen Erkerfenster war ein Garten, der aussah, als könnte er ein wenig Pflege vertragen. Das Innere des Hauses aber war makellos.
    Kelly ließ Jeffrey auf einer Gingan-Couch Platz nehmen. Jeffrey legte seinen Aktenkoffer beiseite.
    »Was ist das für ein Köfferchen?« fragte Kelly und ging nach nebenan, um Teewasser aufzusetzen. »Ich dachte, Ärzte haben kleine schwarze Taschen dabei, wenn sie Hausbesuche machen. Damit sehen Sie eher aus wie ein Versicherungsvertreter.« Sie lachte kristallklar, während sie einen Käsekuchen aus dem Kühlschrank nahm.
    »Wenn ich Ihnen zeige, was in dem Koffer ist, werden Sie’s nicht glauben«, erwiderte Jeffrey.
    »Wieso nicht?«
    Jeffrey antwortete nicht, und sie war so freundlich, es dabei zu belassen. Sie nahm ein Messer von einem Ständer über der Spüle und schnitt zwei Stücke Käsekuchen ab.
    »Ich bin froh, daß Sie sich entschlossen haben, herzukommen«, sagte sie und leckte am Messer. »Käsekuchen gibt’s nur, wenn ich Gesellschaft habe.« Sie hängte einen großen Teebeutel in die Kanne und holte Tassen aus dem Schrank.
    Der Kessel begann, wild zu pfeifen. Kelly nahm ihn vom Herd und goß kochendes Wasser in die Teekanne. Sie stellte alles auf ein Tablett und trug es zum Couchtisch.
    »So«, sagte sie und setzte es ab. »Hab’ ich irgendwas vergessen?« Ihr Blick wanderte prüfend über das Tablett. »Servietten!« rief sie und lief noch einmal in die Küche. Als sie zurückkam, setzte sie sich und lächelte Jeffrey an. »Wirklich«, sagte sie und schenkte Tee ein. »Ich freue mich, daß Sie vorbeigekommen sind, und das nicht nur wegen des Käsekuchens.«
    Jeffrey merkte plötzlich, daß er seit dem Müsli am Morgen nichts mehr gegessen hatte. Der Käsekuchen war köstlich.
    »Wollen Sie über etwas Bestimmtes mit mir sprechen?« fragte Kelly und stellte ihre Teetasse hin.
    Jeffrey bewunderte ihre Offenheit. Sie machte es ihm leichter.
    »Ich glaube, zuallererst möchte ich mich dafür entschuldigen, daß ich Chris kein besonders guter Freund war«, sagte er. »Nach allem, was ich in den letzten paar Monaten mitgemacht habe, kann ich mir halbwegs vorstellen, wie Chris gelitten haben muß. Damals hatte ich keine Ahnung.«
    »Ich schätze, die hatte niemand«, meinte Kelly. »Nicht mal ich.«
    »Ich wollte keine schmerzlichen Erinnerungen bei Ihnen aufwühlen«, sagte Jeffrey, als er ihren veränderten Gesichtsausdruck sah.
    »Keine Angst. Ich habe mich inzwischen damit abgefunden«, sagte sie. »Aber um so mehr Grund hätte ich gehabt, Sie anzurufen. Wie kommen Sie denn

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