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Narkosemord

Titel: Narkosemord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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daß sie Mühe hatte, mitzukommen; ein paarmal stolperte sie auf der Treppe und stieß sich die Schienbeine.
    Rasch durchsuchten sie das Obergeschoß. Sie schauten ins Schlafzimmer - ein heilloses Durcheinander, Berge von schmutzigen Kleidern - und in den Wandschrank - dessen Boden von wild durcheinandergewürfelten Schuhen chaotisch übersät war - , und O’Shea meinte: »’ne tolle Hausfrau sind Sie wohl nicht gerade, was?«
    Im Schlafzimmer zu sein erfüllte Carol mit schrecklicher Angst; sie wußte nicht recht, was O’Sheas wahre Absichten waren. Sie versuchte sich zu beherrschen; irgend etwas mußte sie sich einfallen lassen, bevor dieses Schwein von einem Mann sich auf sie stürzte.
    Aber O’Shea hatte offenbar kein Interesse an Carol. Er zog sie hinter sich die Klapptreppe hinauf auf den Dachboden und dann wieder zwei Treppen hinunter in den Keller. Es war offensichtlich, daß Jeffrey nicht hier war. Befriedigt schob er Carol in die Küche.
    »Sie haben also die Wahrheit gesagt. Ich werde Sie jetzt loslassen, aber ich erwarte, daß Sie sich benehmen. Verstanden?«
    Carol funkelte ihn an.
    »Mrs. Rhodes, ich habe gefragt, ob Sie verstanden haben?«
    Carol nickte.
    O’Shea ließ ihr Handgelenk los. »Tja«, sagte er. »Ich glaube, ich werde mal ein Weilchen hierbleiben, für den Fall, daß der Doktor anruft oder vorbeikommt, um das Unterhöschen zu wechseln.«
    »Ich wünsche, daß Sie gehen. Gehen Sie, oder ich rufe die Polizei.«
    »Sie können die Polizei nicht rufen«, erwiderte O’Shea sachlich, als wisse er etwas, was sie nicht wußte.
    »Und warum nicht?« fragte Carol wütend.
    »Weil ich es Ihnen nicht erlaube«, antwortete O’Shea. Er lachte sein heiseres Lachen und fing dann an zu husten. Als er sich wieder gefaßt hatte, fügte er hinzu: »Ich sag’s Ihnen nur ungern, aber die Polizei interessiert sich zur Zeit nicht besonders für Jeffrey Rhodes. Außerdem bin ich derjenige, der hier für Recht und Ordnung arbeitet. Jeffrey hat seine bürgerlichen Ehrenrechte verwirkt, als das Urteil verkündet wurde.«
    »Jeffrey wurde verurteilt«, sagte Carol, »nicht ich.«
    »Reine Formsache«, entgegnete O’Shea abwinkend. »Doch reden wir von was Wichtigerem. Was gibt’s zum Abendessen?«
     
    Jeffrey fuhr zum Cleveland Circle, ging dann zu Fuß die Chestnut Hill Avenue hinauf und wanderte durch die heimeligen Vorstadtstraßen zu Kellys Haus. In den Küchen wurden überall die Lichter angemacht; Hunde bellten, und Kinder spielten vor den Häusern. Es war eine Gegend wie aus dem Bilderbuch. Autos standen vor frisch lackierten Garagentoren. Die Sonne hing dicht über dem Horizont. Bald würde es dunkel werden.
    Nachdem Jeffrey einmal beschlossen hatte, zu Kelly zu gehen, wollte er nichts anderes mehr. Aber als er jetzt in die Nähe ihrer Straße kam, kehrte die alte Unschlüssigkeit zurück. Es war früher nie ein Problem für ihn gewesen, Entscheidungen zu fällen. Auf der High-School hatte er sich für den Beruf des Mediziners entschieden. Als der Hauskauf angestanden hatte, war er einfach in das Haus in Marblehead hineinspaziert und hatte gesagt: »Das ist es.« Er war es nicht gewohnt, so heftig hin und her gerissen zu sein. Als er es schließlich über sich gebracht hatte, bis zu ihrer Haustür zu gehen und die Glocke zu läuten, wünschte er fast, sie wäre nicht zu Hause.
    »Jeffrey!« rief sie, als sie öffnete. »Das ist wirklich ein Tag voller Überraschungen. Komm herein!«
    Jeffrey trat ein und merkte sofort, wie erleichtert er war, daß Kelly zu Hause war.
    »Gib mir deine Jacke!« sagte sie. Sie half ihm heraus und fragte dann, was aus seiner Brille geworden sei.
    Jeffrey hob die Hand vors Gesicht. Jetzt erst merkte er, daß er die Brille verloren hatte. Wahrscheinlich war sie heruntergefallen, als er aus dem Hotelzimmer geflohen war.
    »Nicht, daß ich mich nicht freue, dich zu sehen - doch, doch. Aber was willst du hier?« Sie ging vor ihm ins Wohnzimmer.
    »Ich hatte leider Besuch, der auf mich wartete, als ich in mein Hotelzimmer zurückkam«, berichtete er.
    »O Gott! Erzähl!«
    Und wieder berichtete er Kelly, was geschehen war. Er schilderte ausführlich, was ihm mit O’Shea im Essex passiert war, und ließ auch die Schüsse und die Succinylcholin-Injektion nicht aus.
    Aller Bestürzung zum Trotz mußte Kelly kichern. »Darauf kann auch nur ein Anästhesist kommen: einem Kopfgeldjäger Succinylcholin zu spritzen.«
    »Das ist gar nicht komisch«, sagte Jeffrey betrübt. »Das

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