Narkosemord
verhandeln, und einstweilen würde sie sich auf den neuen Job stürzen.
In diesem Augenblick klingelte es an der Tür. Fast sieben. Wer mochte das sein? Gewohnheitsmäßig spähte sie erst durch das Guckloch, ehe sie öffnete. Sie zuckte zusammen, als sie sah, wer es war.
»Mein Mann ist nicht zu Hause, Mr. O’Shea!« rief sie durch die Tür. »Ich habe keine Ahnung, wo er ist, und ich erwarte ihn auch nicht.«
»Ich würde gern zwei Minuten mit Ihnen reden, Mrs. Rhodes.«
»Worüber?« Carol hatte keine Lust, mit diesem widerlichen Kerl über irgend etwas zu reden.
»Es ist ein bißchen schwierig, so durch die Tür zu plaudern«, antwortete O’Shea. »Ich werde nur ein paar Augenblicke Ihrer Zeit in Anspruch nehmen.«
Carol überlegte, ob sie die Polizei rufen sollte. Aber was sollte sie sagen? Und wie sollte sie Jeffreys Abwesenheit erklären? Nach allem, was sie wußte, war dieser O’Shea vielleicht völlig im Recht; Jeffrey hatte schließlich das Geld nicht abgeliefert, das er Mosconi schuldete. Hoffentlich geriet er nicht in noch schlimmere Schwierigkeiten.
»Ich möchte Ihnen nur ein paar Fragen über den Aufenthaltsort Ihres Mannes stellen«, sagte O’Shea, als es schien, daß Carol nicht antworten würde. »Hören Sie, wenn ich ihn nicht finde, wird Mosconi ein paar böse Buben hinzuziehen. Dann könnte Ihrem Mann etwas passieren. Wenn ich ihn vorher finde, läßt sich die Sache vielleicht noch regeln, bevor die Kaution verfällt.«
Carol war sich nicht im klaren darüber gewesen, daß Jeffrey riskierte, die Kaution verfallen zu lassen. Vielleicht war es doch besser, mit diesem O’Shea zu reden.
Neben dem üblichen Schloß und einem Riegel hatte die Haustür noch eine Sicherheitskette, die Carol und Jeffrey aber nie benutzten. Carol hakte die Kette jetzt ein, schob den Riegel zurück und öffnete die Tür. Der Spalt, den die Kette zuließ, maß etwa eine Handbreit.
Carol wollte noch einmal sagen, daß sie keine Ahnung habe, wo Jeffrey sei, aber sie kam nicht dazu. Ehe sie wußte, wie ihr geschah, flog die Tür mit lautem Krachen auf, und an der Kette baumelte ein abgesplitterter Teil des Rahmens.
Carols erste Reaktion war Flucht, aber O’Shea packte sie am Arm und riß sie zurück. Er grinste, lachte sogar.
»Sie können mein Haus nicht betreten!« schrie Carol. Sie hoffte, daß Autorität in ihrem Ton lag, auch wenn sie Angst hatte. Vergebens versuchte sie, O’Shea ihren Arm zu entwinden.
»Ach nein?« O’Shea tat überrascht. »Aber mir scheint, ich bin schon drin. Außerdem gehört das Haus ja auch dem Doktor, und ich bin neugierig, ob der kleine Teufel sich nicht hierher verkrochen hat, nachdem er mir irgendein Pfeilgift verabreicht hat. Ich muß sagen, allmählich habe ich die Nase voll von Ihrem Ehemann.«
Da sind Sie nicht der einzige, fühlte Carol sich versucht zu erwidern, aber sie hielt sich zurück.
»Er ist nicht hier«, sagte sie statt dessen.
»Ach nein? Na, dann wollen wir beide uns doch mal ein bißchen umsehen.«
»Ich will, daß Sie verschwinden!« schrie Carol und versuchte sich zu wehren. Aber es nützte nichts; O’Shea hielt ihr Handgelenk fest und schleifte sie von Zimmer zu Zimmer auf der Suche nach Spuren von Jeffrey.
Carol probierte immer wieder, sich loszureißen. Bevor O’Shea sie nach oben zerrte, schüttelte er sie einmal heftig. »Wollen Sie sich jetzt mal beruhigen?« brüllte er. »Wissen Sie, einen verurteilten Straftäter, der gegen die Kautionsauflagen verstoßen hat, zu verstecken oder ihm zu helfen, ist eine Straftat für sich. Wenn der Doc hier ist, wäre es besser für Sie, wenn ich ihn finde und nicht die Polizei.«
»Er ist aber nicht hier«, erwiderte Carol. »Ich weiß nicht, wo er ist, und ehrlich gesagt, es ist mir auch egal!«
»Oh!« Die letzte Bemerkung hatte O’Shea überrascht, und sein Griff lockerte sich. »Klingt da etwa eheliche Zwietracht leise durch?«
Carol nutzte O’Sheas echte Überraschung, um sich loszureißen, und im Schwung derselben Bewegung schlug sie O’Shea ins Gesicht.
O’Shea war für einen Augenblick wie benommen. Dann lachte er laut und packte ihr Handgelenk wieder. »Sie sind wirklich ein streitsüchtiges kleines Ding!« sagte er. »Genau wie Ihr Mann. Wenn ich Ihnen nur glauben könnte. Hätten Sie nun die Freundlichkeit - ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich oben ein bißchen rumführen könnten.«
Carol kreischte angstvoll, als O’Shea sie die Treppe hinaufzerrte. Er bewegte sich so schnell,
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