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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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sprangen aufgeregt von einem Bein aufs andere. Ihre Mutter lächelte, eigentlich sah der Baggerfahrer in seinem engen, weißen T-Shirt sehr gut aus. Sie winkte zurück.
    Da passierte es. Überraschend und ohne warnende Vorzeichen gab der Boden unter den beiden Ketten des Baggers nach und Martin Kurecka kam sich vor wie in einem Fahrstuhl, dessen Kabine plötzlich nach hinten kippte, weil die Schaufel der Maschine noch immer auf den Betonplatten des Rennwegs lag, aber der Rest des schweren Gerätes schräg nach hinten absackte. Während der Bagger wie in Zeitlupe in die Tiefe stürzte, wurde Kurecka vom Sicherheitsgurt in seinem Sitz festgehalten und betrachtete schockiert, wie sich die Welt um ihn veränderte. Erst durchbrach das schwere Gerät die Straßendecke und fast zwei Meter Erdreich, dann das gemauerte Gewölbe einer Decke, aus dem es große Steinquader und Ziegel riss. Schließlich folgte der freie Fall über mehr als fünf Meter, der jedoch überraschend sanft gebremst wurde. Erdreich, Steine und Mauerbrocken dämpften den Aufprall und Kurecka, der inzwischen in seinem Sitz fast auf dem Rücken lag, fühlte sich in seinem kraftstrotzenden Koloss wie eine hilflose Schildkröte, die man einfach umgedreht hatte.
    Die beiden Jungen konnten es nicht fassen. Der gelbe Bagger war mit einem Aufheulen des Motors verschwunden und nun schaute nur noch die Schaufel aus einem Loch in der Straße. Sie fingen an zu weinen und ihre Mutter, voller Angst, dass sich nun auch die Erde unter ihr auftun würde, schnappte hastig die beiden Kinder und rannte davon, so schnell sie konnte.
    Martin Kurecka reagierte wie in Trance. Er drehte den Zündschlüssel und der Dieselmotor erstarb. Dann zog er sich die Ohrenschützer vom Kopf und die Stille, die ihn hier unten umgab, war gespenstisch. Niemand rief, keine besorgten Stimmen kamen von oben. Es war vollkommen ruhig. Kurecka blickte sich um. Im einfallenden Tageslicht konnte er dunkelrote Wände ausmachen, die stellenweise mit seltsamen Schriftzeichen bemalt waren. Ich sollte erst einmal versuchen, hier herauszukommen, dachte er sich und schaute wieder nach oben, in der Hoffnung, die ersten winkenden und rufenden Arbeiter am Rand des Loches zu sehen. Aber nichts dergleichen. Niemand hatte bisher seinen Absturz bemerkt.
    Kurecka fluchte leise, schnallte sich ab und stemmte die Kabinentür auf. Dann kletterte er vorsichtig an der Seite des Baggers entlang, bis er auf dem lockeren Haufen Erdreich stand, der die Maschine umgab und ihren Fall gebremst hatte. Kurecka stemmte die Arme in die Hüften und betrachtete die Schäden an seinem Bagger, die sich in Grenzen hielten. Der Liebherr war für extreme Belastungen ausgelegt und der Sturz hatte seine robuste Struktur nicht wirklich erschüttert. Die Ketten waren ein ganz anderes Kapitel. Wenn er Pech hatte, dann waren beide gerissen oder gequetscht und die Firma würde sie erneuern müssen.
    Das vordringlichste Problem würde aber ein ganz anderes sein, dachte Kurecka und rutschte den Erdhaufen hinunter. Wie werden wir das gute Stück wieder hier herausbringen? Hundert Tonnen hebt man nicht so rasch und aus dem Handgelenk.
    Die Steinplatten, auf denen Kurecka stand, waren viereckig, fast einen Quadratmeter groß und alle mit einem seltsamen Zeichen in ihrer Mitte versehen. Er ging neugierig weiter in den Raum hinein und im Halbdunkel, an das sich seine Augen rasch gewöhnten, staunte er über die Größe des unterirdischen Gewölbes.
    Sein Bagger war ziemlich genau in der Mitte des Raumes durchgebrochen. Die Wände, vom Boden bis an die Decke dunkelrot bemalt, waren mit goldenen, geschwungenen Buchstaben bedeckt. Von einem aufwendig mit Figuren und Tieren verzierten steinernen Türstock umrahmt, unterbrach eine einzige schwarze Pforte die nächste Wand. Kurecka drückte aus Neugier die Klinke. Die Tür war verschlossen. Hätte ja sein können, dachte er sich und umrundete weiter den abgestürzten Bagger, als ihn ein lauter Ruf von oben zusammenzucken ließ.
    »Martin! Wo bist du? Um Gottes willen, ist alles in Ordnung?« Kurecka schaute hinauf zum gezackten Rand des Loches und sah einen der Arbeiter, mit dem er bereits seit langen Jahren zusammenarbeitete, wie er sich vorsichtig vorbeugte und zu ihm herunterblickte.
    »Gar nichts ist in Ordnung, Thomas, blöde Frage. Hol mich lieber hier raus und dann überlegen wir uns, wie wir den Bagger bergen. So etwas hat uns gerade noch gefehlt«, rief Kurecka. »Wir sind sowieso schon knapp in der

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