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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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amüsierte sich sein Nachbar. »Ich kenne deinen Anzug, du hast nur den einen guten. Außerdem trägst nur du einen grau melierten Zopf und helle Sportschuhe zu einem Schurwollzweiteiler.« Wilhelm Meitner zog sich lachend die Maske vom Gesicht.
    »Wilhelm? Du auch hier?« Georg stimmte in das Lachen mit ein und nahm ebenfalls die Maske ab. Doch dann wurde er ernst. »Haben sie dich … Ich meine, haben sie dich herumgekriegt?«
    »Was? Mich?« Meitner winkte ab. »Ach woher! Die sind mir zwei Mal mit der Siebenschwänzigen über den blanken Hintern gefahren, und das war es auch schon. Davon werde ich nicht sterben.« Er sah Georg verschmitzt in die Augen und beide mussten laut lachen.
    »Oje, die konnten ja nicht wissen, dass dir so was auch noch Spaß macht …«, prustete Sina.
    Meitner legte den Zeigefinger auf seine Lippen. »Aber zu keinem ein Wort, hörst du, Georg. Wirklich nicht.«
    »Nein, sicher nicht, wer möchte diesen bizarren Ausflug schon an die große Glocke hängen? Die haben ja völlig den Verstand verloren!« Georg schüttelte den Kopf.
    »Und du?«, wollte Meitner wissen.
    »Mir kam eine Unbekannte zu Hilfe und hat sich für mich geopfert … Ich hoffe, es geht ihr gut.« Georg schaute Meitner nachdenklich an. »Sie haben gemeint, ich laufe ihnen nicht davon, sie könnten sich auch noch später mit mir beschäftigen.«
    Meitner klopfte ihm auf den Oberschenkel. »Ach was, Georg, die kochen nur mit Wasser. Zumindest was die oberen zwei Stockwerke angeht …«
    »Was meinst du damit?«
    Der Institutsvorstand schaute ihn ernst an. »Ich nehme an, du hattest die gleiche Begegnung wie ich mit dem Rat der Weisen und dem goldenen Thanatos. Unterschätze sie nicht, die sind vielleicht gefährlicher, als wir glauben. Viel Theater, viel Fassade, aber andererseits, was weiß man?« Meitner wirkte leicht verstört und Sina ließ ihn ausreden.
    »Manchmal muss man im Leben die Dinge selbst in die Hand nehmen, obwohl man es gar nicht will. Sie werden uns aufgezwungen. Ich habe heute oft an meinen alten Freund Kirschner gedacht. Er war kein Sonderling und Träumer, sondern ein bodenständiger Realist und von einer großen Entdeckung besessen, für die er in den letzten Jahren all seine Zeit opferte. Er wollte mir davon erzählen, aber es kam nie dazu und jetzt ist es zu spät.« Meitner schluckte und sah dann Georg in die Augen. »Ich möchte, dass du herausfindest, was es war, bevor es jemand anderer versucht. Das sind wir Kirschner schuldig.« Meitner machte eine Pause. Dann war seine Stimme wieder fest. »Und wenn das jemand kann, dann sind es Paul Wagner und du.«
    Georg wollte etwas erwidern, doch da hielt der Rolls-Royce mitten im Nirgendwo. Die beiden Fahrer stiegen aus, öffneten die Türen und beförderten mit einem geübten Griff die beiden Professoren hochkant in den Straßengraben. Sina und Meitner kollerten über eine feuchte Wiese einen kleinen Abhang hinunter.
    »Wo zum Teufel sind wir, Wilhelm?«, fragte Georg in die Dunkelheit, als er sich aufrappelte.
    »Höhenstraße«, antwortete Meitner lapidar, ergriff Georgs ausgestreckte Hand und zog sich auf die Beine.
    »Woher weißt du das schon wieder?«, erkundigte sich Sina überrascht.
    »Ganz einfach«, schnaufte Meitner indigniert, »da hinten steht mein Auto. Da haben sie mich herbestellt.«
    »Glück für uns, die Jungs waren gnädig gestimmt. Immerhin etwas …« Georg begann den kleinen Abhang hinaufzuklettern, als ihn die Stimme Meitners stoppte.
    »Verflixt, du bist mein Schüler, also trag mich gefälligst«, keuchte der Institutsvorstand.
    »Vergiss es einfach, Wilhelm, ein bisschen Bewegung nach der Orgie tut gut.« Er kletterte weiter, doch nach ein paar Metern drehte er sich nach Meitner um.
    »Du, ich komme aber gerade drauf, dass ich ein ganz anderes Problem habe. Mein Wagen steht beim Schloss Schönbrunn …«
    Meitner winkte ab. »Kein Problem, du schläfst selbstverständlich bei mir.« Er klopfte Georg lachend auf die Schulter und die beiden Professoren verschwanden zusammen im Dunkel der Nacht.

31.8.2009
    Rennweg, Wien/Österreich
    M artin Kurecka bestieg seinen gelben Bagger mit dem gleichen Enthusiasmus wie andere ihren Sportwagen. Das Ungetüm der Firma Liebherr hatte einen V8-Motor, der mehr als 540 PS leistete und damit Kraft im Überfluss bot. Das Einzige, was Kurecka an diesem frühen Morgen zu seinem vollkommenen Glück fehlte, war ein CD-Radio mit Stereoanlage. Aber man kann nicht alles haben, sagte er sich tröstend,

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