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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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Kuschelecke‹ und sie macht einen hervorragenden Espresso.« Shapiro gluckste. »Sie haben Ihre Ausrüstung mit?«
    »Das, was Weinstein in der Kürze auftreiben konnte, aber bei Weitem nicht alles.«
    »Sie hören von mir in spätestens einer halben Stunde, Major«, sagte der Geheimdienstchef und wollte auflegen.
    Aber Valerie hakte nach. »Welche Nation hat das vierte Dokument, Shapiro? Sie haben mir nur von einem erzählt, aber Singer sprach von vier. Das russische, das französische, das britische und …?«
    »Habe ich vergessen, das zu erwähnen? Das vierte Dokument wurde nach Deutschland geschickt, an Wilhelm von Humboldt, den Bruder des berühmten Forschers.« Damit legte er auf.
    Valerie drehte sich zu Marzin um, der auf der Rückbank saß und seinen Gedanken nachhing. Er hatte mit Singer einen guten Freund verloren.
    »Hören Sie schon wieder?«, rief sie und er blickte auf und nickte.
    »Ja, etwas gedämpft, aber es geht«, meinte er und Paul stimmte zu: »Wie durch einen Bausch Watte, der im Gehörgang steckt und alles filtert.«
    Valerie lächelte schelmisch. »Na, dann spitzt die Ohren, Jungs. Wir fahren in den Puff!«
    Gelände der Friedhofsgärtnerei, Zentralfriedhof, Wien/Österreich
    D ie Handvoll grauer Container stand auf dem Gelände der Städtischen Friedhofsgärtnerei hinter einem niedrigen Zaun, der sie von den Gräberreihen trennte. Am Ende der breiten Allee, neben einem alten Gewächshaus, blieben die drei Männer kurz stehen und lauschten. Das Summen der Kühlaggregate übertönte das Zwitschern der Vögel in den Bäumen und Georg Sina wurde plötzlich kalt.
    Burghardt ging voran, durch ein quietschendes Gittertor und über die fleckigen braunen Rasenflächen eines etwas vernachlässigten Areals, in dem leere Blumenkisten und Hügel von Kompost und Graberde dominierten. Unter einem kleinen Vordach aus hellem Holz lag der Eingang zu einem der Container. Neben der Türe prangte ein kleines weißes Plastikschild, das lakonisch »Obduktion I« verkündete.
    Burghardt klopfte kurz und trat dann ein. Der Temperaturunterschied war gewaltig. Im Inneren des isolierten Containers mochte es achtzehn Grad haben und Georg zog dankbar das Jackett seines Anzuges über.
    Berner schüttelte den Kopf. »Wir sind wirklich tief gesunken. Ein ambulanter Ersatz für ein gerichtsmedizinisches Institut auf der grünen Wiese zwischen Abfall und Recycling-Blumentöpfen. Weltund Kulturstadt Wien«, brummte er.
    »Was beschwerst du dich wieder, Bernhard?«, rief Dr. Strasser vom Schreibtisch des Nebencontainers, der über einen schmalen Durchgang mit dem Obduktionsraum verbunden war.
    »Hast du noch einen Schreibtisch oder schon einen Klapptisch, damit du schneller aufbrechen kannst, wenn die Container umziehen müssen?«, meinte Berner spöttisch und ging dem Mediziner entgegen. »Und bitte lass den Mantel zu, Burgi hat mir erzählt, was du drunter trägst. Und das würde ich nicht ertragen.«
    »Dir entgehen die letzten Modetrends, weil du zu viel arbeitest in der Pension«, feixte Strasser und begrüßte Sina und Burghardt. Er sah den ernsten Gesichtsausdruck des Wissenschaftlers, seinen gesenkten Kopf und warf Berner einen fragenden Blick zu. Dann trat er an eine der Metallladen.
    »Bringen wir es schnell hinter uns«, sagte er und zog an dem breiten, glänzenden Handgriff. Die Lade ging mit einem sirrenden Geräusch auf, das Georg eine Gänsehaut über den Rücken jagte.
    Irina sah aus, als ob sie schliefe. Aber ihre Haut schimmerte zwischen weiß, blau und purpur. Sie wirkte wie eine Perlmuttpuppe, alles Lebendige, alles Menschliche war aus ihr gewichen. Wie aus einem kalten Stück Fleisch. Georg hielt nur schwer seine Tränen zurück. Strasser hatte ein weißes Tuch bis zu ihrem Hals hochgezogen, das die Obduktionsschnitte verdeckte. Georg stand wie in Trance daneben und starrte auf das wächserne Gesicht, das so friedlich und fremd aussah. Schließlich nickte er, schluckte und drehte sich um. Wortlos ging er zur Tür und verließ den Container.
    Wenige Minuten später wanderten die drei Männer schweigend die schattige Allee zurück zum Haupttor. Als sie an einer der Parkbänke mit den geschwungenen, gusseisernen Füßen vorbeikamen, setzte sich Georg nieder und legte den Kopf in den Nacken. Berner blieb stehen und schaute in das Geäst der hohen Kastanienbäume. Burghardt kickte ein paar Steinchen vom Gehweg in die umliegenden Gräberreihen.
    »Ich wollte mir eigentlich diese Schuhe nicht anziehen, bei Gott

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