Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
Vom Netzwerk:
ansehen. Einen Raum unter dem Rennweg, in dem wir uns einiges nicht erklären können, der Raum, in dem Sharapova …« Burghardt verstummte.
    Georg nickte und stand auf.
    »Es tut mir leid«, sagte Burghardt und er meinte es.
    Kurz bevor sie das zweite Tor des Zentralfriedhofs erreichten, sahen sie in einer der Grabreihen einen kleinen Gabelstapler mit Ketten, der langsam eine Grabplatte hob. Zwei Friedhofsbedienstete mit nacktem Oberkörper stemmten sich gegen die massive Steinplatte, um einen Zusammenstoß mit dem Grabstein der Nebengruft zu vermeiden.
    Berner sah genauer hin. Der Gruftdeckel schwebte an den vier Ketten, die an schweren, eingemauerten Eisenringen befestigt waren.
    »Früher hat man das mit Stangen gemacht«, erklärte Georg, der den Blick bemerkt hatte. »Der Durchmesser der Ringe war etwas größer, weil die Metallstangen dick sein mussten, sonst hätten sie dem Gewicht des Steins nicht standgehalten.«
    »Das ist es!«, rief Berner plötzlich. »Ich war blind! Der Raum unter dem Rennweg ist eine Gruft, eine geheime, exklusive Gruft! Das erklärt alles.«
    Quedlinburger Straße, Berlin-Charlottenburg/Deutschland
    R osis Kuschelecke« war keineswegs so kuschelig, wie es das rote Neonschild versprach. Der flache Bau, zwischen einer Autowerkstatt und einer Imbissstube gelegen, hatte von außen den Charme einer Zollabfertigung aus den Achtzigerjahren. Schwarze Vorhänge verhinderten allzu tiefe Einblicke und ein kleines Leuchtschild »Kino« erlaubte unentschlossenen Freiern immer noch einen hormonellen Notausstieg, sollte ihnen das übrige Angebot Rosis doch nicht zusagen.
    »Shapiro kennt seltsame Adressen«, sagte Paul und überquerte die Straße. »Da bekommt das Wort ›Kontaktperson‹ eine völlig neue Bedeutung.«
    »Er hat gemeint, der Espresso sei gut«, antwortete Valerie emotionslos und beobachtete misstrauisch die Umgebung. Sie hatten den Maybach in der hintersten Ecke der Tiefgarage geparkt und hofften, dass er unter den zahlreichen Luxuslimousinen der Versicherungsvorstände nicht auffallen würde.
    »Nicht gerade meine übliche Anlaufstelle für italienischen Kaffeegenuss«, stellte Peter Marzin mit gerunzelter Stirn fest, als er vor der dunklen Holztüre stand, die mit einem großen Herz aus Plastikrohr verziert war, das in regelmäßigen Abständen rot aufleuchtete.
    Rosi musste eine versteckte Überwachungskamera installiert haben, denn wie auf ein Stichwort öffnete eine langbeinige, dunkelhaarige junge Frau lächelnd die Tür und blickte Marzin erwartungsvoll an. Sie trug ein elegantes Korsett, halterlose Strümpfe und ein Nichts von einem Slip.
    »Als Voyeur ist man eindeutig im Vorteil, wenn man ein fotografisches Gedächtnis hat, findest du nicht auch?«, meinte Paul zu Goldmann, die im Stillen Shapiro und seine bizarren Einfälle verwünschte.
    »Schon gut! Würdest du dich bitte von dem Anblick losreißen und hineingehen?«, drängte Valerie.
    »Mühsam, aber doch«, gab Paul zurück und blieb knapp vor der hochgewachsenen Frau stehen, die ihn anlächelte. »Gibt es beim Kaffee einen ›free refill‹, wenn wir länger bleiben?«, fragte er neugierig. Valerie gab ihm einen Stoß in den Rücken und er stolperte in den Hausflur.
    »Immer nur rin in die jute Stube«, tönte es laut und vergnügt aus einem Nebenzimmer und dann stand Rosi in der Tür. Sehr klein, untersetzt und in einem bodenlangen schwarzen Kleid sah sie aus wie eine aus der Form geratene Edith Piaf des horizontalen Gewerbes. Ihre raue Stimme zeugte von unzähligen Zigaretten und durchfeierten Nächten, ihre überschminkten Falten von einem exzessiven Lebensstil, aber ihre lebhaften Augen hatten noch immer etwas Mädchenhaftes behalten.
    »Oded hat Sie schon angekündigt«, sagte sie leiser und dann öffnete sie die Tür zu einer großen Wohnküche, die überraschend aufgeräumt war. Es roch nach Putzmitteln und Kaffee. »Wir haben zwei Besucher, also gehen Sie besser hier rein und setzen sich erst mal. Linda wird sich um sie kümmern. Ich komm dann zu Ihnen.«
    Paul schaute Linda, die schlanke dunkelhaarige Frau vom Eingang, bewundernd an und meinte nur: »Wenn Weinstein das erfährt, dann macht er hier eine Dependance auf.«
    »Wenn du ihm das erzählst, dann sind wir geschiedene Leute«, gab Valerie zurück.
    »Dann mach dich schon einmal auf die Scheidung gefasst«, feixte Paul und wandte sich an Linda. »Ich nehme meinen Kaffee mit Milch und ich nehme ebenfalls an, die steht im Kühlschrank ganz unten

Weitere Kostenlose Bücher