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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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wirklich schön, dass du heute da bist. Wir haben gar nicht damit gerechnet …« Seine Stimme verstummte, als ihm bewusst wurde, dass er gerade in eine ganz falsche Richtung unterwegs war.
    Paul verdrehte die Augen. »Wir konnten nämlich nicht wissen, ob Sie nicht vielleicht auf Urlaub sind«, sprang er in die Bresche und Trudi wandte sich ihm lächelnd zu.
    »Wie wahr, wie wahr, Herr …?«
    »Wagner, Paul Wagner«, antwortete der Reporter und schüttelte die angebotene Hand. »Ich habe Georg ein oder zwei Mal vom Institut abgeholt, aber das war vor langer Zeit und Sie werden sich nicht an mich erinnern, dafür aber ich mich an Sie.«
    Trudi lächelte geschmeichelt und nahm die Visitenkarte Pauls mit so offensichtlicher Begeisterung entgegen, als sei es ein Scheck über zehntausend Euro. »Und wie kann ich der Presse behilflich sein?«, fragte sie erwartungsvoll.
    »Mit einer kurzen, aber äußerst wichtigen Auskunft«, meinte Paul und nahm Trudi verschwörerisch am Arm. »Aber hier ist es vielleicht nicht so gut …«, und er warf einen bedeutungsvollen Blick in die Runde.
    Trudi nickte eifrig und winkte Georg und Paul in einen kleinen Gang, den sie ein paar Schritte entlanglief und dann stehen blieb.
    »Sie haben ja so recht, Herr Wagner, die sind alle so neugierig«, flüsterte sie und zwinkerte dem Reporter zu.
    Paul nickte dankbar. »Es geht um Folgendes: Wir würden gerne wissen, in welchem Raum der Gauleiter Baldur von Schirach damals sein Büro hatte. Nach einigen Gesprächen mit Historikern sind wir nicht mehr sicher, ob es in diesem Trakt oder in einem anderen Teil der Hofburg war. Wissen Sie darüber Genaueres?«
    Trudi überlegte kurz und legte ihren Finger an die Nase. »Ich glaube, Sie sind an der richtigen Stelle gelandet. Folgen Sie mir bitte.« Sie drehte sich um und ging voraus, durch ein paar verwinkelte Gänge und einen schmalen Durchgang, bis sie vor einer Holztür stand und anklopfte.
    Sina packte beim Anblick der durchgesessenen Sitzgelegenheiten entlang der Wand das sanfte Grauen. Hier hatte er nicht nur einmal auf eine Prüfung im angrenzenden Professorenzimmer warten müssen.
    Auf ein energisches »Herein!« öffnete Trudi die Türe und steckte ihren Kopf durch.
    »Herr Professor Breitenecker, da ist ein Herr von der Presse in Begleitung von Professor Sina. Sie möchten gerne mehr über das Büro Schirach erfahren. Kann ich sie hereinschicken?«
    Wenige Augenblicke später standen Sina und Wagner in einem Raum, der an drei Seiten bis unter die Decke mit historischen Kanzleikästen vertäfelt war. Die Anordnung, die Beschläge und Verzierungen sowie die Machart der zahlreichen Schranktüren verrieten die Entstehungszeit des geräumigen Büros im 18. Jahrhundert. Breitenecker kam ihnen entgegen und breitete erfreut seine Arme aus.
    »Herr Kollege Sina, was für ein Glanz in unserer bescheidenen Hütte. Schön, dass Sie wieder einmal vorbeikommen.«
    Georg lächelte verlegen. »Ich freue mich auch, Sie wiederzusehen!« Er erwiderte den trockenen und festen Händedruck des älteren, aber drahtigen Professors, der ihm oft Prüfungen abgenommen hatte. Dann deutete er auf die Fresken an der Decke und die üppig verzierten holzgeschnitzten Türen. »So bescheiden ist die Hütte gar nicht, wenn ich das anmerken darf. Sie haben noch immer Ihr wundervolles Büro.«
    Breitenecker tupfte sich mit dem Zeigefinger an die Nase und zwinkerte Sina zu. »Ja, gewusst wie … und das, obwohl ich schon lange nicht mehr Institutsvorstand bin.«
    Nachdem Breitenecker Paul begrüßt hatte, führte er die beiden Besucher an die Stirnseite des Raumes, von wo aus man einen Überblick über das ganze Büro hatte.
    »Um ihre Frage nach dem Büro des Gauleiters zu beantworten, so kann ich Ihnen nur eines sagen: So genau weiß das eigentlich niemand mehr, aber Schirach hat meiner Meinung nach genau diesen Raum als sein Büro gewählt, und zwar aus mehreren Gründen …«, begann der Professor seine Ausführungen. »Erstens besaß er zwei Geheimtüren, die in jene Heizgänge führten, die sich in den dicken Wänden durch die gesamte Hofburg zogen. Ein paralleles Gangsystem, das von Heizern benutzt wurde, um die zahlreichen Öfen zu befeuern, ohne die Herrschaften zu stören. Viele dieser Gänge sind heute verschollen oder wurden im Laufe der Zeit zugemauert. Aber Schirach kannte die Schlupflöcher ganz genau. Er brachte den SD direkt über diesem Raum unter, weil eine schmale Wendeltreppe von hier hinauf zum Büro des

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