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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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halten alle dicht. Ich bin selten gegen eine solch massive Wand an Desinformation und Schweigen gelaufen. Nicht einmal die Tatsache des Todes wird offiziell bestätigt. Das meiste sind Gerüchte und Vermutungen von Informanten, die links und rechts etwas aufgeschnappt haben. Die offiziellen Stellen blocken alle ab, während das Ausland den Druck erhöht. Mit den lapidaren Worten ›Kein Kommentar‹ kommt man allerdings in unserer Zeit der Vernetzung und der Massenmedien nicht lange durch.«
    Der Reporter setzte sich an den Küchentisch und berichtete Georg von seinem Treffen mit Berner, Valerie und Eddy im Café Prindl und vom Anruf seines Informanten. »Eddy hat zur gleichen Zeit einen Anruf mit derselben Information erhalten. Wir gehen also davon aus, dass es stimmt.«
    »Eddy ist unter Menschen gegangen?«, fragte Georg überrascht. »Normalerweise bringen ihn doch keine zehn Pferde aus seiner Werkstatt.«
    »Valerie hat es im Handumdrehen geschafft«, lächelte Paul. »Ich glaube, da haben sich zwei gefunden.« Er goss sich eine große Tasse duftenden Kaffee ein und schlürfte genussvoll. »Hör zu, Georg. Wir müssen so schnell wie möglich nach Wien zurück. Ich bringe dich während der Fahrt auf den letzten Stand und du erzählst mir, was du in dem Brief Metternichs und dem Tagebuch herausgefunden hast.«
    Tschak hatte es sich auf Pauls Schoß gemütlich gemacht und genoss es sichtlich, hinter den Ohren gekrault zu werden.
    »Wir nehmen den kleinen Flohzirkus hier mit, damit er wieder einmal in die Stadt und in die Zivilisation kommt«, meinte Wagner, »sonst wird der so ein Landei wie du.«
    »Ich wäre wirklich gerne ein paar Tage hiergeblieben, glaub mir«, sagte Sina nachdenklich, »vor allem mit Irina …« Er verstummte und leerte seine Tasse in einem Zug.
    »Es tut mir leid, Georg, Berner hat mir davon erzählt«, meinte Wagner leise. »Manchmal würfelt das Leben und wir spielen nur mit. Es hätte mich für dich gefreut.«
    »Danke, ich weiß«, sagte Sina. »Aber je länger ich darüber nachdenke, umso mehr komme ich zu der Überzeugung, dass alle Ereignisse auf etwas ganz Bestimmtes hinauslaufen. Jemand hat einen großen Plan, und das nicht erst seit gestern oder letzter Woche. Und weißt du, was mich erschreckt?«
    Er sah Paul an, der den Kopf schüttelte, und legte dann Metternichs Brief und Lambergs Tagebuch vor dem Reporter auf den Tisch.
    »Dass dieser Plan jahrhundertealt zu sein scheint und mit unglaublicher Präzision durchgezogen wird.«
    Batthyanystiege, Hofburg, Wien/Österreich
    D ienstagmorgen in der Wiener Innenstadt herrschte das übliche Verkehrschaos. Am Wochenende waren die meisten Sommerurlauber wieder nach Hause zurückgekehrt und jetzt stürzte sich alles auf die notwendigen Einkäufe und kämpfte um jeden freien Parkplatz. Paul drehte mit Georg an seiner Seite die dritte Runde um die Oper und die Albertinarampe, gab dann auf und fuhr auf den Heldenplatz. Die Polizeiabsperrungen nach dem Mord an Innenminister Fürstl waren beseitigt worden und Paul hoffte, dass wenigstens die Dutzend Kurzparkzonenparkplätze noch vorhanden waren, die eigentlich für die Besucher der Nationalbibliothek und des Museums für Völkerkunde in der Neuen Burg bereitgestellt sein sollten. Aber die Finanzministerkonferenz, die heute zu Ende ging, machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Die gesamte Fläche vor dem Konferenzzentrum war für die Fahrzeuge der Europäischen Union reserviert.
    »Und was jetzt?«, fragte Georg und kraulte Tschak, der auf seinem Schoß saß und interessiert auf die Grünanlagen neben den beiden Reiterdenkmälern schaute.
    »Jetzt? Jetzt lassen wir den Porsche hier stehen und nach uns die Sintflut, sonst kommen wir nie in die Hofburg«, brummte Paul und legte eine Presseparkkarte hinter die Windschutzscheibe. Das Ablaufdatum zeigte das Jahr 2003 an.
    »Und hoffen auf blinde Polizisten«, ergänzte Sina und stieg aus. »Aber wir könnten Tschak hierlassen, vielleicht fürchten sich die Parkwächter dann vor dem Furcht einflößenden Hund und klemmen uns kein Strafmandat hinter den Scheibenwischer. Schau gefährlich, Tschak!«
    »Dann müsste er blitzartig zur Dogge mutieren«, grinste Wagner und schloss den Wagen ab. »Schirach residierte als Gauleiter in der Hofburg und Sarah, unser Kontakt in Berlin, war überzeugt, dass er das vierte Dokument nach Wien mitgenommen hat. Also lass uns den roten Faden von hier aufrollen, schauen, ob wir vielleicht sein Büro finden.«
    Georg

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