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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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das muss nicht unbedingt sein.« Er kratzte sich an der Nasenspitze. »Es gab im Ersten Weltkrieg Kampfstoffgranaten, bei denen der Kampfstoff in dem Geschoss in separate Glasflaschen gefüllt wurde. Die könnte man natürlich auch wieder herausnehmen. Wie die genaue Maße aussehen, ist mir nicht bekannt, aber ich schätze so um die zwanzig Zentimeter Höhe und fünf Zentimeter im Durchmesser. Im Zweifelsfalle müsste man das Senfgas durch das Glas hindurch an seiner Farbe und Konsistenz erkennen. In technischer Reinheit ist es ein bräunlich gelbes, eher dickflüssiges Öl.«
    »Danke, Johann«, sagte Dr. Sina und meinte es ehrlich, »jetzt wissen wir, woran wir sind, und es sieht wahrlich nicht gut aus.«
    »Es sieht schlechter aus, als ich mir in meinen schlimmsten Albträumen vorgestellt habe«, brummte Berner, »wir müssen diese verdammten Depots finden, und vor allem schnell. Georg, hast du irgendeine Idee, wo diese historischen Hintergründe in Wien sein könnten, von denen der Anrufer gesprochen hat? Wie dieses fatale Muster aussehen könnte?«
    »Ich bin nicht der brennende Dornbusch, Bernhard, obwohl ich es in diesem Fall gerne wäre«, sagte Sina nachdenklich. »Auf Anhieb fallen mir jede Menge Plätze ein, wo man auf historischem Boden eine Explosion zünden könnte, auch mitten in der Stadt. Wien ist voll mit Sehenswürdigkeiten, die alle eine geschichtliche Bedeutung haben, alle hängen irgendwie indirekt oder direkt mit den Habsburgern zusammen.«
    Georg entfaltete einen Plan der Stadt, den ihm sein Vater gereicht hatte. Alle beugten sich vor, um besser sehen zu können.
    »Wenn wir uns alleine die Innenstadt mit dem Ring ansehen, dann haben wir die Hofburg als Regierungszentrum, daneben das Haus-, Hof- und Staatsarchiv, den Stephansdom als wichtigste Kirche, das Rathaus, das Parlament, die Ministerien, die meist in alten Palais untergebracht sind, die Polizeikaserne und die Polizeidirektion. Und die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.« Der Wissenschaftler fuhr mit der Hand über den Plan und glättete die Falten.
    »Weiter draußen haben wir das Belvedere, das Palais Metternich, das ehemalige Aufmarschgebiet von Heer und Heimwehr, die Schmelz, das Arsenal als Waffendepot, jede Menge alte Kasernen, Schloss Schönbrunn und, und, und … Da könnten wir irgendwo anfangen und zwei Wochen später hätten wir noch immer keine einzige Granate entdeckt. Der Anrufer war vorsichtig genug, nicht weiter ins Detail zu gehen. Aber ich kann mir eines vorstellen: Es gibt eine Art von Ablauf in der Wahl der Orte, eine Sequenz, die wahrscheinlich geschichtlich bedingt ist, einen Weg durch die Jahrhunderte sozusagen.«
    »Das hat er mit dem Muster und den historischen Hintergründen gemeint«, bestätigte Paul, »das ging mir auch gerade durch den Kopf.«
    »Aber dafür brauchen wir einen Startpunkt und ich will nicht nerven, aber wir brauchen ihn schnell«, gab Valerie zu bedenken.
    »Und was wollen Sie dann machen?«, erkundigte sich Eddy mit einem neugierigen Blick auf Valerie. »Die Bomben entschärfen? Die Depots werden sicher bewacht, in irgendeiner Form. Kann die Polizei Sie unterstützen?«, fragte er und schaute dabei Dr. Sina an.
    Der Polizeipräsident schüttelte den Kopf. »Mir geht es wie meinem Freund Ebner. Ich weiß nicht, wem ich trauen kann und wer der Gegenseite angehört. Wen immer ich anrufe, es können langjährige Mitarbeiter sein, die vielleicht schon vor mir auf ihren Posten waren und trotzdem nicht auf unserer Seite stehen. Es tut mir leid. Außer den Personen in diesem Raum traue ich gar niemandem. Daher …« Er hob die Arme. »Ich kann euch nicht einmal Ausrüstung anbieten, weil jede Waffe, die dieses Haus verlässt, registriert werden muss.«
    »Und was ist mit der Botschaft?« Eddy sah Valerie an.
    »Negativ. Dort hätte ich mich schon lange melden sollen und werde wahrscheinlich gesucht. Keine Unterstützung von dieser Seite zu erwarten.«
    »Haben Sie überhaupt eine Ahnung von Bomben und ihrer Entschärfung?« Der Exringer ließ nicht locker.
    »Unsere Moral ist sowieso schon so gut wie auf dem Tiefpunkt, Eddy«, warf Paul ein, »wollen Sie, dass sie völlig abstürzt? Nein, niemand von uns hat ein solches Ding jemals näher als in James-Bond-Filmen gesehen.«
    Schweigen senkte sich über die Runde. Jeder hing seinen Gedanken nach und Eddy saß da wie ein Buddha, die Hände vor dem Bauch verschränkt, und blickte nachdenklich vor sich hin. Berner lächelte in sich hinein und Paul

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